Schwabing:Starke Frauen

Schwabing: Keine edlen Materialien, aber ein tieferer Sinn: Benelisa Franco (links) und Rosina Zimmermann setzen sich mit ihren Arbeiten, die im Schauraum am Ackermannbogen zu sehen sind, mit dem facettenreichen Bild der Frau auseinander.

Keine edlen Materialien, aber ein tieferer Sinn: Benelisa Franco (links) und Rosina Zimmermann setzen sich mit ihren Arbeiten, die im Schauraum am Ackermannbogen zu sehen sind, mit dem facettenreichen Bild der Frau auseinander.

(Foto: Catherina Hess)

Die Künstlerinnen Benelisa Franco und Rosina Zimmermann stellen im Schauraum der Siedlung am Ackermannbogen weibliche Figuren aus. Die Skulpturen aus Metall, Stoff und Plastik verkörpern den Frieden und die Mutterliebe, den Kampf um Anerkennung - und den ums Überleben

Von Ellen Draxel, Schwabing

Benelisa Francos Lieblingsfigur trägt ein Lichtschwert. Keines wie das von Meister Yoda oder Luke Skywalker in "Star Wars". Es ist ein klassisches Modell, von innen beleuchtet. Die Idee der Künstlerin, ihre "Kriegerin des Lichts" bringe Helligkeit, Visionen, Liebe und Hoffnung in diese von Dunkelheit überschatteten Zeiten, ähnelt dem Grundtenor der Sternen-Saga aber durchaus.

Die schwarze Kriegerin dagegen, Favoritin von Francos Künstlerkollegin Rosina Zimmermann, hat nichts mit der Dunklen Seite der Macht aus "Star Wars" gemein. Zwar trägt auch sie Schwarz und ist, als Zeichen des Kampfes, im Besitz einer Pistole. Gleichzeitig aber kennt sie das Geheimnis der Gnade. Sie ist die symbolische Verkörperung der Madonnen in Ost und West, eine Mystikerin mit Krone und Heiligenschein.

Sechs von Franco und Zimmermann gemeinsam geschaffene Installationen sind derzeit im Schauraum der Siedlung am Ackermannbogen unter dem Titel "Kriegerinnen -Göttinnen???" zu sehen. Gesichtslose, bewusst einer konkreten Identität beraubte Skulpturen an Frauenkörpern, die aber alle eine einzigartige Würde ausstrahlen. Jede Figur steht vor einer als Collage konzipierten Fahne, die helfen soll, die von den Künstlerinnen gewollte Aussage richtig zu interpretieren. Die Silhouetten wirken stolz - kämpferisch, tapfer und energiegeladen. Gleichzeitig scheinen die Körper irgendwie zerbrechlich zu sein, keine kalten Tötungsmaschinen.

Zu sehen sind ein Herz und eine Rose, Symbole für den Frieden und die Mutterliebe. "Kriegerinnen", steht auf einer der Fahnen in der Ausstellung, "stehen für Mut, Gerechtigkeit und Hoffnung". Und: Frauen, die in den Krieg ziehen müssen, um ihre Familie und Heimat zu retten, kennen das "Geheimnis der Gnade", erleben Macht wie Ohnmacht.

Frauen, ihre Schicksale, ihr Status in Kriegs- und Friedenszeiten, ihre Position in der Gesellschaft - dieses Thema beschäftigt das Künstlerduo Franco-Zimmermann schon seit acht Jahren. Benelisa Franco ist gebürtige Brasilianerin aus São Paulo, 1985 kam sie nach Deutschland. Sie ist Mutter dreier Kinder und nennt sich selbst eine "Träumerin, die viel redet". Rosina Zimmermann hingegen stammt aus München. Sie sagt, erst seit sie Benelisa kenne, wisse sie, wie "deutsch" sie sei. Die Systematik, die Erklärung mit Wörtern, wie sie auch in der Ausstellung zu finden ist, das ist ihr Part. Das "Lockere und Leichte" ist Francos Metier.

Kennengelernt hat sich das Team 2009 im Botanikum. Beide Künstlerinnen haben zunächst Architektur studiert und dann die Malerei und die Objektkunst für sich entdeckt. Der Input zum Thema Kriegerinnen kam von Franco. "Ich habe im Internet einen kleinen Artikel über Frauen im Krieg gelesen", erzählt die Schwabingerin. Alte Frauen, in Tracht gekleidet, mit Waffen am Gürtel. "Das hat mich enorm beeindruckt." Kurz darauf entdeckten die beiden eine Reportage in der Zeitschrift "Brigitte". Der Titel: "Wer uns töten will, den töten wir vorher." Eine Story über Christinnen, die mit aller Macht versuchen, am Leben zu bleiben. Die trotz Verfolgungen sensibel und hoffnungsvoll geblieben sind, ohne dabei in die Opferrolle zu verfallen.

In der Ausstellung findet sich dieser Frauentyp in dem Objekt "Rosen für Kobane" mit der "Kriegerin des Friedens" wieder. Die blutrote Skulptur ist mit Metalldraht, Militärweste und Patronengürtel ausgestattet, aber auch mit einer weißen Rose als Symbol für den Frieden und einem Herz als Zeichen der Mutterliebe. Benelisa Franco und Rosina Zimmermann wollen mit ihr an all die Frauen erinnern, die im Angesicht des Todes für die Menschlichkeit kämpfen. "Von einer Frau getötet zu werden, ist eine der größten Ängste der Dschihadisten", weiß Rosina Zimmermann. "Sie glauben, dass Allah ihnen dann den Einzug ins Paradies verwehrt".

Vertreten in der Ausstellung sind aber auch all jene Frauen, die den Weg aus dem lebensbedrohlichen Chaos übers Wasser suchen. Die "Kriegerin der Freiheit" steht für die Heimatlosen, die, vertrieben durch Krieg und Gewalt, eine gefahrvolle Reise ins Ungewisse nicht scheuen. Schnüre, eine Rettungsweste und Netze symbolisieren die Flucht übers Meer, auf der Leinwand stehen Ländernamen wie Syrien, Mali, Eritrea, der Irak oder Kongo.

Bei allen Frauenkörpern, auch bei den noch nicht genannten, der "Kriegerin der Lebensenergie" mit Natur- und Umweltverbundenheit und der "Kriegerin Künstlerin", die gegen die männliche Dominanz in der Kunstwelt aufbegehrt, geht es ums Verhüllen. "Das Grundgerüst der Figuren ist immer eine ganz leichte Metallstruktur, umwickelt von Stoff und Plastik", sagt Zimmermann. Keine edlen Materialien, eher Alltägliches: Gefundenes und Sachen aus dem Baumarkt. Die Skulpturen bestehen aus zahlreichen Schichten, durch die man durchschauen kann - ein Zeichen für die Verletzlichkeit des Körpers.

Blickfang vom Fußweg aus sind zwei kleine Kriegerinnen ganz vorne am Schaufenster. Eine in Weiß gekleidet, die Ariadne, und eine schwarze Figur, die aber mit dem goldenen Faden der Ariadne verwoben ist und so ebenfalls den Weg in die Helligkeit findet. Alles, zeigt die Installation, ist miteinander verwoben und hat zwei Seiten. "Der Dualismus von Licht und Schatten findet sich in der Natur, in der Gesellschaft und auch in jedem Menschen", sagt Zimmermann. Die idealisierten Skulpturen der Ausstellung, sie symbolisieren sämtlich Teilaspekte des Charakters von Frauen.

Geöffnet ist die vom Kulturbüro des Ackermannbogenvereins organisierte Ausstellung "Kriegerinnen - Göttinnen???" am Freitag und Samstag, 11./12. August, jeweils von 14 bis 18 Uhr, an der Therese-Studer-Straße 9. Sie ist vom Fußweg aus rund um die Uhr zu sehen.

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