Schwabing:Polizisten sollen Dealer verprügelt haben

  • Das Landeskriminalamt ermittelt gegen zwei Zivilfahnder, die auf einen Dealer eingeschlagen haben sollen.
  • Ein Zeuge filmt den Polizeieinsatz von einem oberen Stockwerk eines benachbarten Gebäudes aus.
  • Für die Beamten hatte der Vorfall bisher keine Konsequenzen.

Von Thomas Schmidt

Der Mann auf dem Bordstein krächzt, stöhnt und schreit. Ein Zivilfahnder der Polizei mit langen, zum Pferdeschwanz gebundenen schwarzen Haaren packt seine Beine, presst sie zu Boden. Ein zweiter Ermittler, kurze Haare, Halbglatze, kniet auf seinem Oberkörper. Aus der Ferne nähert sich rasch eine Sirene. Dann prasseln Schläge auf den Tatverdächtigen ein. Fünfmal holt der Polizist mit Halbglatze weit aus, fünfmal rammt er seine Faust in Richtung Kopf des Mannes, der - so sieht es zumindest aus - wehrlos auf dem Fußgängerweg liegt. Ein Zeuge filmt den Polizeieinsatz von einem oberen Stockwerk eines benachbarten Gebäudes aus. Dieses Video, das der SZ vorliegt, beschäftigt nun das "Sachgebiet für Interne Ermittlungen" des Landeskriminalamts (LKA).

Der Mann, der auf dem Boden liegend geschlagen wurde, bezichtigt die Polizisten der Körperverletzung. Wie üblich bei solchen Fällen wurde das LKA eingeschaltet, damit nicht innerhalb des Polizeipräsidiums Kollegen gegen Kollegen ermitteln. Das LKA wiederum hat die Staatsanwaltschaft informiert und soll unabhängig prüfen, ob der Einsatz an der Destouchesstraße ausgeartet ist.

Die beschuldigten Beamten waren am 23. März in Schwabing im Einsatz. In Zivil observierten sie ein mutmaßliches Drogengeschäft, bei dem ein Umschlag den Besitzer gewechselt haben soll, berichtet ein Sprecher des Präsidiums. Als die Fahnder den mutmaßlichen Dealer, einen 22-jährigen Münchner, ansprachen, habe der versucht zu flüchten. Sie packten den Mann, der sich der Festnahme widersetzt und einem der Beamten in die Hand gebissen habe.

Weder ein Fluchtversuch noch ein Biss sind auf dem Video des Zeugen zu sehen, womöglich weil er erst danach sein Handy gezückt hat. "Ich vermag es nicht zu beurteilen, ob die Person Widerstand geleistet hat, jedenfalls kam es zu mehreren Aufforderungen durch den Zivilpolizisten mit ,Leg dich auf den Bauch!'", berichtet der Zeuge. Daraufhin habe der bereits auf dem Rücken liegende Tatverdächtige gerufen: "Wie denn, wenn du auf mir bist?!" Dann folgten die Schläge.

Zunächst drischt der Beamte, der auf dem Oberkörper des Mannes kniet, fünfmal auf ihn ein. Auf dem Video ist die Situation schwer zu erkennen, kahle Äste reichen ins Bild, aber es sieht so aus, als träfe der Polizist nur den Arm des Verdächtigen, der seine Hände schützend vors Gesicht hält. Ein Streifenwagen erreicht den Tatort, Polizisten in Uniform eilen herbei. Noch während sich die Unterstützung nähert, schlagen beide Zivilbeamte erneut auf den 22-Jährigen ein, mindestens fünf Hiebe sind auf dem Video zu erkennen.

Die Zivilfahnder sind weiterhin im Dienst

Der Zeuge wird das Vorgehen der Beamten später als "exzessiv" beschreiben, die Schläge seien durch nichts gerechtfertigt gewesen. Das LKA hingegen teilt auf Anfrage mit: "Es wäre verfrüht, sich zu Anlass und Verlauf des Einsatzes jetzt schon zu äußern." Ohne alle Beteiligten zuvor befragt zu haben, könne eine "Bewertung des Filmmaterials" noch "nicht erfolgen".

Für die beschuldigten Zivilfahnder hatte der Vorfall bisher keine Konsequenzen. Sie seien weder suspendiert noch zum Schreibtischdienst verdonnert worden, teilt ein Sprecher des Präsidiums mit. Man wolle abwarten, was die Ermittlungen des LKA ergeben. Was genau sich in dem Umschlag befand, kann der Sprecher nicht sagen. Aber es seien "Betäubungsmittel bei dem Tatverdächtigen sichergestellt" worden. Gegen ihn wird deshalb ermittelt - und wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Ob er bei dem Vorfall Verletzungen erlitten hat, dazu macht das LKA keine Angaben.

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