"Schwere Jungs":Das Wunder von Bern - auf Bayerisch

Regisseur Marcus H. Rosenmüller, der 2006 mit seinem Film "Wer früher stirbt, ist länger tot" den Überraschungserfolg des Jahres geliefert hat, legt nach: In "Schwere Jungs" beschreibt er den Goldmedaillengewinn des deutschen Bobteams bei Olympia 1952.

Jochen Temsch

Der Überflieger wirkt geerdet. ,,Servus, i bin der Rosi'', sagt Regisseur Marcus H. Rosenmüller zur Begrüßung. Sein Debüt ,,Wer früher stirbt, ist länger tot'' holte 1,2 Millionen Zuschauer in die Kinosäle. ,,Schwere Jungs'' ist die von wahren Begebenheiten inspirierte Geschichte zweier verfeindeter Bobfahrer-Teams aus Garmisch, die sich 1952 bei den Olympischen Spielen in Oslo zusammenraufen und Gold holen.

SZ: Wie lebt es sich als Lieblingsregisseur der Bayern?

Rosenmüller: Die Arbeit ist gleich schwer wie immer. Zurzeit schreibe ich. Das heißt Hinhocken, Phantasieren, Recherchieren, wie vor zehn Jahren. Der einzige Unterschied ist, dass ich mehr Zeit mit der Presse verbringe.

SZ: Spüren Sie Erfolgsdruck?

Rosenmüller: Nicht wirklich. Ich tue halt, so gut ich kann. Die Möglichkeit des Scheiterns ist inbegriffen, das kann ja auch mal passieren, darf mich dann aber nicht aus der Bahn werfen. Ich muss nur immer etwas machen, das mit mir zu tun hat: eine Geschichte erzählen, die ich gerne erzählen möchte.

SZ: Was hat ,,Schwere Jungs'' mit Ihnen zu tun?

Rosenmüller: Vorwiegend, dass ich Komödien liebe. Von Heinz Erhardt, Jerry Lewis und ,,Dick und Doof'' kann ich fast alles aufsagen. Außerdem der Sport. Von dem bin ich schon immer begeistert, auch wenn ich zurzeit etwas übergewichtig bin. Schon als Kind war jedes Fußballspiel für mich wichtig, ich habe ungern verloren - wie die Figur des Gamser, aus dessen Sicht ,,Schwere Jungs'' erzählt ist. Ein Mann, der gewinnen will.

SZ: Was ist an dieser Geschichte noch spezifisch bayerisch? Rosenmüller: Vor allem die Mentalität der Figuren, ihre Grundzufriedenheit auch in schwierigen Situationen. Es sind fröhliche, zupackende Menschen, die daran glauben, dass man etwas verändern kann.

SZ: Ist da auch ein bisschen mehr, eine Art ironisch gebrochener Nationalstolz, quasi ein ,,Wunder von Oslo''?

Rosenmüller: Das war mir nicht wichtig. Mir wäre es auch recht gewesen, wenn die Bobfahrer Bronze gewonnen hätten, dann hätte der Film vielleicht sogar noch mehr Charme gekriegt. Aber auch den Nationalaspekt habe ich durchdacht. Vor allem in bayerischen Komödien werden solche ernsteren Ebenen oft gar nicht angeschaut: Wortspiele, ein Bild mit Symbolkraft, das wird dir als bayerischem Regisseur oft nicht zugetraut, du bist ja Dialektler.

SZ: Dabei sind Sie auch außerhalb Bayerns erfolgreich.

Rosenmüller: Ja, aber das war am Anfang nicht so. Jetzt passiert richtig viel, auch bei anderen Regisseuren wie Thomas Kronthaler, Stefan Betz und Hans Steinbichler.

SZ: Eine künstlerische Bewegung?

Rosenmüller: Wohl eher eine Sache von Nachfrage und Angebot. Die Leute identifizieren sich in Zeiten der Globalisierung wieder mehr mit regionalen Problemen. Dadurch gibt es einen Markt, Produzenten - eine Kettenreaktion.

SZ: Sie haben ,,Wer früher stirbt'' mit sehr eigener Handschrift vogelwild quer durch die Genres erzählt. Warum ist ,,Schwere Jungs'' dagegen so geradlinig und mainstreamig?

Rosenmüller: Ich finde beide Filme sehr mainstreamig. Aber im Gegensatz zu ,,Wer früher stirbt'' wäre es bei ,,Schwere Jungs'' komisch gewesen, das Genre zu verlassen. Es gab diesmal einen schmaleren Grat, darauf das Gleiche zu bewirken. Und ich wette: Wenn man sieht, in welcher Stimmung die Leute das Kino verlassen, weiß man nicht, aus welchem der beiden Filme sie gerade kommen.

SZ: Wie meinen Sie das?

Rosenmüller: Ich will die Zuschauer mit einem bestimmten Gefühl entlassen. Ein Gefühl wie bei meinen lyrischen Vorbildern Joachim Ringelnatz und Robert Gernhardt oder den filmischen wie François Truffaut oder Helmut Käutner: irgendwie wohliger - menschlicher.

SZ: Inwiefern?

Rosenmüller: Ich will zeigen: Man muss nicht jeden gern haben, aber man muss vor jedem Respekt haben. Wenn ich das sage, komme ich mir manchmal ganz schön konservativ spießig vor, aber für mich ist einfach wichtig, dass man gewisse Grenzen nicht überschreitet. Da schwingt mit, was schon Karl Valentin sagte: Man soll die Dinge nicht so tragisch nehmen wie sie sind.

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