Schweinsteigers Wechsel zu ManU:"Da wird wahr, was wir drehen"

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Fraglos ein Fan des FCB: Regisseur Simon Verhoeven, hier bei der Premiere des Films "Wembley: Football Is Coming Home" im Sommer 2013. (Foto: Johannes Simon, Getty)

Schon im Juni hat Bastian Schweinsteiger angekündigt, dass er den FC Bayern verlassen würde - in einem Werbespot. Regisseur Simon Verhoeven erzählt, wie er beim Dreh eine Gänsehaut bekam.

Interview von Philipp Crone

Regisseur Simon Verhoeven ("Männerherzen") lacht am Montagmittag am Telefon. Er ist gerade in Berlin, und seit einem Tag bekommt er eine Mail und einen Anruf nach dem anderen. Der 43-Jährige hat Anfang Juni einen Werbespot für die Kopfhörer-Marke Beats mit Bastian Schweinsteiger gedreht. Dieser wird nun im Internet gerade zu einer Click-Sensation.

In eineinhalb Minuten geht es um den so erfolgreichen Sportler, der leicht angezählt zurückblickt und eine Entscheidung trifft. Eine sphärisch-melancholische, nachdenkliche Musik ist zu hören, Kommentatoren zählen im Off die Erfolge des Fußballers auf und fragen sich, ob er es in England schaffen wird. Schon beim Dreh erzählte Schweinsteiger Verhoeven davon, dass er wohl nach England gehen würde. Die beiden kennen sich flüchtig, aber wenn jemand in der richtigen Stimmung ist, so wie Schweinsteiger, dann reichen dreieinhalb Stunden Dreh, um sich näherzukommen.

SZ: Herr Verhoeven, wie haben Sie Bastian Schweinsteiger damals erlebt?

Simon Verhoeven: Ich drehe ja immer mal wieder Werbespots mit Sportlern auch für den FC Bayern. Bei diesem Dreh wurde ganz schnell klar, nachdem ich ihm das Konzept des Films erklärt habe: Der ist wirklich in dieser Gemütslage, die wir erzählen wollten.

Und zwar welche Gemütslage?

Dieses nachdenkliche, rückblickende. Er war wirklich in dieser Phase. Denken Sie an die Einstellung, als er sich den Fuß massiert.

Er sitzt auf dem Bett eines Hotelzimmers, im Fernsehen läuft ein Bayernspiel, bei dem er mal wieder verletzt wird.

Dass ein Fußballer sich so verletzlich zeigt, das ist außergewöhnlich. Das ist sehr, sehr selten, denn das Kapital eines Sportlers ist eben sein Körper. Aber es war ja genau so.

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Er denkt darüber nach, ob er das packt bei ManU, ob sein Körper das noch mitmacht. Hat er davon gesprochen?

Basti ist fit. Und trotzdem kann er auch mal seine Verletzlichkeit zeigen und die Wunden der Vergangenheit präsentieren. Das hat eben zur Grundidee dieser Werbung gehört. Privat zu sein. Intim. Echt. Ich merke gerade bei Sportlern immer wieder: Wenn die verstehen, worum es geht, dann engagieren sie sich richtig für einen Spot. Wenn sie dahinter stehen. Und weil wir ja offenbar seine Stimmung so exakt eingefangen haben, kam das Thema auch darauf. Es war mir klar, dass er gerade in diesem Entscheidungsprozess ist, und er sprach auch davon, über diesen Wechsel nachzudenken. Er hat, da bin ich mir sicher, auch beim Dreh in dieser Atmosphäre, darüber nachgedacht. Ich glaube aber nicht, dass er es da schon gewusst hat, eher geahnt.

Sie sind Bayern-Fan und hätten als Jugendlicher beinahe selbst eine Profikarriere als Fußballer gemacht, bis eine schwere Verletzung dazwischen kam. Nimmt Sie diese Entscheidung mit?

Oh ja. Das war auch für mich sehr emotional. Ich habe in dieser kurzen Zeit gemerkt: Das wird gerade alles sehr ernst, da wird wahr, was wir drehen. Ich habe in einigen Momenten wirklich eine Gänsehaut bekommen. Als Fan dachte ich: Hoffentlich macht er es nicht.

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Schweinsteiger schaut aus dem Fenster über die Stadt, er schreibt etwas auf ein Blatt Papier, ganz allein in einem Zimmer.

Der Spot ist traurig, keine Frage. Auf der einen Seite. Aber gleichzeitig merkt man eben auch, dass es sich für ihn, für Schweinsteiger, gut anfühlt. Dass er einen neuen Aufbruch wagt. Man versteht ihn einfach. Das ist die andere Seite.

Wird der Film deshalb so irre oft abgerufen im Netz?

Das ist ein Coup, anders kann man das nicht sagen. Seit einem Tag ist der erst online. Und ich bekomme gerade aus der Werbebranche sehr viele Rückmeldungen.

Und wenn er nicht gewechselt wäre?

Dann hätten wir andere Texte aus dem Off dazugestellt, das wäre auch gegangen. Aber so ist es natürlich perfekt.

Was geht dem FC Bayern verloren?

Ein brillanter Fußballer, ein Mensch, der immer geradeaus ist, und - das habe ich wirklich gespürt - ein emotional tiefer Mensch.

© SZ vom 14.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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