Schwabing:Der Kampf ist verloren

Johanneskolleg, Hiltenspergerstraße 84; Rundgang mit Architekt;

Ohne Erfolg: Der Protest konnte das Johannes-Kolleg nicht retten.

(Foto: Florian Peljak)

Das Erzbischöfliche Ordinariat bleibt hart: Das Johannes-Kolleg an der Hiltenspergerstraße wird abgerissen

Von ellen draxel, Schwabing

Die Entscheidung ist gefallen: Das Johannes-Kolleg, bislang Heimat von 112 internationalen Studenten und Paradebeispiel für Integration und kulturelle wie religiöse Toleranz, wird abgerissen. Weder die Petition an Kardinal Reinhard Marx mit 7343 Unterschriften noch die Expertise eines Architekten, der das Wohnheim an der Hiltenspergerstraße für sanierungswürdig hält, konnten daran etwas ändern. Ende September müssen die Studenten, die bis zuletzt für den Erhalt ihres "Joko" gekämpft hatten, definitiv ausziehen.

Man könne "Äpfel nicht mit Birnen vergleichen", die "erste Stellungnahme" eines Architekten habe nicht die Basis eines Gutachtens, argumentiert Thomas Hagen vom Erzbischöflichen Ordinariat. Eine Sanierung des Gebäudes sei wirtschaftlich nicht sinnvoll. Auf der Straße, verspricht die Erzdiözese von München und Freising, werde nach dem Abriss aber keiner der Kolleg-Bewohner stehen. Im Gegenteil: "Wir haben uns wirklich sehr ins Zeug gelegt und praktisch mit jedem Studenten einzeln gesprochen, um zu schauen, welches Wohnheim passt am besten zu ihm."

Dem Westschwabinger Bezirksausschuss, der sich monatelang für die Studenten einsetzte und die Schließung des Johannes-Kollegs sowie den "damit verbundenen Verlust des Konzeptes" ausdrücklich "bedauert", versicherte das Erzbischöfliche Ordinariat ebenfalls, alle Studenten erhielten eine neue Unterkunft.

Einige seiner Mitbewohner allerdings, weiß Geschichts-Student Samuel Held, hätten bislang kein neues Zimmer gefunden. "Im Einzelfall", bestätigt Bettina Göbner von der Pressestelle des Ordinariats, könne das durchaus sein, "wir garantieren aber, dass bis Oktober auf jeden Fall alle Studenten einen Platz haben werden."

Die Erzdiözese hatte im April das Johannes-Kolleg und das Ludwigskolleg in der Guerickestraße dem katholischen Hilfswerk Missio für insgesamt 8,2 Millionen Euro abgekauft. Während das Ludwigskolleg um einen Anbau mit 62 Plätzen erweitert werden soll, wird das Studenten-Wohnheim im Herzen Schwabings abgerissen und durch einen Neubau mit Wohnungen für Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen ersetzt.

"Dass es jetzt so endet, ist schade", findet Bewohnersprecher Held, "weil wir Studenten uns so engagiert haben, und quasi alles ignoriert wurde." Das Besondere am Johannes-Kolleg ist die integrative Gemeinschaft: Junge Menschen aus 43 Nationen leben hier in Doppelzimmern zusammen - sie kommen aus Gegenden, wo es wegen mangelnder religiöser Toleranz zu Massenvertreibungen und Blutvergießen kommt. Wo Krieg trauriger Alltag ist. An der Hiltenspergerstraße leben sie friedlich mit- und nebeneinander, lernen und feiern gemeinsam. "Im Johannes-Kolleg", sagt Leiterin Schwester Francesca, "wird Frieden gelernt und Frieden gelebt."

Die Erzdiözese will dieses "sehr wertvolle und sehr gute Konzept" laut Bistumssprecherin Göbner weiterführen; ohnehin, findet Hagen, seien die Leitbilder der Diözese und des Kollegs nahezu deckungsgleich. Student Held aber bleibt skeptisch: "Die Leitung des Hauses durch eine Ordensgemeinschaft gefällt der Kirche nicht." Das Miteinander klappe aber nur deshalb so gut, weil permanent Personen da seien, die diese Vision leben: "Außerdem soll das studentische Wohnen ja eher ausgedehnt werden - in Richtung Bettenburg." Immerhin: Generalvikar Peter Beer hat den Studenten vor einer Woche angeboten, ein "Komitee zu bilden, das Visionen zur Zukunft des studentischen Wohnens bei der Diözese" erörtert.

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