Schulprojekt:Wie man in München mit wenig Geld viel erleben kann

Schulprojekt: Das P-Seminar Mapping Munich des Albert-Einstein-Gymnasiums hat ein knapp 80-seitiges Kompendium erarbeitet, das jungen Flüchtlingen zeigt, was sie in der Stadt unternehmen können und wo sie auf Gleichaltrige treffen.

Das P-Seminar Mapping Munich des Albert-Einstein-Gymnasiums hat ein knapp 80-seitiges Kompendium erarbeitet, das jungen Flüchtlingen zeigt, was sie in der Stadt unternehmen können und wo sie auf Gleichaltrige treffen.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • 14 Oberstufenschüler des Albert-Einstein-Gymnasiums haben in einem P-Seminar ein Buch erarbeitet, das Asylbewerbern die Stadt vorstellen soll.
  • Es gibt zahlreiche Tipps aus Sicht der Jugendlichen, wo man in München etwas erleben und Gleichaltrige kennenlernen kann.

Von Melanie Staudinger

Max Whittall wird deutlich: "Krieg, Armut, Flucht, Integration, Sklaverei - wir denken und denken und denken. Aber an wen denken wir nicht? An die minderjährigen Flüchtlinge", sagt der Schüler des Albert-Einstein-Gymnasiums (AEG) und beantwortet damit seine Frage gleich selbst. Ein Drittel aller Menschen, die nach Deutschland flüchteten, sei unter 18 Jahre alt. "Im kollektiven Gedächtnis aber werden die Kinder und Jugendlichen viel zu oft verdrängt."

Diese Gedanken waren der Ausgangspunkt für ein Projekt, das 14 Oberstufenschüler des AEG jetzt vorgestellt haben. Mapping Munich heißt es, und es ist ein Beitrag von engagierten jungen Münchnern zur Integrationsdebatte. Das Konzept: Jugendliche stellen geflüchteten Jugendlichen vor, was sie in ihrer Freizeit unternehmen können und wo sie Gleichaltrige treffen. Herausgekommen ist ein fast 80-seitiges Buch, das jetzt über die Schule hinaus Verbreitung finden soll.

Vor knapp zwei Jahren beschäftigten sich die Schüler zum ersten Mal mit dem Thema. Sie standen damals noch unter dem Eindruck der Flüchtlinge, die in Budapest festgehalten wurden, die dann erschöpft am Münchner Hauptbahnhof ankamen und irgendwie in Notunterkünfte verteilt wurden. "Wir wollten etwas tun", sagt Schülerin Lilian Taubenberger.

Fast gleichzeitig kam Englisch-Lehrerin Angelina Robl mit einem Vorschlag für ein P-Seminar, einem Projekt-Seminar zur Studien- und Berufsorientierung. Sie wollte einen München-Stadtplan mit den Schülern erstellen. "Es haben sich so viele beworben, dass ich mir die Leute aussuchen konnte", erzählt die Lehrerin. Sie stellte ihre Ideen vor: "Doch die Schüler hatten andere Vorstellungen."

Die geflüchteten Kinder und Jugendlichen lebten in trostlosen Wohnheimen, die für ihre Entwicklung nicht förderlich seien, sagt Whittall. Diesen Missständen wollten die Schüler einen Reiseführer entgegensetzen, der München so präsentiert, wie junge Menschen die Stadt sehen. "Wir haben alles in vereinfachter Sprache formuliert und es ins Englische übersetzt", sagt Whittall. Das solle das Verstehen erleichtern, aber auch beim Deutschlernen helfen. Wenn die Schüler den jungen Flüchtlingen helfen können, sie mehr ins Leben der Stadt einzubinden, gäbe es auch mehr Kontakte zwischen Einheimischen und Geflüchteten - und damit weniger Vorurteile und Ausländerfeindlichkeit.

Wo können Minderjährige günstig etwas erleben?

Die Schüler teilten sich in fünf Gruppen auf: Kultur, Veranstaltungen, Sport, Outdoor und erste Hilfe. "Bei der Kultur haben wir uns auf das Kunstangebot und die schöne Architektur Münchens konzentriert", sagt Hannah Marggraf. Die Jugendlichen recherchierten Museen, die für unter 18-Jährige kostenlos sind oder einen günstigen Eintritt anbieten, die staatliche Antikensammlung etwa, die Glyptothek, die Pinakotheken oder das Museum Brandhorst. Sie stellen Bauwerke vor, geben Tipps für Musikfestivals, Flohmärkte oder die Bücherschau. "Man muss nicht unbedingt viel Geld ausgeben, um in München etwas erleben zu können", sagt Marggraf.

Tauberbergers Gruppe beschäftigte sich mit Parks und Grünanlagen, "die es zum Glück in großer Auswahl in fast jedem Viertel gibt". Die Isar, der Eisbach, der Kulturstrand - das seien die Hotspots, an denen sich ganz leicht Kontakte zu anderen Jugendlichen knüpfen ließen. Vor einer schwierigeren Aufgabe habe sie aber das Thema Freizeitparks gestellt, da viele Angebote in diesem Bereich ziemlich teuer seien.

Leichter sei es bei Sportstätten gewesen. Auch hier gebe es viele Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche, zu spielen oder sich auszupowern. "Wir wollen die Flüchtlinge ermutigen, die Stadt und das Umland selbständig zu erkunden", sagt Lisa-Marie Schwarz von der Sportgruppe. Daher werden auch Badessen in der Region vorgestellt - inklusive der Regeln, wie man sich dort richtig verhält.

Das Buch soll die Flüchtlinge erreichen

Das Team, das sich um erste Hilfe kümmert, hat nicht nur Informationen zu medizinischen und psychologischen Angeboten gesammelt, sondern auch Adressen von Supermärkten, die orientalische oder afrikanische Lebensmittel verkaufen. "Essen erinnert einen an Heimat und kann das Heimweh beruhigen", sagt Isabelle Kressel. Das Seminar sei ein Kontrast zu allem gewesen, was die Jugendlichen zuvor in der Schule gemacht hätten, sagt Giulia Menke. Umzudenken, der Kreativität freien Lauf lassen - das sei schwerer gewesen als gedacht.

Das Projekt aber ist geglückt. Bisher haben die Schüler mit Unterstützung einer Mutter das Buch nur in kleiner Auflage drucken können. Deshalb wollen sie sich jetzt um die nächsten Schritt kümmern: Sie brauchen Sponsoren und Verteiler. Damit Mapping Munich kein schulinternes Werk bleibt, sondern die jungen Flüchtlinge auch erreicht.

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