Schwanthalerhöhe:Zu viel, zu schnell, zu laut

Verkehrsprobleme stehen bei der Bürgerversammlung auf der Schwanthalerhöhe im Mittelpunkt der Diskussion

Von andrea Schlaier, Schwanthalerhöhe

So sieht urbane Wirtshauskultur aus: Sämtliche Plätze an den vielen Tischen unter den riesigen Lichterkränzen im Wirtshaus-Saal am Bavariapark sind besetzt, als am Dienstagabend hier erstmals die Bürgerversammlung Schwanthalerhöhe abgehalten wird. Man will sich die Erfahrung diverser Nachbarbezirke ersparen, die in einem zu kleinen Raum getagt hatten und wegen des Andrangs dann eine zweite Versammlung anberaumen mussten. "Wir probieren das heute in München auch erstmals in einem Wirtshaus aus und hoffen, dass es nicht ein überdimensionierter Stammtisch wird" - die Sorge von CSU-Stadträtin Evelyne Menges, die durch den Abend führte, erweist sich als unbegründet. Die Quartiersleute melden sich reihenweise mit dezidiert ausgearbeiteten, konstruktiven Anträgen zu Wort - ohne (Bier-) Schaum vor dem Mund. Gegrantelt wird einzig gegen das beherrschende Thema des Abends: den zunehmenden Verkehr auf der Schwanthalerhöhe.

Schwanthalerhöhe: Im ehemaligen Kaufhaus XXX Lutz stellen die neuen Investoren vor, was sie aus dem Komplex nach Auszug des Möbelriesen machen wollen.

Im Spätsommer beginnt der Baustart des Forums Schwanthalerhöhe im ehemaligen XXXLutz-Möbelhaus.

(Foto: Peljak)

"Mir war eigentlich klar, dass es am meisten darum gehen wird", sagt Bezirksausschuss-Vorsitzende Sibylle Stöhr. Die Grünen-Politikerin eröffnet den Abend mit einer Verkehrsprojekte-Liste, darunter die angelaufene Entkernung und den voraussichtlich im Spätsommer beginnenden Baustart des Forums Schwanthalerhöhe im ehemalige XXXLutz-Möbelhaus. Die Nachbarn fürchten weniger den Umbau, als das, was kommt. "Für weit mehr als 1000 Anwohner", so argumentiert einer von ihnen, "ist mit erheblichen verkehrlichen Beeinträchtigungen zu rechnen"; vor allem in der Gollier-, Schießstätt- und Schwanthalerstraße, wenn künftige Kunden zur Tiefgarage oder sonstigen Parkplätzen kurven. Deshalb solle die Stadt dafür sorgen, dass eine zentrale Tiefgarageneinfahrt über den Bavariaring gebaut wird. Auch wenn die Versammlung mehrheitlich zustimmt: Im Planungsreferat hat man dem sogenannten Schnorchel bereits eine Absage erteilt.

Straßenbaustelle auf der Schwanthalerhöhe in München, 2015

Viel Betrieb, viel Unsicherheit: Der starke Verkehr im Viertel beschäftigt die Bewohner ebenso wie die Zukunft des XXX-Lutz-Hauses.

(Foto: Catherina Hess)

Große Unterstützung findet der Vorschlag einer jungen Frau, für den Komplex ein Mobilitätskonzept vergleichbar dem des Domagk-Geländes zu entwickeln, hin zum Car-Sharing und Priorität für Zweiräder. Der Investor solle zudem verpflichtet werden, den Beton-Riesen maximal zu begrünen, also Dach und Fassade.

Wasser auf die Mühlen des Bezirksausschusses ist der Antrag auf eine "schlüssige Fahrradverbindung in die Münchner Innenstadt, optimalerweise an der Schwanthalerstraße". Mit Kindern, so der Westend-Bewohner, gleiche es einem "Nervenkrieg", ins Zentrum zu strampeln: "Wenn man es über die Bayerstraße versucht, landet man am Hauptbahnhof auch im Nirwana!" Fast alle Hände gehen im Wirtshaussaal hoch, als nach Zustimmung gefragt wird. So auch beim Antrag, die Bergmannstraße zwischen Kazmair- und Anglerstraße für Kinder und Radler sicherer zu machen - ob mit Begrünung, Geschwindigkeitsbegrenzung oder durch Verkehrskontrollen. Ähnlich problematisch geht es auf der Tulbeckstraße zu, über die viele Autofahrer, die den Ring umgehen wollten, mit Tempo 80 brettern, so eine Antragstellerin. "Wir wollen eine bauliche Veränderung, einen Zebrastreifen und die Situation entschleunigen", berichtet Stöhr. Mit 1200 Verkehrsunfällen liegt man 2015 im Viertel, so Peter Rodinger, Vize-Chef der Polizeiinspektion 14, auf relativ hohem Niveau. Schwerpunkte der Verkehrsüberwachung seien unter anderem die Durchfahrtssperre in der Trappentreustraße, Höhe Gollierplatz, und die Geschwindigkeitskontrolle bei der Bergmannschule.

Zum Schluss noch ein erfrischender Themenwechsel: Die Hände fliegen hoch für einen Trinkwasserbrunnen auf dem Georg-Freundorfer-Platz, an dem sich der Durst mit "Münchner Wasser, das besonders schmackhaft und gesund ist", löschen ließe. Weniger appetitlich gestaltet sich Stöhrs Ankündigung, dass vom Herbst an ein "Reinigungsnotruf" für die Nachbarn der Wiesn probeweise angeboten wird: Anruf genügt, Putzkraft kommt, wenn sich ein Oktoberfest-Gast vor der Haustür deutlich sichtbar erleichtert. Fast schon ein Stammtisch-Thema.

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