Sendling:Der Eis-Mann aus der Isar

Sendling: Den Zuschauer schaudert's: Isar-Schwimmer Norbert Mayer im Fluss.

Den Zuschauer schaudert's: Isar-Schwimmer Norbert Mayer im Fluss.

(Foto: Robert Haas)

Wie man Eisschwimmer wird? Man geht ins Wasser und wartet, bis es unerträglich weh tut. Norbert Mayer aus Sendling macht das fast jeden Tag.

Von Birgit Lotze

Es kann schon mal vorkommen, dass Norbert Mayer in der Hofeinfahrt seines Hauses nur mit Gummischlappen und Badehose bekleidet Schnee schippt. In diesem Winter allerdings wurde daraus bisher nichts. In den vergangenen Wochen schaute er den Schneeflocken mit Wehmut hinterher.

All die schönen Schneehäubchen, die er verpasst hat - nicht beim Schneeschippen, sondern am Flaucher, beim Baden. Sein Lieblingsort. "Die Sonne, der Schnee, der blaue Himmel" - wenn es um die Isar im Wintermantel geht, gerät Mayer ins Schwärmen. Seit Wochen war er schon nicht mehr dort. Eisschwimmer sind zwar gegen Erkältung, aber nicht gegen Viren gefeit. Im Dezember erwischte es Mayer: Fieber über 40 Grad Celsius, Schnupfen, Husten, Bronchitis.

Jetzt will er wieder baden gehen. Genug der Rekonvaleszenz. Ein bisschen Kondition habe er sich schon beim Schneeschuhgehen geholt, sagt Mayer. Auf der Karspitze war er, auf dem Schaflegerkogel, auf dem Schönalmjoch, der Leiterspitze. Trotzdem sei das erste Eisbaden nach so vielen Wochen Aussetzen wie ein Neubeginn. All die im Herbst antrainierte Abhärtung ist so ziemlich zum Teufel. Normalerweise bleibe er fünf Minuten im Wasser: "Jetzt sind es vielleicht 15 oder 20 Sekunden..."

Wie wird man eigentlich Eisschwimmer? Man geht ins Wasser und wartet, bis es unerträglich weh tut, dann geht man eben wieder heraus - so einfach ist das. Und dann, erklärt Norbert Mayer mit großer Selbstverständlichkeit, geht es stückchenweise weiter, jeden Tag ein bisschen länger. Den inneren Schweinehund müsse man aber schon überwinden, wenn man jetzt im Januar neu beginnt. Leichter sei es, wenn man ab dem Herbst so nach und nach in die winterlichen Temperaturen hineingleitet. Allerdings darf es beim Eisbad nicht schneien, regnen schon gar nicht. Denn wenn man sich wieder anzieht, muss die Kleidung trocken sein.

Norbert Mayer überlegt sich schon beim Ausziehen, in welcher Reihenfolge er sich nach dem Eisbaden anziehen wird. Zuerst legt er eine Plastikfolie aus, es darf ja nichts feucht werden. Anorak und Fleecejacke werden gefaltet, zuunterst abgelegt, ganz oben toppt die Unterwäsche den Kleiderstapel. In die Schuhe steckt Mayer Handwärmer, damit die nicht so kalt werden.

Das wichtigste Kleidungsstück: die Mütze

Außerdem müsse man schon richtig gut durchgewärmt sein, bevor man ins Wasser geht, vor allem an den Händen und Füßen. Mayer düst meist mit dem Fahrrad an seine Lieblingsbadestelle am Flaucher. Vier bis fünf Kilometer, "so richtig mit Schmackes", damit er etwas unter Dampf steht. Und auch nach dem Bad müsse der Körper gleich in Bewegung kommen.

Zum Eisschwimmen trägt Norbert Mayer Mütze. Das ist wichtig, denn rund ein Drittel der Körperwärme verdünnisiere sich über den Kopf. Er erinnert an winterliche Großveranstaltungen, bei denen die Beteiligten mit Nikolausmützen ins Wasser gehen - alles nur wegen der Wärme. Hat Mayer seine Kleidung dann auf der Plastikplane abgelegt, ist er zügig in der Isar - ohne Geplätscher, ohne Tamtam.

Auch im Wasser muss er sich bewegen: schwimmen, Steine bewegen, Mauern bauen. Ob das Wasser nun fünf oder zwei Grad kalt ist, sei egal, sofern man trainiert sei und gut unter Dampf. Gravierender sei der Kälteschock dann, wenn der Temperaturunterschied größer ausfällt. Wenn man im Sommer in Gletscherseen badet, beispielsweise: "Ja, dann schnappt man nach Luft."

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