Sendling:Eine Heimat für die Tintenforscher

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Kein Zustand: Bislang werden die Kids in einem Klassenzimmer betreut. (Foto: Privat)

Nach vier Jahren Suche beziehen die Kinder der Grundschule an der Gotzinger Straße neue Räume für die Mittagsbetreuung

Von Birgit Lotze, Sendling

Die "Tintenforscher" haben nach fast vierjähriger Suche in Sendling eine eigene Bleibe gefunden. Die Mittagsbetreuung, als Verein gegründet von Eltern der Grundschule an der Gotzinger Straße, wird voraussichtlich im März im Erdgeschoss der Oberländer Straße 6 einziehen. Derzeit steht das Placet der Lokalbaukommission zwar aus, es ist aber wohl eher eine Formalie. Dann müssen die Eltern umbauen, den Boden erneuern, Wände einziehen. Die Räume waren bislang Lagerfläche eines Eventausstatters.

Derzeit sind die Tintenforscher in einem Klassenzimmer der Schule am Gotzinger Platz untergebracht - eine Notlösung. Die Schulleitung hat ihnen den Raum in Doppelnutzung überlassen, da die Eltern keinen Ort fanden, an dem ihre Kinder nach dem Unterricht betreut werden konnten. Glücklich war mit dieser Lösung niemand, Klassenzimmer sind nun mal nicht für Freizeit eingerichtet: eine immense Klangkulisse, kein Platz zum Toben, viele Schultische, aber keine Werkbank, keine Küche, keine Möglichkeiten, mal etwas dort zu lassen. Michael Kaaz vom Verein Tintenforscher sprach ein Jahr nach dem Einzug von einem "Abstellplatz für die Kinder". Klassenzimmer bieten eben wenig Raum für Kreativität.

Künftig sollen sich die Tintenforscher auf mehr als 230 Quadratmetern ausbreiten können. Die Eltern wollen neben dem Hauptraum zum Basteln eine Werkstatt einrichten, einen Bewegungsraum, ein Zimmer für die Hausaufgaben, eine Küche. Und sie können die Schließzeiten selbst bestimmen. Anfangs soll von 11 bis 17 Uhr geöffnet sein, im nächsten Schuljahr, wenn wieder mehr als zehn neue Kinder dabei sind, könnte sich das ändern: "Je nach Bedarf", sagt die Vorsitzende Heike Benk. Zunächst wird eine weitere Erzieherin gesucht, denn die Mittagsbetreuung wird zum Hort. Und die Stadt fördert kräftig. Dennoch müssen die Eltern rund 40 000 Euro jährlich aufbringen.

Die Chance auf einen Platz in der Ganztagsbetreuung hat sich für Sendlinger Grundschulkinder in den vergangenen Monaten deutlich verbessert, nicht nur die Tintenforscher haben jetzt eine Bleibe. Die "Buntstifte" haben einen weiteren Raum bekommen und können schon seit September eine zweite Hortgruppe mit 20 Kindern anbieten. Die "Chocolate Butterflies", ein bilingualer Kindergarten, ziehen ebenfalls bald um. In den neuen Räumen wollen sie zusätzlich eine Hortgruppe für 15 Grundschulkinder einrichten.

In Sendling können inzwischen 72 Prozent der Anfragen auf einen Platz in einer Betreuung nach dem Schulunterricht erfüllt werden - das entspricht beinahe dem stadtweiten Durchschnitt. Noch vor zwei Jahren war die Situation der Kinderbetreuung nicht nur im Ganztagesbereich in Sendling so schlecht wie sonst fast nirgendwo in München. Vor allem die Dritte Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) hat sich für die Verbesserung eingesetzt. Auch sie konnte dabei allerdings nicht verhindern, dass die Sendlinger Montessori-Schule dort weichen musste - auch um Platz für städtische Angebote zu schaffen.

Die Gründer-Eltern der Tintenforscher sind der Initiative inzwischen fast entwachsen. Heike Benks Sohn ist heute in der vierten Klasse. Sie hatte damals nach der Einschulung in die Gotzinger Schule eine Liste herumgehen lassen, auf der sie eine Frage formuliert hatte: Wer hat auch noch keinen Betreuungsplatz? Dass es so lange dauern würde, bis endlich Platz in der Nähe der Gotzinger- und der Implerschule gefunden wird, hätte sie sich damals nicht vorstellen können. Die Tintenforscher-Eltern haben vieles versucht, vor allem in den ersten zwei Jahren. Sie boten der Stadt mehrmals leer stehende Läden an, am liebsten wären sie in einem Container am Rand des Großmarktgeländes gegenüber der Sortieranlage untergekommen - doch die Stadt hatte bei jedem Vorschlag Einwände. Auch der Versuch, im Hochparterre im Fruchthof unterzukommen, scheiterte. Die Markthallen bevorzugten offenbar ruhigere Mieter: Dort ist jetzt ein Architekturbüro untergebracht.

© SZ vom 31.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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