Sendling:Ein Laden mausert sich zur Galerie

Sendlinger Künstler öffnen an diesem Wochenende ihre Ateliers und stellen im ehemaligen Penny auf 370 Quadratmetern gemeinsam ihre Werke aus

Von Birgit Lotze, Sendling

Der "Lupus" begrüßt die Besucher dort, wo vor einigen Monaten noch die eingekauften Waren über den Scanner gezogen wurden: Das Werk von Elsa Nietmann, ein Wolf aus Eisenstangen, Maschendraht und Beton, ist Teil einer Ausstellung im ehemaligen Penny an der Oberländerstraße 20 a, beim U-Bahnhof Implerstraße. Am Mittwochnachmittag trafen sich dort 40 Künstler, um den Discounter neu zu nutzen: als Zentrum für die Tage des offenen Ateliers an diesem Wochenende, die der Verein "Kunst in Sendling" zum zwölften Mal ausrichtet. Eröffnung ist am Freitag um 18 Uhr.

300 Meter Kabel und die Notausgang-Schilder hat das Kulturreferat zur Verfügung gestellt. Für das Füllen des 370-Quadratmeter-Raumes, für das Herzaubern einer Kunsthalle, sind die Kunstschaffenden selbst zuständig. Diese Zwischennutzung sei etwas ganz Besonderes für sie, sagen sie. Die Malerin Berit Opelt findet, der abgenutzte Raum sei viel repräsentativer als der Sendlinger Bunker, den die Künstler bisher für solche Ausstellungen nutzten. "Und vor allem sind wir mittendrin." Noch nie hätten so viele Sendlinger Künstler gemeinsam an einem Ort ausgestellt, heißt es. Und angeblich waren auch nie so viele gemeinsam in einem Raum.

Sendling: Zwischen Gemälden, Skulpturen und Installationen: Katrin Nodop hängt ihr "Havanna Rooftops" in der Ausstellung in der Oberländerstraße auf.

Zwischen Gemälden, Skulpturen und Installationen: Katrin Nodop hängt ihr "Havanna Rooftops" in der Ausstellung in der Oberländerstraße auf.

(Foto: Robert Haas)

In der Mitte zieht Ekkeland Götze seine Erdbilder hoch. Die Erde stammt aus Island, "man sieht förmlich die Geysire", sagt eine Kollegin, die ihm beim Aufhängen hilft. Götzes Projekt "Weltbildfragment" war schon in großen Ausstellungen zu sehen. Nebenan, wo früher die Spirituosen standen, hievt Barbara Müller eine große Tafel an die Wand, mit schwarzer Teichfolie umhüllt. Gelegenheiten, große Objekte auszustellen, gebe es sonst nicht häufig. Barbara Müller geht es um das Thema Flüchtlinge, in die Teichfolie ist ein Gedicht von Muhammad Rumi geschnitten, in dem er unerwartete Gäste willkommen heißt. Sie hatte die Teichfolie bei ihrer jüngsten Ausstellung als Entree auf den Boden gelegt - jetzt hängt sie.

Der Fotograf Michael Jochum bohrt die Stützen an. Er macht ausschließlich künstlerische Bilder und antwortet auch nicht direkt auf die Frage, warum auf seinem Foto ein Männerkopf durch einen Daumen ersetzt ist. Die Antwort müsse der Betrachter selbst finden, meint er. Schließlich gehe es um Anregung. "Sonst wäre das Bild langweilig." Katrin Nodop hat ihr Foto "Havanna Rooftops" mitgebracht. Es hing kürzlich sechs Wochen lang in der Galerie Eigenart und stieß nicht nur dort auf viel Aufmerksamkeit. Kuba sei gerade wieder in, sagt sie. Und Havanna eine aufregende und fotogene Stadt.

Sendling: Kleiner Ausschnitt aus einem großen Werk: Barbara Müller hat ein Gedicht von Muhammad Rumi in schwarze Teichfolie geschnitten.

Kleiner Ausschnitt aus einem großen Werk: Barbara Müller hat ein Gedicht von Muhammad Rumi in schwarze Teichfolie geschnitten.

(Foto: Robert Haas)

Die Künstler stellen jeweils nur ein Bild in der Kunsthalle aus, mehr Platz ist auch in der größten Galerie nicht, die es in Sendling bislang angeblich gegeben haben soll. Jeder Besucher kann die Sendlinger Künstler am Wochenende darüber hinaus in ihren Ateliers besuchen.

Der Discounter, die Station 32 im Programmheft, bietet auch Platz für sonstige Veranstaltungen: Ines Honsel präsentiert zur Eröffnung eine Tanz-Performance, der Filmemacher Reinhold Rühl zeigt dort, wo der Käufer früher im Fleischfach herumgewühlt hat, Dokumentationen über das Viertel und die Sendlinger. Der Zuschauerraum wurde bei der Tiefkühlpizza aufgebaut - doch die Gefriertruhen gibt es natürlich auch nicht mehr in dem Raum. Bald soll auch das Haus verschwinden: Die Südhausbau will hier Wohnungen bauen.

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