Schwabing:Gemeinsam im Stau

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Stadt startet mit vier Firmen in der Parkstadt das Fahrgemeinschafts-Projekt "Job Ride"

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Angeblich bringt es dieser Aufzug auf sechs Meter pro Sekunde, 20 Sekunden bis zum obersten Stock. Der Turbo-Lift im Westturm der Highlight-Towers in der Parkstadt Schwabing steht mit seinem Sausetempo für das Gegenteil von dem, was auf Münchens Straßen herrscht: Kriechgang und Dauerstau. Politik und Verwaltung fallen dabei nicht mit besonderer Beschleunigung auf, Abhilfe-Konzepte zu entwickeln. "Die Geschwindigkeit des Lifts ist nicht das, was man vom öffentlichen Dienst kennt", formulierte es Andreas Mickisch, stellvertretender Kreisverwaltungsreferent am Mittwoch, nachdem ihn der Aufzug hurtig zum Konferenzraum im 16. Stock des Bürohauses gebracht hatte.

Es war ein augenzwinkernder Gag zum Startschuss für das Projekt "Job Ride", das Entlastung für dieses schon so lange vom Verkehr geplagte Areal bringen soll, mit 12 000 Arbeitsplätzen in 200 Firmen einer der großen Gewerbestandorte der Stadt. Es geht dabei um einen eigentlich simplen Ansatz, der sich aber nicht so einfach im großen Stil umsetzen lässt: Angestellte sollen Fahrgemeinschaften bilden und nicht allein mit ihrem Auto zur Arbeit kommen. Der Clou bei "Job Ride" ist nun: Vier große Firmen - Fujitsu, MAN Truck & Bus, Osram und Züblin/Strabag - gründen auf Initiative der Stadt eine Art Fahrgemeinschafts-Bündnis. Sie stellen einen Pool von 2500 Mitarbeitern, die sich für den Arbeitsweg zusammentun können. "Fahrgemeinschaften stehen und fallen mit der Nutzerzahl", zeigte sich Strabag-Emissär Stefan Fuchs überzeugt.

Die gemeinsame Fahrt zur Arbeit im Kollegenkreis scheitert oft schlicht daran, dass sich die Beschäftigten nur mühsam finden - meist durch Zufall, oder durch Lesen von Listen auf einem schwarzen Brett. Das Programm "Job Ride" läuft dagegen mit der Handy-App "Twogo" auf einer professionellen Plattform, mit der sich Fahrer und Mitfahrer vernetzen können - eine digitale Mitfahrzentrale mit allerlei Tools, um sich mit Wunschzeiten und -fahrten zu organisieren. Rolf Strotmann, Fujitsu-Betriebsleiter und Gastgeber im Highlight-Tower, äußerte wie auch andere Firmenvertreter die Hoffnung, dass mehr Unternehmen in die "Job Ride"-Kooperation einsteigen. "München ist die Stauhauptstadt der Republik", sagte er und rechnete vor, dass allein von den 1000 Fujitsu-Mitarbeitern gut die Hälfte täglich mit dem Auto in die Parkstadt pendelt. "Wir hoffen auf breite Akzeptanz", sagte er.

Die Mitfahr-Offensive ist nur ein Baustein eines Mobilitäts-Pakets für die Parkstadt und das angrenzende Quartier Domagkpark, das nun langsam Fahrt aufnimmt. Die Stadt hat schon früh registriert, dass Parkstadt-Pendler auch auf den Domagkpark ausweichen - seit 2014 wird an einem kombinierten Konzept gefeilt. Das Referat für Arbeit und Wirtschaft schob das Beratungsprogramm "Betriebliches Mobilitätsmanagement" für die Firmen in der Parkstadt an; und eine glückliche Fügung wollte es, dass der Domagk-park und die Parkstadt Schwabing als Modellquartiere im EU-Projekt "Civitas Eccentric" aufgenommen wurden. Es geht dabei um zukunftsweisende Lösungen für den innerstädtischen Verkehr, finanziert durch EU-Mittel, die etwa eine hauptamtliche Stelle für die Projektplanung ermöglicht. Systematisch sollen im Zusammenwirken von Bewohnern, Stadt und Unternehmen E-Mobilität, Car-Sharing und Leihrad-Stationen ausgebaut werden, die Angebote über eine quartiersbezogene App abrufbar sein. "Job Ride" ist dabei der erste Ansatz für ein konkretes Mobilitäts-Management, das im übrigen auch und vor allem zur Zufriedenheit der Firmen-Mitarbeiter beitragen soll. Matthias Kürzinger von MAN veranschaulichte das mit einem Abschluss-Gag: "Alleine im Stau stehen verursacht Stress; zu zweit ist man da sicher entspannter."

© SZ vom 22.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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