Sendling:Krach ums Kleinod

Bezirksausschuss und Markthallen sind uneins über das Gastro-Konzept für die ehemalige Sendlinger Sortieranlage

Von Birgit Lotze, Sendling

In der seit Jahren teilweise leer stehende Sortieranlage am Westeingang der Großmarkthallen gibt es vielleicht bald einen weiteren Mieter. Die Ausschreibung für die ehemalige Pasticceria ist beendet. Sechs Interessenten haben sich gemeldet. Gesucht war wieder ein gastronomischer Betrieb, und zwar einer, der nach Art und Preisniveau in die Sortieranlage und in den Stadtteil passt.

Allerdings ist umstritten, wer den Zuschlag bekommen soll. Die Münchner Markthallen favorisieren offenbar einen mexikanischen Fastfood-Anbieter, der Bezirksausschuss hingegen plädierte jetzt einstimmig für ein Konzept nach der "Farm-to-table"-Idee, bei dem mit Bio-Lebensmitteln gekocht wird. Ausschlaggebend war, dass der Öko-Anbieter plant, nicht nur tagsüber, sondern auch abends offen zu haben - wie die Pasticceria früher.

Auch einem Gastronomen, der ein vegan-vegetarisches Bio-Bistro mit abendlichen Barbetrieb einrichten möchte, und ein Restaurant, in dessen Konzept der Cafébetrieb im Vordergrund steht, bekamen bei den Sendlinger Stadtteilpolitikern gute Chancen eingeräumt, dass sie in der Sortieranlage Fuß fassen könnten. Für die mexikanische Fastfood-Kette konnte sich niemand im Ausschuss erwärmen. Streetfood funktioniere an Orten mit viel Laufkundschaft, die gebe es vor den Toren des Großmarkts nicht, zeigte sich das Gremium überzeugt. "Wie die Markthalle auf die Idee kommt, an dieser Stelle, das ist völlig schleierhaft", kommentierte der Fraktionssprecher der SPD, Ernst Dill.

Dill, der sich seit Jahren stark macht für eine Neubelebung der Sortieranlage, erinnerte an die erfolglose Belegung des ehemaligen Ladens des türkischen Obst- und Gemüsehändlers durch die Münchner Markthallen. Der Nachfolger des Gemüseladens, ein Online-Bioprodukte-Handel, war nach fünf Monaten wieder ausgezogen. Der Markthallen-Chef habe im Bezirksausschuss gesagt, diese Art von Online-Handel sei die Handelsform der Zukunft, weder die Markthallen noch der Stadtteil Sendling könnten sich dem widersetzen, so Dill. Die Mitglieder des Bezirksausschusses seien skeptisch geblieben - und hätten Recht behalten.

Eine inhaltliche Aufbereitung einer Begründung, warum das Konzept des Online-Händlers jetzt doch nicht funktioniert hat - der BA hatte dies Anfang Juni beantragt -, wurde vom Bezirksausschuss erneut angefordert. Das Kommunalreferat - dieser Behörde unterstehen die Markthallen - hatte auf die Anfrage aus Sendling geantwortet, es gebe an Dritte grundsätzlich keine Auskünfte über Wissen weiter, welches im Rahmen von Vertragsverhältnissen gewonnen wurde. Der BA ist mit dieser Antwort nicht zufrieden und will auf Antrag von Ernst Dill eine "Nachbesserung". Schließlich wolle man aus einem Fehlschlag lernen, so Dill. Der Promoter des Konzepts dürfe eine inhaltliche Antwort nicht verweigern. Es gehe dabei um die Informationsschuld der öffentlichen Verwaltung gegenüber den Bürgern.

Zwischen dem Bezirksausschuss und den Markthallen herrscht schon länger schlechte Stimmung. Der BA ist der Meinung, dass sich die Markthallen zu wenig für eine Wiederbelebung der Sortieranlage, die für viele Sendlinger ein Kleinod ist, einsetzen. Im Jahr 2009 hatten die Markthallen die Läden und Restaurants in dem Dreiecksbau zwischen der Gotzinger-, Oberländer- und Thalkirchner Straße wegen Einsturzgefahr räumen lassen. Die Wiederbelegung und auch die Renovierungsarbeiten verliefen sehr schleppend. Die Pasticceria konnte zunächst wieder einziehen. Dann wurde der Mietvertrag allerdings nicht verlängert.

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