Schwabing:Es grünt so grün

Holundersträucher und Zwetschgenbäume, Kräuter und Gemüse: Am Ackermannbogen wird es bald einen Stadtacker geben, der als offener Mitwirkungsort funktionieren soll - jetzt haben die Hobbygärtner schon mal fleißig gepflanzt

Von Ellen Draxel, Schwabing

Gisela Schmid hat an diesem Pflanztag das Oberkommando. Die Landschaftsarchitektin legt fest, wo welcher Strauch und wo welches Obstgehölz im neuen Stadtacker am Ackermannbogen am besten hinpassen. Barbara Christine steht unmittelbar neben ihr und schnappt sich eine Schaufel. Auf Anweisung von Schmid soll sie gleich beim Zauntürchen ein Loch für den Holunder graben. "Ich bin ganz begeistert, ich wollte eh die Partnerschaft für den Holler übernehmen", erzählt sie strahlend. "Viel Ahnung habe ich zwar noch nicht, bin aber immerhin schon in der Themengruppe "Beeren" aktiv." Auch im "Club der Grünen Daumen" mischte Barbara Christine jahrelang mit und half bei der Aufzucht von Kräutern und Gemüse in mobilen Töpfen. Um sich die Wartezeit auf den lang ersehnten Gemeinschaftsgarten produktiv zu verkürzen.

Schwabing: Saskia harkt die Erde für das Gemüsebeet, während ihre kleine Tochter neugierig über die Schulter lugt.

Saskia harkt die Erde für das Gemüsebeet, während ihre kleine Tochter neugierig über die Schulter lugt.

(Foto: Robert Haas)

Ein paar Meter weiter beackert Marco routiniert den Streifen, wo einmal die Johannisbeeren wachsen sollen. "Die Erde ist ganz fluffig, das kenne ich so gar nicht." In seinem eigenen Schrebergarten muss Marco schweren Lehm umgraben. "Warum machst Du hier mit, wenn Du schon einen Kleingarten hast?", fragt Nachbarin Katharina. "Ganz einfach", entgegnet er lachend: "Weil's Spaß macht." Man duzt sich im Garten.

An die 30 Bewohner sind bei gutem Wetter dem Aufruf der Projektgruppe Stadtnatur des Quartiersvereins Ackermannbogen gefolgt und mit Rechen und Spaten bewaffnet in den urbanen Vorzeigegarten gekommen. Männer, Frauen und Kinder verschiedenster Kulturkreise, Gartenprofis ebenso wie Laien. "Wir scharren alle schon mit den Füßen, wollen jetzt endlich loslegen", sagt Heidrun Eberle, die Leiterin des lokalen Bewohnertreffs Nachbarschaftsbörse. Die Idee zum Projekt Stadtacker entstand vor sechs Jahren mit dem Ziel, über das Garteln die Nachbarn noch enger zusammenwachsen zu lassen. An Mitmach-Angebote mangelt es nicht am Ackermannbogen, aber gerade das Anbauen von Gemüse, Salat und Obst funktioniert auch niederschwellig. "Viele der neuen Bewohner, die wir bisher noch nicht erreichen konnten, besonders Migrantinnen, springen jetzt bei diesem Thema an", meint Eberle.

Schwabing: Gemeinsam garteln verbindet.

Gemeinsam garteln verbindet.

(Foto: Robert Haas)

Seit zwei Jahren arbeitet ein zwölfköpfiges Organisationsteam deshalb an einem detaillierten Konzept. "Das Besondere bei uns ist, dass es keine Einzelparzellen gibt, sondern nur Gemeinschaftsflächen", erklärt Eberle. "Wir wollten keine verkappten Schrebergärten." Gearbeitet wird am Ackermannbogen in Themengruppen: Einige kümmern sich ums Gemüse, andere um Kräuter, Beeren, Bienen und Blumen oder um den Kompost. "Das hat den Vorteil, dass man sich auch als Neuling Wissen aneignen kann, weil es immer Leute gibt, die sich auskennen." Und, ganz pragmatisch, dass man in den Urlaub fahren kann, ohne sich Sorgen um sein Beet machen zu müssen. "Der Stadtacker funktioniert als offener Lern- und Mitwirkungsort: Wir bauen gemeinsam an, ernten gemeinsam und tauschen unser Gartenwissen aus", erläutert Eberle.

Schwabing: Bevor der Stadtacker offiziell im Mai eröffnet wird, wurde schon fleißig angepflanzt.

Bevor der Stadtacker offiziell im Mai eröffnet wird, wurde schon fleißig angepflanzt.

(Foto: Robert Haas)

Selda, Ayah und Zerina, die beim Pflanztag dabei sind, haben auf diese Weise schon viel gelernt. "Wir waren bei einigen Workshops und kommen immer wieder gerne, das macht uns großen Spaß", beteuern die elf- bis 13-jährigen Schülerinnen. Euphorisch ist auch Edith: "Mein erster Baum!", ruft sie, als die Zwetschge mithilfe des elfjährigen Niklas in der Erde sitzt. Zoë dagegen ist mit ihren elf Monaten noch zu klein, um selbst Hand anzulegen. Sie lugt lieber interessiert ihrer Mama Saskia über die Schulter, die gerade das Gemüsebeet für den Anbau von Karotten, Zuckererbsen und Kohlrabi vorbereitet.

Zu finden ist das tausend Quadratmeter große Gartengelände ganz in der Nähe des zentralen Stadtplatzes, ein hölzerner Zaun umgibt die Ackerfläche. In der Mitte findet sich eine massive Laube für Gartengeräte nebst einem schmucken Grundwasserbrunnen, die Stadt hat außerdem den Hauptweg, den Mutterboden und diverse Obstbäume finanziert. "Wir durften uns die Obstsorten aussuchen", sagt Eberle. In ein paar Jahren können die Gärtner unter anderem Äpfel, Mirabellen, Birnen, Kirschen, Zwetschgen und Quitten ernten.

Wenn der Stadtacker am Samstag, 13. Mai, von 14 bis 17 Uhr offiziell eröffnet wird, sollten zumindest schon die ersten Triebe aus der Erde spitzen.

Wer Interesse hat, mitzumachen, wendet sich per E-Mail an stadtacker@ackermannbogen-ev.de oder kommt einfach zu den Aktionen, die über den Ackermannbogen-Newsletter kommuniziert werden. Bis Ende Juli findet außerdem jeden Samstag von 17 bis 18 Uhr eine Garten-Infostunde im Stadtacker statt.

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