Seeed in München:Kurz vorm Abheeeben

Besser als je zuvor: Nach sechs Jahren Bühnenabstinenz zeigen Seeed bei ihrem Konzert in der Münchner Olympiahalle eindrucksvoll, dass sie zurück sind. Die Berliner Musiker überzeugen sogar mit Synchrontanz - und Frauen aus dem Publikum lassen sich zu ungehörigen Handlungen hinreißen.

Beate Wild

Seeed

Seeed beim Tour-Auftakt in Nürnberg: "Enuff" (Peter Fox), "Ear" (Demba Nabé) und "Eased" (Frank A. Dellé, von links nach rechts).

(Foto: dpa)

Jetzt, wo sie vorne auf der Bühne stehen, wird sofort klar, wie sehr die Jungs gefehlt haben. Seeed sind zurück. Am Dienstagabend bringe sie die ausverkaufte Münchner Olympiahalle zum Toben - gleich mit dem ersten Stück "Dancehall Caballeros". Das Comeback könnte überzeugender kaum sein. Von der ersten Minute an ist das Publikum begeistert.

Es hat lange gedauert, bis die Münchner Seeed mal wieder live und direkt zu Gesicht bekommen. Zuletzt spielten sie am 9. Juni 2006 in München - in der Arena in Fröttmaning. Es war die Eröffnung der Fußballweltmeisterschaft in München. Die Band performte ihren Song "Schwinger". Millionen Zuschauer weltweit sahen diesen Auftritt. Das ist sechseinhalb Jahre her.

Seeed, die schon seit 1998 zusammen Musik machen, sind die bekannteste Reggae- und Dancehall-Formation Deutschlands. Erstens, weil die Konkurrenz nicht sehr groß ist. Und zweitens, weil die Band einen unverwechselbaren Stil entwickelt hat. Einen Seeed-Song erkennt man sofort. Am Rhythmus, am fetten Bläsersound, an den einzigartigen Stimmen ihrer drei MCs. Enuff (Peter Fox, der längst auch als Solokünstler Erfolg hat), Eased (Frank A. Dellé) und Ear (Demba Nabé) nennen sich die Sänger. Alle drei Namen beginnen mit "E" - was die Häufung dieses Buchstabens im Bandnamen erklärt.

In München stellen Seeed ihr viertes Album mit dem schlichten Titel "Seeed" vor. Es wird von den Kritikern mit Lob überhäuft und verbreitet wieder einmal jede Menge Großstadt-Lässigkeit. Die Soundkulisse wird wie immer von Bläsern plus Gitarre, Bass, Drums und Keyboards gestellt. Der einzig "echte" Jamaikaner der Truppe ist übrigens Percussionist Alfi. Auf ihrer aktuellen Tournee stehen sie mit 13 Mann auf der Bühne, nicht wie sonst mit den angestammten elf Bandmitgliedern.

Die Berliner, gekleidet wie immer in Zwirn, bringen ihren Reggae ganz unverkrampft im Big-Band-Sound auf die Bühne. Sie vermischen Old-School-Reggae, Dub, Dancehall, Ska, Hip-Hop und sogar Swing (beim Song "Beautiful") oder Hard-Rock-Gitarrenriffs (bei "Molotov"). Das Ganze gekürt mit frechen Texten - und fertig ist der typische Seeed-Style.

Freche Textzeilen

In bester Peter-Fox-Manier etwa kommt der Song "Seeeds Haus" daher. Da gibt es Textzeilen, da kann man sich das Grinsen einfach nicht verkneifen. "Bitte gehn Sie ausm Weg, ich hab nen dringenden Termin, komm im weißen Hermelin, bin Bürgermeister von Berlin." Oder: "Der Papst und Lady Gaga knutschen." Oder: "Wir sind Seeed, da gibts nix zu googeln."

Seeed: Peter Fox

Vorliebe für außergewöhnliche Schuhe: Peter Fox.

(Foto: dpa)

Auch zwei Peter-Fox-Songs, die aus der Solo-Karriere des Sängers stammen, geben Seeed zum besten: "Alles neu" und "Schwarz zu blau". Das Publikum dankt es der Truppe mit euphorischem Jubel. Zudem haben sie ein paar lustige Cover-Songs in Petto, etwa "Paper Planes" von M.I.A., das sie kurzer Hand umdichten in: "All I wanna see is - hands up - and shake your body".

Aber nicht nur der Sound, auch die Performance der Berliner stimmt. Die drei MCs tanzen synchron - und das richtig gut. Großartig schaffen sie es dabei, auch das Publikum zu animieren. Das Ganze gipfelt beim Konzert in München in einem Tanzwettbewerb, bei dem Peter Fox drei Frauen auf die Bühne holt, die etwas vortanzen sollen, um ein T-Shirt zu gewinnen. Es siegt eine etwas kräftigere Blondine, die eigentlich nichts anderes macht, als mit ihren Brüsten zu wackeln. Das mag arg sexistisch klingen, im Kontext des Abends lässt es sich auch als gelungene humoristische Einlage werten.

Neben den Krachern vom neuen Album wie "Augenbling" kommen natürlich vor allem die alten Hits wie "Ding" oder "Dickes B" gut an beim Münchner Publikum. So gut, dass sich die Band sogar zu zwei Zugaben hinreißen lässt. Am Ende ruft Peter Fox: "Trinkt nicht zu viel Weißbier, baut keinen Scheiß!"

Um im Berliner Seeed-Sprech zu bleiben: War ein schöner Abend gewesen. Die Show war groß, der Sound ein Genuss, die Tanzeinlagen wunderbar.

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