Sendling:Casa Mia wird griechisch

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Kontrovers diskutiert wurde und wird das alteingesessene Casa Mia - vor 18 Monaten als Pegida-Treff, derzeit geht es um die Umstände der Schließung. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Lokal wird neu vergeben. Im BA befragt die CSU Ernst Dill (SPD) zu seinen Interventionen gegen den ehemaligen Pächter

Von Julian Raff, Sendling

"Ti Amo Casa Mia" steht mit Filzstift auf der verklebten Scheibe der Pizzeria an der Ecke Impler- und Oberländerstraße. So kontrovers im Viertel und anderswo auch um einen Pegida-Treff und die Gründe für die Schließung des Lokals diskutiert wurde, vermissen die meisten Sendlinger ihren bodenständigen Stammitaliener doch schmerzlich. Ein Happy End der leidigen Geschichte ist nun in Sicht, zumindest für diejenigen, die griechische Küche ebenso schätzen wie italienische. Laut einer Firmensprecherin hat der Brauereikonzern Anheuser Busch den in der Zenettistraße ansässigen Großhändler und Gastronomen Georgios Papazof als neuen Pächter gewonnen. Papazof, der im Schlachthofviertel einen Spezialitätengroßhandel und ein Fischlokal betreibt, wird das Lokal demnach unter neuem Namen als griechische Taverne "mit vernünftigen Preisen" weiterführen. Ein Eröffnungstermin steht noch nicht fest, da zuerst umgebaut werden muss.

Im Sendlinger Bezirksausschuss (BA 6) hallt der Streit ums Casa Mia unterdessen nach: Der BA-Vize- und SPD-Fraktionsvorsitzende Ernst Dill (SPD) erhielt nach eigenen Angaben seit Ende Juli weit mehr als 100 Hass- und Drohmails, nachdem lokale Medien, später die Neue Züricher Zeitung (NZZ) und schließlich Spiegel Online Berichte veröffentlicht hatten, in denen der BA allgemein und Dill im Besonderen für die Kündigung des Pachtvertrages durch die Brauerei verantwortlich gemacht werden. Der BA und die Sendlinger SPD erklären dazu, sie hätten sich "in völliger Übereinstimmung mit der Linie der Landeshauptstadt München und dem Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus gewandt". Die Brauerei habe, wie mehrfach berichtet, den Vertrag aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt. Ernst Dill zeigte sich "erschrocken" von den Drohungen, sieht sich aber persönlich nicht akut gefährdet, da ein Großteil davon offenbar aus Nordrhein-Westfalen oder Sachsen stammt, jedenfalls nicht aus München.

Obwohl der Gesamt-BA weiterhin hinter seiner Vorgehensweise gegenüber dem früheren "Casa Mia"-Wirt steht, kam es während der jüngsten Sitzung doch zu einem heftigen Disput, als Andreas Lorenz (CSU), der im BA und im Landtag sitzt, Dill noch einmal zu seinen Interventionen im Lokal befragte. Er habe dem Wirt, anders als behauptet, nie mit dem Gesundheitsamt gedroht, so Dill. Ins Kreuzverhör genommen sah sich der Befragte schließlich, als Lorenz nachhakte, ob er auch wirklich nicht vor dem Lokal Gäste angesprochen und vom Besuch abgeraten habe. "Jetzt sag ich nochmal Nein und Sie sollten sich langsam komisch vorkommen", reagierte Dill unwirsch.

Beistand leistete ihm unter anderen Elke Kremer (Grüne), die Lorenz vorwarf, "auf die Schiene der Rechtsradikalen zu geraten". Der CSU-Politiker entgegnete, er sehe sich zur klärenden Nachfrage veranlasst, da der Wirt nicht nur über die Presse, sondern auch über einen Aushang den gesamten BA für das Ende seines Lokals verantwortlich gemacht hatte. Kein Zweifel besteht im Gremium allerdings über die Einstufung der Münchner Pegida als kleine, aber besonders radikale Gruppe, die zu Recht unter scharfer Beobachtung des Innenministeriums stehe.

© SZ vom 16.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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