Schwabing:Raus aus dem Gedränge

Schwabing: Weniger Autos: Die Ungererstraße soll schmaler werden.

Weniger Autos: Die Ungererstraße soll schmaler werden.

(Foto: Robert Haas)

Das Planungsreferat schlägt vor, die Ungererstraße bis zur Potsdamer Straße auf eine Fahrspur pro Richtung zurückzubauen. So könnte auch die Erlöserkirche aus ihrer Insellage befreit werden

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Einst war die Erlöserkirche am nördlichen Rand der Münchner Freiheit der Fixpunkt im alten Dorf Schwabing, bis heute gilt dieses 1901 geweihte Gotteshaus als eines der schönsten Münchens. Allerdings haben die Zeitläufe diesen markanten Kirchenbau in eine vom Verkehr umspülte Insellage gebracht. Stetig schieben sich die Autokolonnen auf der vierspurigen Ungererstraße vorbei. Seit gut 20 Jahren wollen sich Anwohner und Lokalpolitik nicht damit abfinden, dass Kirche und Gemeindebau dadurch schier abgeschnitten sind vom östlichen Schwabing. Dutzenden Eingaben an die Stadt tragen jetzt erste Früchte.

Das Planungsreferat schlägt in einem Beschlussentwurf für den Stadtrat vor, diese Nord-Süd-Achse von der Einmündung zur Leopoldstraße bis zur Potsdamer Straße von zwei auf eine Fahrspur pro Richtung zurückzubauen. Die von vielen verhasste Leitplanke auf dem Mittelstreifen soll wegfallen, ein Fußgängerüberweg angelegt werden. Eine Möglichkeit, so heißt es in dem Papier, "um der Trennwirkung entgegen zu wirken und damit die städtebauliche Einheit wieder herzustellen".

Nach all den Jahren der immer zornigeren Appelle aus Lokalpolitik und Bürgerschaft, sich der Umgestaltung anzunehmen, könnte also Bewegung in die so lange erhoffte Arrondierung des Nordteils der Münchner Freiheit kommen. Die Wunschlösung für die Mehrheit im Bezirksausschuss wäre, das Südende der Ungererstraße bis zur Potsdamer Straße für den Durchgangsverkehr komplett abzuhängen - die Kirche könnte wieder ins Dorf rücken, das Platzgefüge der Münchner Freiheit stadträumlich angepasst werden. Doch die Behörde erteilt der Maximallösung mit Durchfahrverbot eine Absage. Da der Verkehr von Norden her Richtung Innenstadt dann komplett über die Potsdamer Straße abfließt, prognostiziert die Behörde eine Überlastung der Kreuzung zur Leopoldstraße. Auch mit einem Linksabbiegeverbot in die Leopoldstraße sieht das Referat keine Chance für die Komplett-Abhängung der Ungererstraße: Der Verkehr würde auf andere Routen verlagert, der Schleichverkehr in den östlichen Wohngebieten ansteigen, heißt es in dem Papier.

Untersucht haben die Planer auch die Möglichkeit, die Ein-Spur-Lösung bis hinauf zur Schenkendorfstraße ausweiten. Das Ergebnis: zu teuer, kaum realisierbar. Denn der Straßenabschnitt ist als "Hauptverkehrsstraße mit maßgebender Verbindungsfunktion" im Verkehrsentwicklungsplan der Landeshauptstadt eingestuft. Mit anderen Worten: Mit weniger als vier Spuren wird es eng.

Das gilt aber nicht für den Abschnitt südlich der Potsdamer Straße. Ausweislich der Beschlussvorlage rauschen auf diesem Teil täglich bis zu 18 000 Fahrzeuge durch. "Erst ab einer Belastung von 20 000 Kfz innerhalb von 24 Stunden ist eine vierspurige Fahrbahn empfehlenswert", urteilt das Planungsreferat. Ergo bleibt nur die Minimallösung: Je eine Fahrspur wird auf dem 500 Meter langen Teilstück abgezwackt. Ferner sollen jene Schilder verschwinden, die bisher den überörtlichen Transitverkehr aus der Stadt heraus auf die Ungererstraße leiten. Umgekehrt werden die Schilder, die den Autofahrern auf dem Mittleren Ring die Richtung zum Zentrum anzeigen, von der Einmündung der Ungererstraße abmontiert und an der Leopoldstraße aufgepflanzt. All dies soll den Verkehr umleiten, die Tangente entlasten.

Schließlich ist ein Zebrastreifen für Fußgänger zwischen Frey- und Germaniastraße vorgesehen. Was mit dem gewonnen Platz durch den Wegfall der Spuren anzufangen ist, lässt die Behörde noch offen; vorstellbar sind Fahrradwege, breitere Gehsteige, Parkbuchten sowie "eine Gestaltung des Bereichs zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität".

Die überwiegende Mehrheit im Bezirksausschuss zeigte sich mit dem Entwurfspapier zufrieden - als ersten Schritt hin zu einer Neuplanung des Nordteils der Münchner Freiheit. "Es ist eine deutliche Verbesserung und eröffnet die Möglichkeiten für eine Planung, wie es mit der Münchner Freiheit weiter gehen kann", sagte Ekkehard Pascoe (Grüne). Der Stadtrat wird sich nach Angaben eines Behördensprechers voraussichtlich im Juni mit der Vorlage beschäftigen. Dabei zeichnet sich schon jetzt der Widerstand der Rathaus-CSU ab. "Ich verspüre hier keine Begeisterung", sagt der Planungssprecher der Christsozialen, Walter Zöller. Er glaubt, dass es mit dem Wegfall der Fahrspuren entweder in der Leopoldstraße zu drastischer Steigerung des Verkehrs oder in der Ungererstraße zu langen Staus kommen wird. Der Verkehrsexperte vom Koalitionspartner SPD, Ingo Mittermaier, hält sich mit einem Urteil noch zurück. "Wenn es verkehrlich möglich ist, hätten wir wohl nichts dagegen", spekuliert er.

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