Sendling:Die Ödnis hat ein Ende

Sendling: Zugiges Gelände: Bislang prägt nur Schotter die Sendlinger Wüste.

Zugiges Gelände: Bislang prägt nur Schotter die Sendlinger Wüste.

(Foto: Robert Haas)

Die "Sendlinger Wüste" am Herzog-Ernst-Platz soll bebaut werden. Im Gespräch sind Wohnungen, Platz für die Aids-Hilfe und den Sozialdienst katholischer Frauen sowie ein Boardinghaus. Der Stadtrat entscheidet im April

Von Birgit Lotze, Sendling

Die annähernd 10 000 Quadratmeter große Brache im Sendlinger Norden ist eine der letzten freien Flächen im Stadtviertel, doch nun verdichten sich die Pläne für die "Sendlinger Wüste". Das Baurecht spricht für einen siebengeschossigen Kopfbau am Herzog-Ernst-Platz, von dort aus könnte sich ein fünfstöckiger Riegel die Radlkoferstraße entlangziehen. Dahinter, abgeschirmt vom Verkehr, sind auf fünf Etagen Mietwohnungen vorgesehen. Die städtische Wohnungsgesellschaft GWG soll die Bebauung übernehmen. Das Projekt sei "noch in der Formung", wie der Abteilungsleiter für Neubau bei der GWG, Edmund von Thermann, sagt. Im April wird der Stadtrat über eine Übergabe an die GWG entscheiden; möglichst noch im Sommer will die Wohnungsgesellschaft einen Architekturwettbewerb ausschreiben.

Nutznießer des neuen Projektes sind voraussichtlich vor allem der Verein Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und die Münchner Aids-Hilfe, die dort unter anderem Räume für Wohnprojekte bekommen sollen. Fest steht bereits jetzt: Die Montessorischule, die im September ihr Schulgebäude an der Reutberger Straße räumen muss, wird nicht einziehen. Diese Idee sei vom Sendlinger Bezirksausschuss eingebracht worden, sagt Planer von Thermann. Aber: Es sei kein Platz im Erdgeschoss für eine Schule, vor allem gebe es keine Freiflächen. Der Großteil der Freiflächen sei für eine fünf- oder sechsgruppige Kita mit Kindergarten und Krippe vorgemerkt.

Die Kindertagesstätte soll 1000 Quadratmeter im Riegel an der Radlkoferstraße beziehen, 1700 Quadratmeter sind für einen Supermarkt im Gespräch. In den oberen Stockwerken könnte auf gut 1000 Quadratmetern die Verwaltung der SkF Platz finden. Der Großteil des Riegels ist jedoch für ein Boardinghaus vorgesehen, der Bedarf dafür wird auf 5600 Quadratmeter geschätzt. Damit könnten dort mehr als hundert rund 40 Quadratmeter große Apartments entstehen, die Neuankömmlingen in München - vor allem städtischen Angestellten und Azubis - bis zu sechs Monate als "Einstiegswohnung" dienen. Der Komplex soll von dem siebenstöckigen Kopfbau aus betreten werden. Neben dem Boardinghaus ist ein kleines Café geplant, das die Aids-Hilfe übernehmen möchte, um es - ähnlich wie das Café Regenbogen an der Lindwurmstraße - eventuell als Beschäftigungsprojekt zu betreiben.

Neben diesem Gewerbeteil, rund der Hälfte des gesamten Bauprojektes, sind auf 10 000 Quadratmetern Wohnungen geplant. Mehr als ein Viertel soll an den Sozialdienst katholischer Frauen vermietet werden, für die Münchner Aids-Hilfe stehen voraussichtlich 1650 Quadratmeter zur Verfügung. Geschäftsführer Thomas Niederbühl könnte sich ein Wohnprojekt mit 20 Einzelapartments und zehn Zwei-Zimmer-Wohnungen für ältere Lesben, Schwule und Transgender vorstellen. Außerdem würde die Aids-Hilfe gerne eine Sechs-Zimmer-Wohngemeinschaft für Jugendliche einrichten. Bislang betreibt die Münchner Aids-Hilfe ein Wohnprojekt an der Lindwurmstraße, die "Rosa Alternative".

Für freifinanziertes Wohnen sind 1350 Quadratmeter vorgesehen - das entspräche zum Beispiel 15 Wohnungen mit jeweils 67,5 Quadratmetern. Weitere 2500 Quadratmeter sind laut Thermann für das Förderprogramm "München-Modell Miete" eingeplant. Edmund von Thermann geht dabei zunächst von einem Durchschnitt von 28 Wohnungen mit je 67,5 Quadratmetern aus. "Was tatsächlich rauskommt, ergibt die Architekten-Planung."

Das Projekt stellt für die GWG eine Herausforderung dar. Es sei nicht nur sehr groß, sondern auch sehr speziell, sagt Thermann. Auf dem Areal müssten viele Interessen bedient und, baurechtlich bedingt, auch Gewerbe untergebracht werden - Neuland für die GWG, die sonst ausschließlich Wohnungen baut. Die Wohnungsgesellschaft versucht dies vor allem über das Konstrukt mit dem Boardinghaus zu lösen: "Das ist ja schon wie ein Hotelbetrieb."

Der Anlauf zur Bebauung der Sendlinger Wüste, wo bis 2002 das städtische Bauzentrum stand, war langwierig. Denn der städtische Bebauungsplan hatte nur 30 Prozent für Wohnungen ausgewiesen, 70 Prozent des Areals sollten gewerblich genutzt werden. Angesichts eines Bauvolumens von 20 000 Quadratmetern ließ sich darauf kein privater Bauunternehmer ein. Erst der Einsatz des Bezirksausschusses und der GWG eröffnete Kompromisse.

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