Nationalsozialismus:Der große Raubzug

Herrenbekleidungsgeschäft Both & Zeimer, Lindwurmstraße 185, undatiert.
Ausstellung der Landauer Stiftung "Sendling wird arisiert

Das Herrenbekleidungsgeschäft Both & Zeimer an der Lindwurmstraße, undatiert.

(Foto: Stadtarchiv München/OH)

Eine Ausstellung in der Kurt-Landauer-Stiftung dokumentiert die Enteignung und Vertreibung jüdischer Geschäftsleute in Sendling während des Nationalsozialismus.

Von Jorid Engler, Sendling

Die SA-Schergen hatten eine Liste dabei in der Nacht des 9. November 1938. Auf dieser Liste waren jüdische Unternehmer verzeichnet. Schon fünf Jahre zuvor hatten die Nationalsozialisten in München diese Namen gesammelt. Nun half die Auflistung in der Pogromnacht bei der gezielten Plünderung von jüdischen Geschäften und Vereinen.

Die Kurt-Landauer-Stiftung zeigt von diesem Mittwoch, 4. April, bis zum 18. April die Ausstellung "Sendling arisiert. Enteignung und Vertreibung jüdischer Nachbarn im Nationalsozialismus". Konzipiert wurde die Ausstellung von der Initiative "Historische Lernorte". Man habe wenig gewusst über das Leben der Juden in Sendling und was aus ihnen wurde, erzählt Historiker Maximilian Strnad, der für die Ausstellung die städtischen Archive nach den Spuren der jüdischen Geschäftsleute durchsucht hat. Im Ausstellungsraum an der Zielstattstraße 37 sind Fotos und Schaubilder zusammengetragen, die Geschichten von verfolgten Personen nachzeichnen, Täter und Profiteure benennen und erklären, wie schwer es den Nachkommen fiel, Entschädigungen einzufordern.

Die Liste der Geschäftsleute, die das Plündern der SA effizient machte, ist nur ein Beispiel, wie Behörden systematisch Juden in München enteigneten und ihre Betriebe "arisierten", also in die Hände "reinrassiger" Deutscher übergaben. So musste etwa der Geschäftsführer des Kaufhauses Gutmann kurz vor seiner Auswanderung verkaufen. Auch die Familie Abeles emigrierte und verkaufte kurz vorher ihr Tabakgeschäft.

Da liegt es nahe, dass die jüdischen Familien nicht freiwillig ihr Geschäft aufgaben. Die Beweisführung war im Nachhinein jedoch schwierig. Wenn die Eigentümer oder ihre Kinder nach dem Krieg Entschädigungen forderten, mussten sie genau mit Quittungen dokumentieren, welche Werte ihnen genommen wurden. "Wenn man auswandert, nimmt man aber in der Regel nicht so viel mit", meint Historiker Strnad. Auch dieser schwierigen "Wiedergutmachung" widmet die Ausstellung einen Teil.

Eine Führung mit den beiden Historikern Strnad und Simon Goeke ist am Donnerstag, 12. April, von 19 Uhr an. Weitere Termine und Öffnungszeiten unter www.kurt-landauer-stiftung.de. Der Eintritt ist frei.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: