Schwieriges Verhältnis:Der ungeliebte Sohn

Andreas Ammer und Graf

Der Schriftsteller in Lederhosen sitzt als Denkmal im Berger Ortsteil Aufkirchen.

(Foto: Franz-Xaver Fuchs)

In Grafs Geburtsort Berg am Starnberger See tat man sich lange Zeit schwer mit dem berühmten Schriftsteller

Von Katja Sebald, Berg

"Der Antrag von Herrn Hingerl auf Umbenennung der Grafstraße wird abgelehnt." So kann man es in einem Sitzungsprotokoll des Berger Gemeinderats vom November 1982 nachlesen. Nach vehementen Protesten von Anwohnern der nach der Familie Graf benannten Straße, die auf keinen Fall in einer explizit nach Oskar Maria Graf benannten Straße wohnen wollten, hatte man den Vorstoß des SPD-Gemeinderats Josef Hingerl ohne Begründung abgeschmettert. In seinem Heimatdorf war der Schriftsteller, 1894 als neuntes von elf Kindern des Bäckermeisters Max Graf in Berg geboren, bis vor nicht allzu langer Zeit als Nestbeschmutzer und, schlimmer noch, als Kommunist verschrien.

Erst zu seinem 100. Geburtstag benannte man die Schule nach dem berühmtesten Sohn der Gemeinde und stellte ihm davor ein Denkmal auf. Mittlerweile ist auch die Kreuzung vor seinem Geburtshaus zum "Oskar-Maria-Graf-Platz" erhoben worden - wenngleich es bis heute kein einziges Haus mit dieser Adresse gibt. Und auch 50 Jahre nach dem Tod des Schriftstellers ist hier und da noch etwas von dem Groll von einst zu spüren.

Als Graf 1958 nach einem Vierteljahrhundert im Exil zum ersten Mal wieder in seine Heimat reisen konnte, da spazierte er in seiner legendären Lederhose durch Berg und schaute bei alten Bekannten vorbei. Diejenigen, die sich daran heute noch erinnern können, waren damals junge Männer und hatten nichts mitzureden, wenn ihre Väter sich mit dem Schulfreund von einst unterhielten. Stephan März etwa, Jahrgang 1932: "Er ist mit meinem Vater bei uns auf der Hausbank gesessen, die haben sich viel von früher zu erzählen gehabt." Mit dem um ein Jahr älteren "Müllersteffl" war Graf zur Schule gegangen, an den Nachmittagen waren sie in wilden Raufereien und Indianerspielen aufeinander getroffen, wie der Schriftsteller in seinem Erzählband "Dorfbanditen" eindrücklich schildert. "Diejenigen, die mit ihm aufgewachsen sind, haben ihm das schon sehr übel genommen", sagt März, "aber er musste er ja jedem etwas andichten, sonst wäre kein Buch daraus geworden." Nicht überall in Berg war Graf willkommen. "Zu dem Kommunisten gehen wir nicht", hieß es noch 1964 bei der Familie Andrä. Am Vorabend von Grafs 70. Geburtstag fand im Gasthof "Weißes Rössl" zu seinen Ehren ein Abendessen statt. Der Berger Bürgermeister hatte ehemalige Schulfreunde des Schriftstellers persönlich eingeladen. "Mein Onkel Sepp war auch eingeladen, aber er ist nicht hingegangen", das weiß der 1940 geborene Siegfried Andrä noch ganz genau. Er sagt: "Die alten Berger haben ihn vor allem wegen seiner politischen Ansichten abgelehnt." Auch er berichtet davon, dass die Dorfbewohner Graf bis zuletzt nicht verziehen haben, was er über sie geschrieben hat. Vor allem in der "Chronik von Flechting" hätten sich die Familien wiedererkannt, auch wenn die Namen verändert waren.

Die Oskar-Maria-Graf-Festtage (omg-berg.de) wollen den Schriftsteller zu seinem 50. Todestag nicht nur nach Berg zurückholen, in einer Ausstellung soll auch dem schwierigen Verhältnis zwischen dem berühmten Sohn der Gemeinde und ihren Bewohnern nachgegangen werden.

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