Schwabing:Großbaustelle

Lesezeit: 3 min

Die erneut aufflammende Debatte um eine Tram durch den Englischen Garten, das alltägliche Auto- und Fahrradchaos und die anlaufende Sanierung der zwei Schwabinger Gymnasien nördlich der Münchner Freiheit dominieren die Bürgerversammlung

Von Nicole Graner, Schwabing

"Verschwendung von Steuergeldern. Lieber mehr Kitas bauen, das hilft den Menschen in München mehr", "Die Tram ist völlig unnötig", "Diese Oase muss geschützt werden", "Sollte Herr Reiter diesem Projekt zustimmen, gehört er nicht auf den Bürgermeister-Sessel" - die Kommentare von Unterzeichnern der Online-Petition, die sich gegen die Tram durch den Englischen Garten aussprechen, sind eindeutig und klar formuliert. Und die Einwände kommen nicht nur aus München, sondern auch aus Regensburg, Bremen, Berlin oder Heidelberg. Lange vor dem Ende der Sammel-Zeit haben 3500 Menschen gegen die Tram unterzeichnet.

Zeit also, die Unterschriften weiterzugeben. Der rechte Ort ist für Initiatorin Carolina Pougin die Bürgerversammlung für Schwabing-Freimann am Donnerstagabend im Max-Gymnasium. "Wir brauchen keine Tram, wir brauchen nur E-Busse", sagt sie, dankt den Unterzeichnern und richtet einen Appell an den Stadtrat: "Es wäre schön, wenn nicht aus ideologischen Gründen entschieden würde, sondern mit menschlichem Sachverstand." Sagt es, und überreicht die Unterschriften an Stadtrat Alexander Reissl (SPD). Mit großer Hoffnung, wie sie erklärt.

Tram Englischer Garten

Viele Gründe sprechen gegen die Tramtrasse durch die beliebte Grünfläche: zu laut, zu teuer, zu unflexibel,ein Eingriff in die Natur, starre Gleise. Viele Bürger machten das deutlich. Arne Petersen von der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) sprach sich allerdings klar für eine Tram aus. Sie sei "präsenter im Straßenraum und komfortabler". Dass er mit dieser Ansicht bei der Bürgerversammlung keinen Applaus erntet, sondern Gelächter, unterstreicht die überwiegend negative Haltung der anwesenden Bürger gegen eine Tramtrasse. Die Planung steckt noch in den Anfängen. Varianten sollen, so Petersen, entwickelt werden. Workshops mit den Bürgern und Stadtteilspaziergänge sollen dabei helfen.

Fahrradchaos Münchner Freiheit

Räder und nochmals Räder: Ein Durchkommen zum Ampelübergang ist oft nicht leicht - besonders für Rollstuhlfahrer oder Mütter mit Kinderwagen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der stark zunehmende Radverkehr und die überall abgestellten Fahrräder in Schwabing sind ein großer Kritikpunkt der Bürger. Besonders am Lift des U-Bahn-Ausgangs Münchner Freiheit an der Leopoldstraße stadteinwärts. Ein Durchkommen zur Ampel auf die andere Straßenseite sei kaum mehr möglich, erklärt eine Bürgerin. Schon gar nicht für Rollstuhlfahrer oder gehbehinderte Menschen. Tatsächlich stehen Räder in drei bis vier Reihen um den Lift herum. Gleich in mehreren Anträgen werden Abhilfe beziehungsweise mehr Fahrradständer gefordert.

Sanierung Gymnasien

Der Abschiedsball im Oskar-von-Miller-Gymnasium am Freitagabend läutet gewissermaßen den Baubeginn ein: Das Oskar, aber auch das Maximilians-Gymnasium werden für insgesamt 159 Millionen Euro saniert. Baubeginn ist noch diesen Sommer. Die Schüler werden in Behelfs-Quartieren unterrichtet. "Das wird eine Mordsbaustelle", sagt Werner Lederer-Piloty (SPD), Vorsitzender des Bezirksausschusses (BA) Schwabing-Freimann. Der Baustellen-Verkehr wird nicht, wie zunächst geplant, über die Leopoldstraße abgewickelt, sondern über den Bonner Platz. Das heißt: Der Lehrer-Parkplatz des Max-Gymnasiums wird erweitert - für einen Kranplatz, aber auch für die Durchfahrt Morawitzky- zur Sturystraße. Dort fahren die Fahrzeuge weiter über die Siegfriedstraße, den "Zipfelmützen"-Brunnen, die Muffat-, Karl Theodor-Straße und den Bonner Platz. Das Problem: 54 Parkplätze fallen für drei bis vier Jahre weg. Da sollen, so Lederer-Piloty, noch Lösungen gesucht werden. Eine Möglichkeit: Parkplätze auf dem noch verbleibenden Sportplatz der Schule auszuweisen.

Verkehr

Am "Märchenbrunnen" (r.) vorbei fahren bald Baustellen-Fahrzeuge. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Nicht nur die vielen abgestellten Fahrräder stören an der Münchner Freiheit, sondern auch die zu kurze Ampelschaltung bei der Überquerung der Leopoldstraße auf Höhe des U-Bahn-Ausgangs bei Karstadt und Blumenladen. "Da muss man schon zackig unterwegs sein, um auf einmal über die Leopoldstraße zu kommen", sagt eine Bürgerin und fordert eine längere Schaltung. Auch soll die Liebergesellstraße verkehrsberuhigt werden. Zu viele Radler, zu viele Fußgänger, zu viele gefährliche Situationen. Der Wunsch nach einer Lösung für die Ungererstraße auf Höhe der Erlöserkirche wird wieder laut. Die Trennung der Kirche von der Münchner Freiheit kritisiert der BA seit langem, fordert eine Lösung ohne die belastete Ungererstraße. Ein Bürger fordert die Aufhebung der "Autobahn-Leitplanken", die Reduzierung der Fahrbahnbreite und regt Querungshilfen an. Am Thema bleibe, so Lederer-Piloty, der BA dran. "Experten halten es für möglich, dass diese städtebauliche Sünde aufgehoben werden, die Erlöserkirche mit der Münchner Freiheit zusammengeführt werden könnte."

Ein wiederkehrendes Element in der Bürgerversammlung: die Forderung nach einem Wartehäuschen bei der Bushaltestelle 54 an der Münchner Freiheit. Der Antragsteller dichtet: "...wiederholt und immerzu, bitte stellt eins auf, dann geb' ich Ruh'."

© SZ vom 14.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: