Schwanthalerhöhe:Zu Gast bei Freunden

Schwanthalerhöhe: Profitieren beide von der gemeinsamen Schau: Künstlerin Iris Schabert in ihrem Atelier mit ihrem Gast Alejandro Valbuena.

Profitieren beide von der gemeinsamen Schau: Künstlerin Iris Schabert in ihrem Atelier mit ihrem Gast Alejandro Valbuena.

(Foto: Catherina Hess)

Bei der Reihe "Open Westend" haben Künstler ihre Ateliers zum ersten Mal mit Kollegen aus anderen Ländern geteilt

Von Nadja Tausche, Schwanthalerhöhe

Es ist das erste Mal, dass Lenka Holiková bei ihrer Künstlerkollegin in München ausstellt, normalerweise ist es umgekehrt. Im tschechischen Řehlovice veranstaltet Holiková jedes Jahr Ausstellungen mit verschiedenen Künstlern, mit dabei war schon mehrmals Brigitte Reichl aus dem Münchner Westend. Auch dieses Mal stellen die beiden zusammen aus - jetzt aber in Reichls Atelier an der Trappentreustraße. Unter den bunten Tafeln an den Wänden ist ein Tisch aufgestellt, darauf liegt Holikovás Kunst: Schüsseln in der Form von Muffinförmchen, eine Artischocke aus Keramik. Holiková ist froh über diese Möglichkeit, ihre Kunst in München zu präsentieren. "Wenn man aus seinem Bereich herauskommt, öffnen sich Türen", sagt die Tschechin.

Es sind die Türen zu neuen Engagements und zu breiterer Aufmerksamkeit für Kunstschaffende, welche die Veranstaltung "Open Westend" jedes Jahr aufstoßen soll. Bei dieser Reihe erhielt am Wochenende die Öffentlichkeit zum 16. Mal Zutritt zu den Ateliers im Westend: Die Künstler zeigten Malerei, Fotografie, Schmuck und Mode. Zum ersten Mal haben dabei einige der Münchner Künstler ihre Ateliers mit Kollegen aus anderen Ländern geteilt. Das bringe für beide Seiten Vorteile, sagt zum Beispiel Iris Schabert. "Ich finde es schön, weil einmal eine andere Ausstellung zustande kommt."

Die Werke eines anderen Künstlers im eigenen Atelier sorgten für Abwechslung. In ihren Räumen stellt sie zusammen mit dem Spanier Alejandro Valbuena aus. Er wohnt seit acht Jahren in München; an diesem Wochenende kann er seine Werke endlich öffentlich zeigen. Ein eigenes Atelier, so sagt er, könne er sich nicht leisten. Dafür verdiene er mit seiner Kunst nicht genug. Mit der gemeinsamen Ausstellung haben nun beide die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen. "Es kommen mehr Leute. Und andere Leute als sonst", sagt Schabert. Mit neuem Publikum rechnet auch der Maler Manfred Sieber. "Sind Sie ein Freund von Dmitry?", fragt er einen Besucher, als er diesem die Wohnungstür aufmacht. Der kennt zwar weder Dmitry Itkin, seinem Gast-Künstler im Atelier, noch Sieber selbst, will aber trotzdem die Werke beider sehen. Seine Landschaftsaquarelle hat Sieber im Flur seiner Privatwohnung aufgehängt: ein Blumenfeld in der Toskana, Stroh-Sonnenschirme in der Karibik. Im Wohnzimmer läuft klassische Musik, der Drucker spuckt Kopien von Aquarellen in bunten Farben aus. Die Schwarz-Weiß-Bilder des ukrainischen Fotografen Dmitry Itkin hängen einen Raum weiter.

Itkin stellt auch in San Francisco aus, seine Fotos wurden unter anderem in der Modezeitschrift "Vogue" abgedruckt. Seinen Gastgeber hat er im vorigen Herbst bei einer von dessen Ausstellungen kennengelernt. Damals war der Ukrainer wegen des Krieges in seinem Heimatland nach München gezogen. Er konnte, so erzählt er, kaum ein einziges Wort Deutsch. Das ändert sich jetzt. Sieber zollt seinem Gast große Hochachtung, "wie lebendig er die Kultur in München aufnimmt". Fremdes hineinzubringen ins Vertraute - eben dies entspricht dem Leitmotiv der "Open Westend"-Reihe 2017. Das Motto lautete: "Westend Weltweit. Vielfalt mit Gästen aus der ganzen Welt."

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