Schwabing:Ärger ganz oben

Schwabing: Blick über die Dächer der Stadt: Im dicht bebauten Westschwabing gibt es oft nur im obersten Geschoss Platz für neuen Wohnraum.

Blick über die Dächer der Stadt: Im dicht bebauten Westschwabing gibt es oft nur im obersten Geschoss Platz für neuen Wohnraum.

(Foto: Stephan Rumpf)

Beim Dachgeschossausbau entstehen oft große, luxuriöse Wohnungen. Sie bringen Erhaltungssatzungen in Gefahr

Von Ellen Draxel, Schwabing

Wohnungsbau ja, aber bitte keine Luxuswohnungen. Mit diesem Credo wollen Westschwabings Lokalpolitiker den Mangel an bezahlbarem Wohnraum in ihrem Viertel bekämpfen - darin unterscheiden sie sich nicht von ihren Kollegen in anderen Stadtteilen. Was im westlichen Schwabing allerdings anders ist als im vielen anderen Ecken Münchens, ist der Anteil an auszubauenden Dachgeschossen. Schwabing-West ist der am dichtesten bebaute Stadtbezirk der Landeshauptstadt, noch nicht genutzte Flächen gibt es daher fast ausschließlich in den obersten Stockwerken. Jeden Monat haben die Bürgervertreter über mehrere Anträge für Dachgeschoss-Ausbauten zu entscheiden; im November waren es allein fünf, aus denen nun 19 neue Wohnungen entstehen, außerdem sollen mehrere bestehende Apartments so vergrößert werden.

"Wir brauchen Wohnraum, daran besteht kein Zweifel", betont Bezirksausschuss-Mitglied Albrecht Schmidt (SPD), der seit Langem im städtischen Mieterbeirat aktiv ist. "Aber gebaut werden oft viel zu große Dachwohnungen, mit mehr als 90 Quadratmetern." Das müsse sich ändern, benötigt würden kleinere Grundrisse. Schmidt sieht ansonsten die vielerorts in Schwabing geltende Erhaltungssatzung in Gefahr. Denn zu viele luxuriöse Wohnungen in einer Gegend können einen Bereich so stark aufwerten, dass die Kriterien für den Erlass der Satzung nicht mehr greifen und die alteingesessenen Mieter damit ihren Schutz vor Vertreibung verlieren.

Das Instrumentarium der Erhaltungssatzung gehört nach Meinung des Westschwabinger Bezirksausschusses 30 Jahre nach dem Inkrafttreten ohnehin "überarbeitet". Die Politiker haben jetzt einen Antrag formuliert, in dem sie den Stadtrat auffordern, die Geltungsdauer von Abwendungserklärungen und Erhaltungssatzungen zu synchronisieren. Der Kommune steht bei Verkäufen in Erhaltungssatzungsgebieten unter bestimmten Bedingungen das Recht zu, Anwesen zu erwerben, will sie bezahlbaren Wohnraum sichern und die Bewohner vor Verdrängung schützen. Der Investor kann dieses Vorkaufsrecht jedoch abwenden, indem er sich verpflichtet, sowohl die Umwandlung in Eigentumswohnungen als auch unangemessene Modernisierungsmaßnahmen für die Dauer der jeweiligen Erhaltungssatzung zu unterlassen. Diese Verpflichtung gilt aber nur für maximal zehn Jahre. "Abwendungserklärungen", fordert jetzt Schmidt, "sollten solange gelten, solange ein Haus durch die Erhaltungssatzung geschützt ist."

Das erste Gebiet, in dem die Erhaltungssatzung erlassen wurde, war 1987 der "Pündterplatz". "Mieter in diesem Gebiet", erklärt Schmidt, "hätten nach heutiger Abwendungserklärung bereits schon seit 1997 keinen Schutz vor Verdrängung durch Luxussanierung oder Umwandlung in Eigentumswohnungen mehr."

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