Schwabing:Verhärtete Fronten

Schwabing: Unruhige Adresse: die Häuser an der Schwabinger Sailerstraße.

Unruhige Adresse: die Häuser an der Schwabinger Sailerstraße.

(Foto: Schellnegger)

Nach wie vor unterstellt der Bezirksausschuss Schwabing-West dem Eigentümer des Hauses Sailerstraße 11 eine "Luxussanierung auf Kosten der Mieter". Die Orth & Sohn GmbH weist den Vorwurf als "böswillig" zurück

Von Ellen Draxel, Schwabing

Keine Antwort ist auch eine Antwort. Fünf Fragen zum Projekt an der Sailerstraße 11 sollte der Westschwabinger Bezirksausschuss in seiner jüngsten Sitzung beantworten. Fragen, die erkennen lassen, welche geplanten Veränderungen Aussicht auf Genehmigung haben und welche nicht. Zwei Gebäudekomplexe mit derzeit 82 Wohneinheiten sollen an der Sailerstraße 11 saniert, um- und ausgebaut werden, so lautet der Antrag des Eigentümers auf Erteilung eines Vorbescheids. Doch die Lokalpolitiker lehnten die Beantwortung des Fragenkatalogs ab. Ihre Begründung: Bei dem Vorhaben dürfte es sich "unter dem Deckmantel einer erforderlichen Asbestsanierung um eine geplante Luxussanierung handeln". Und die Leidtragenden seien die Mieter.

Michael Germann ist einer von ihnen. Der Vorsitzende der Mietergemeinschaft gehört zu den wenigen Bewohnern des Anwesens zwischen Olympia- und Luitpoldpark, die der Kündigung bislang nicht zugestimmt haben. Beim Gerichtstermin Ende Oktober lehnte er das Angebot, bis 31. Dezember 2017 in seiner Wohnung bleiben zu können und zusätzlich sechs Monatsmieten Entschädigung zu erhalten, "dankend" ab. "Da braucht man gar nicht drüber zu reden, das sind Almosen", erklärt der 50-Jährige, "damit könnte ich nicht einmal einen Umzug bezahlen". Und die Verlängerung der Frist sei nicht neu, sie sei allen Mietern zugesagt worden.

Eigentümerin der Immobilien an der Sailerstraße 11 ist die Orth & Sohn GmbH & Co. KG. Das Unternehmen hatte die Gebäude Ende 2014 zurückerhalten, nachdem das Erbbaurecht der vormaligen Erbbaurechtsgemeinschaft erloschen war. Nun sieht sich die Firma in der Pflicht, die in der Vergangenheit über Jahrzehnte verursachten Missstände zu beseitigen. "Auf Grund der hohen Asbestbelastung ist zunächst zwingend eine Astbestsanierung durchzuführen", erläuterte Maximilian Münch für die Immobilienverwaltung Orth & Sohn GmbH & Co. KG bereits im August. Im Zuge dieser Arbeiten würden parallel "erhebliche Mängel wie beispielsweise falsch eingebaute Fenster" korrigiert, eine umfassende energetische Sanierung vorgenommen sowie Wohnungszuschnitte in Küchen und Bädern verändert. "Durch meine Mandantin war und ist lediglich geplant, ortsübliche Wohnzustände an der Sailerstraße 11 herzustellen", erklärt Orth & Sohn-Anwalt Tilman Konrad Sixel auch jetzt auf erneute Anfrage.

Dass die Häuser marode sind und saniert werden müssen, bezweifeln generell weder Mieter noch Lokalpolitiker. Kritisiert wird, "dass die Instandhaltungen den Mietern aufs Auge gedrückt werden", wie Bezirksausschuss-Chef Walter Klein (SPD) zu den Kündigungen bemerkt. "Alle Mieter müssen raus, Alternativen werden uns aber nicht angeboten", moniert Michael Germann. Über ihm wohnt eine syrische Familie. "Wo sollen die jetzt hin? Sie finden in München keine andere, bezahlbare Wohnung."

In dem Fragenkatalog, der dem Stadtteilgremium vorgelegt wurde, finden sich neben Planungen barrierefreier Zugänge auch Beschreibungen möglicher Dachausbauten im Vorder- wie Rückgebäude sowie von Balkonen und Erker-Anbauten. "Ich habe den leisen Verdacht, dass man die Leute rauskriegen will, um danach die Miete erhöhen zu können", sagt Germann. Das Ganze sei "ein Schiff mit falscher Flagge", meint auch Bürgervertreter Klein.

Orth & Sohn hat die Anschuldigungen bereits im Sommer und nun erneut zurückgewiesen: Geplant sei "ausdrücklich keine Luxussanierung", erklärt Anwalt Sixel. Ebenso wenig wolle Orth & Sohn die Appartements in Eigentumswohnungen umwandeln: "Ein solches Vorhaben wäre bereits wegen der 15-jährigen Kreditbindung sinnwidrig." Bei der Vermutung handele es sich "lediglich um eine böswillige Unterstellung ins Blaue hinein".

Der Vorbescheidsantrag, betont der Anwalt, sei gestellt worden, um "Gestaltungsoptionen" prüfen zu lassen. Und auch diese Maßnahmen implizierten lediglich "die Herstellung ortsüblicher Zustände durch Balkon-Einbau, Aufzug-Einbau und die Vorprüfung eines eventuell möglichen Dachgeschoss-Ausbaus". Der Ausbau des Dachgeschosses tauche nur deshalb auf, um eventuell "eine Wohnraumverdichtung, wie von der Stadt München ausdrücklich erwünscht, am Ende auch bewerkstelligen zu können".

Die ortsansässige Orth & Sohn GmbH & Co. KG sei nicht etwa ein Gewinn maximierendes Wohnungsbauunternehmen, sondern "eine familiengeführte, lokale Unternehmung, welcher an der Erzielung eines dauerhaften Mietzins-Ertrags langfristig gelegen ist". Eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen komme deshalb "unter keinem Gesichtspunkt" in Betracht.

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