Schwabing:Gewerbe sticht das Soziale aus

Abkühlung an einem Brunnen in München, 2017

Der Stadtplatz am Ackermannbogen ist ein beliebter Treff, die Nachbarschaftsbörse hätte dort gerne auch einen Gemeinschaftsraum.

(Foto: Stephan Rumpf)

Für die GWG ist ein Gemeinschaftsraum im Neubau am Stadtplatz beim Ackermannbogen nicht rentabel

Von Ellen Draxel, Schwabing

Heidrun Eberle ist ernüchtert und auch ein wenig enttäuscht. Ein halbes Jahr lang hat die Leiterin der Nachbarschaftsbörse am Ackermannbogen mit der GWG verhandelt. Es ging um einen Raum im neu errichteten Gebäude der städtischen Wohnungsgesellschaft an der Georg-Birk-Straße, in der Nähe des Stadtplatzes. Die Gewerbefläche steht seit einem Jahr leer, und Eberle hätte sie sich gut als zusätzlichen Treff-Gemeinschaftsraum fürs Viertel vorstellen können. "Der Bedarf ist da, das hat uns das Sozialreferat ausdrücklich bestätigt", sagt sie. Am Ende aber kam das Nein der GWG - der Konditionen wegen, die Eberle und das Sozialreferat zu zahlen bereit gewesen wären. "Schade."

Der 108 Quadratmeter große Raum, den Heidrun Eberle und ihr Team für einen Euro symbolische Miete plus Übernahme der Betriebskosten nach dem Prinzip einer öffentlich-privaten Partnerschaft gerne nutzen würden, wäre ideal für die Unterbringung einer zusätzlichen Mittagsbetreuungsgruppe. "Wir haben Anmeldungen für 30 Kinder, die Eltern hier suchen händeringend einen Betreuungsplatz", berichtet sie. Sogar Restmittel aus der städtischen Förderung gäbe es bei der Nachbarschaftsbörse noch zur Ausstattung der Räumlichkeiten.

Eberle weiß außerdem von zwei bei der GWG angestellten Sozialpädagogen, die es "toll" fänden, in einem solchen Raum mit Mietern auf neutralem Boden sprechen zu können. Die Sozialarbeiter des Unternehmens sollen die Bewohner bei Nachbarschaftskonflikten beraten und auch sonst in allen Lebens- und Wohnsituationen unterstützen.

Für die GWG aber ist der Preis entscheidend. "Das Bauvorhaben", erklärt Pressesprecher Michael Schmitt, "wurde von vornherein mit einer gewerblichen Nutzung geplant, kalkuliert und finanziert." Der Mietpreis basiere daher auf "marktüblichen Konditionen" - Eberle spricht von 19 Euro pro Quadratmeter. Die GWG betont, dennoch "weiterhin für Gespräche zur Anmietung zur Verfügung" zu stehen. Nur eben zu ihren Bedingungen.

Da hilft es auch nicht zu argumentieren, dass das Konstrukt einer öffentlich-privaten Partnerschaft seit eineinhalb Jahren reibungslos zwischen der Gewofag und der Nachbarschaftsbörse im Gebäude gegenüber an der Georg-Birk-Straße 14 funktioniert. Und dass es für Mietzahlungen für Mittagsbetreuungen außerhalb von Schulgebäuden keinerlei finanziellen Zuschuss gibt. "Der Unterschied zwischen der GWG und der Gewofag ist vermutlich, dass die Nutzung des Gemeinschaftsraumes bei der Gewofag von langer Hand geplant war", meint Eberle.

"Ein bisschen skandalös" findet sie die Entscheidung der GWG dennoch. Weil soziale Bedarfe dabei - von einer städtischen Wohnungsgesellschaft - rein ökonomisch betrachtet werden.

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