Schwabing:Insel der Unruhe

Artur-Kutscher-Platz in München Stadtteil Schwabing. Ansicht mit Gohrenstraße

Vollgeparkt und unwirtlich: der Artur-Kutscher-Platz in Schwabing.

(Foto: Matthias Ferdinand Döring)

Der Informationsabend mit Bürgern zur Zukunft des Artur-Kutscher-Platzes bringt keine wirklich neuen Ideen. Er bestätigt nur, dass das Areal schöner werden soll und Autos nicht ganz verschwinden können

Von Nicole Graner, Schwabing

Vier Bäume stehen auf dieser Verkehrsinsel am Artur-Kutscher-Platz, der schöne Masken-Brunnen des Künstlers Lothar Dietz, der, von einem hölzernen Mantel verdeckt, bereits seinen Winterschlaf hält, und zwei Bänke. Das sind die einzig schönen Dinge, die diesen Platz mitten in Schwabing ausmachen. Mehr nicht. Autos prägen das Bild, da er von vielen Münchnern, aber auch auswärtigen Besuchern vor allem abends ausschließlich zum Parkplatz degradiert wird. Allein in 30 Minuten suchen an einem Abend gegen 19.30 Uhr 20 Autofahrer nach der kleinsten Lücke. Drehen ihre Runden. Die meisten Autos kommen an diesem Abend von der Gohren-straße. Ein kleiner Smart quetscht sich noch neben ein bereits parkendes Auto an den Inselrand.

Schon immer war dieser von Wohnhäusern umsäumte Platz für die Schwabinger kein Platz zum Verweilen. Und schon gar kein Ort der Begegnung und des Ausruhens. Vier Straßen umgeben die Insel: die Kunigundenstraße, die Gohrenstraße, die Occam- und die Marschallstraße. Und schon lange will der Bezirksausschuss (BA) Schwabing-Freimann daran etwas ändern. Bereits 1996 hat die SPD-Fraktion den Antrag gestellt, den Artur-Kutscher-Platz neu zu gestalten. "Der derzeitige Zustand", hieß es damals im Antrag, "ist beispielhaft für die eingetretene stadtgestalterische Verwahrlosung Altschwabings." Das könnte sich nun ändern, hat die Stadt doch signalisiert, dass die Parkplätze entbehrlich seien - wie auch das Stück der Gohren- zur Kunigundenstraße für den Verkehr. Ein Grund für die Lokalpolitiker, das Thema verstärkt wieder in Angriff zu nehmen und die Bürger an den Überlegungen zur Neugestaltung zu beteiligen. Mit einem Info-Abend am Dienstag.

Geändert hat sich am Zustand des Platzes nicht viel. Das macht der BA-Vorsitzende Werner Lederer-Piloty (SPD) von Anfang an deutlich. Von einem "Unort" spricht er, von einem Ort mit "null Aufenthaltsqualität". Ein Platz im urbanen Raum habe aber eine herausragende Bedeutung für den Menschen, zu sehr seien in der Vergangenheit Plätze dem Verkehr geopfert worden. Verschiedene Plätze in Europa werden an die Wand projiziert, die auch den Wandel vom "steinernen Platz" zum "Schmuck- und Nutzplatz" aufzeigen. Und Skizzen des vom Bürgergremium beauftragten Architekten Fritz Hubert. Sie zeigen zwei Lösungen: eine ganz ohne Autos mit der Erweiterung der Verkehrsinsel zu einem begrünten Platz, die andere mit ein paar wenigen Stellplätzen an der begrünten Insel.

Dann sind die Bürger gefragt. Sie sollen ihre Ideen einbringen, wie der Charakter des Platzes sein könnte. Allerdings: Viele sind nicht gekommen. Trotz eines Themas, das das urbane Bild Altschwabings betrifft, trotz jahrelanger Diskussion mit der Stadt. Ein Anwohner beklagt vor allem die jetzige Situation am Artur-Kutscher-Platz: "Das gesamte Partyvolk, das von der Occamstraße und von der Kneipe ,Schluckauf' kommt, feiert, seit es die Bänke gibt, bis in die frühen Morgenstunden." Alle zwei, drei Stunden komme die Polizei. Auch hätten einige Unruhestifter in der angrenzenden Grünanlage schon geschlafen. Deswegen habe man eine Sanddornhecke gepflanzt, um das zu verhindern. Bei einer Begrünung des Platzes befürchte er "noch mehr Probleme".

Andere sprechen sich für eine Begrünung aus. Wolfgang Heubisch (FDP), ehemaliger Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, empfindet den Platz als "furchtbar hässlich". Sein Onkel war der Künstler Lothar Dietz, der Erbauer des Brunnens. Heubisch wünscht sich daher, dass der Brunnen wieder sichtbarer wird, umgeben von viel Grün. Wichtig sei, wünscht sich BA-Mitglied Ekkehard Pascoe (Grüne), dass der Platz der Bedeutung Artur Kutschers für München und Schwabing gerecht werde: "Den neuen Wedekindplatz und den Artur-Kutscher-Platz miteinander in Verbindung zu bringen, ist die stadtplanerische Herausforderung."

Unterschiedliche Meinungen und keine klaren Vorstellungen sind das Ergebnis eines Infoabends mit viel zu wenigen Bürgern. Einig ist man sich nur in zwei Dingen: Den Verkehr wird man nicht ganz beseitigen können, und der Platz muss schöner werden. Nichts Neues also.

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