Schulen in München:Ein Computer für 69 Lehrer

Computer in der Schule

Computer können Schüler beim Lernen und Lehrer beim Unterrichten unterstützen - allerdings nur, wenn sie richtig eingesetzt werden.

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Mit einer groß angelegten Breitbandinitiative soll die IT an den Bildungseinrichtungen aufgemotzt werden.
  • Dafür soll der Stadtrat nun knapp 52 Millionen Euro bis 2022 freigeben.
  • Zusätzlich werden fast 2000 zusätzliche Arbeitsplätze für Lehrer benötigt, was nach Schätzungen des Bildungsreferats noch einmal 20 Millionen kosten wird.

Von Melanie Staudinger

Veraltet, langsam und keinesfalls auf einen aktuellen Stand zu bringen: Das Zeugnis für die Internetversorgung an Münchens Schulen und Kindertagesstätten sieht alles andere als glänzend aus. Mitarbeiter brauchen bis zu 30 Minuten, um sich an ihren Rechnern anzumelden. Einen Lehrfilm können viele Pädagogen nicht zeigen, der Clip bleibt immer wieder hängen. Und am Computer in der Schule den Unterricht vorzubereiten, ist für viele kaum möglich. So teilen sich an Gymnasien zum Beispiel im Schnitt 69 Lehrer einen Arbeitsplatz.

Diese Situation will das städtische Bildungsreferat nun ändern: Mit einer groß angelegten Breitbandinitiative soll die IT an den Bildungseinrichtungen ertüchtigt werden. Dafür soll der Stadtrat nun fast 52 Millionen Euro bis 2022 freigeben. Zusätzlich werden fast 2000 zusätzliche Arbeitsplätze für Lehrer benötigt, was nach Schätzungen des Bildungsreferats noch einmal 20 Millionen kosten wird.

Wenn sich die Stadträte in dieser Woche im Kinder- und Jugendhilfe- sowie im Bildungs- und Bauausschuss mit dem Thema beschäftigen, dürfte ihnen so gar nicht gefallen, was Stadtschulrat Rainer Schweppe vorzutragen hat. Vollkommen unterdimensioniert seien die Bandbreiten an Schulen und Kitas. Größtenteils stünden nur zwei Megabit pro Sekunde zur Verfügung.

Computerzeitschriften empfehlen diese Übertragungsrate sogar: Allerdings taten sie das im Jahr 2006 und auch nur für Einzelhaushalte, in denen Internetnutzer Texte auf Homepages lesen und ab und zu vielleicht mal ein Lied herunterladen. Wer mehr machen will, dem wurde schon damals eine größere Bandbreite empfohlen.

Nur ein Viertel aller Schulstandorte ist auf dem aktuellen Stand

In Grund-, Mittel- und Förderschulen sowie Kitas geht das momentan technisch gar nicht, manche Gymnasien, Realschulen und Berufsschulen können immerhin auf bis zu zehn Megabit pro Sekunde zurückgreifen. In lediglich etwa einem Viertel aller Schulstandorte hat die Stadt bereits auf einen aktuellen Standard aufgerüstet.

Dabei spielen Schulen und Kitas mittlerweile eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von Medienkompetenz. Das bayerische Kultusministerium bietet dazu zum Beispiel das digitale Bildungsportal "Mebis" an. Dort gibt es eine Lernplattform, ein Prüfungsarchiv und eine Mediathek mit Bildungsfilmen zum Streamen. Münchner Schulen können dieses Angebot aber oft nicht nutzen.

Diese Situation soll der Breitbandausbau nun verändern. An 375 der 475 Standorte soll das Verwaltungsnetz auf 100 Megabit pro Sekunde aufgerüstet werden, 230 Schulstandorte sollen im pädagogischen Netz, also dem Bereich, in dem Schüler und Lehrer gemeinsam unterwegs sind, sogar eine Datenanbindung von bis zu einem Gigabit pro Sekunde bekommen. Dies macht umfangreiche Baumaßnahmen nötig. Nach Angaben der Stadtverwaltung verfügen bisher nur 32 berufliche Schulen über ein Glasfasernetz und damit eine schnelle Anbindung.

Gleichzeitig mit dem technischen Ausbau sollen die Stadträte in dieser Woche auch eine bessere Ausstattung der Schulen mit Arbeitsplätzen für Lehrer beschließen. Auch hier sieht die Lage derzeit düster aus: So gibt es an Gymnasien im Schnitt elf Arbeitsplätze mit PCs, an Grund- und Mittelschulen sechs und an Realschulen fünf.

Für immer mehr Aufgaben brauchen die Lehrer einen PC

Geht man aber davon aus, dass die meisten dieser Schreibtische nicht frei nutzbar sind, weil sie Sekretärinnen, dem Direktor oder der Oberstufenkoordinatorin vorbehalten sind, ergeben sich folgende Schnitte: In Realschulen teilen sich 37 Vollzeit-Lehrer einen Platz, in Mittelschulen 21, in Grundschulen 15. Schlusslicht sind die Gymnasien mit 69.

Obwohl die Ausstattung fehlt, müssen Lehrer immer mehr Aufgaben am Computer erledigen. Dies ist aber zu Spitzenzeiten offensichtlich nur sehr schwer möglich. Gerade wenn die Mitarbeiter Anmeldungen bearbeiten oder Zeugnisse erstellen müssen, hängen die Computer immer wieder, wie das Bildungsreferat einräumt.

Zum Teil mussten Pädagogen in der Vergangenheit ins Bildungsreferat kommen, um zeitintensive Arbeiten von dort aus zu erledigen. Zudem verbringen Lehrer durch den Ganztagsausbau immer mehr Zeit in den Schulen und benötigen dort einen angemessenen Arbeitsplatz.

Dass der Ausbau von Arbeitsplätzen und Übertragungsrate beschlossen wird, gilt im Stadtrat als sicher. An einzelnen Punkten gibt es dennoch Kritik. "Wir können leider nicht alle Schulen auf einmal ans Glasfasernetz anbinden", sagt SPD-Stadträtin Julia Schönfeld-Knor. An der langen Ausbaudauer stört sich auch Beatrix Burkhardt, bildungspolitische Sprecherin der CSU-Fraktion. "Die Ist-Zahlen beschreiben einen katastrophalen Zustand an unseren Schulen", sagt sie. Sie wisse nicht, warum es so lange gedauert habe, bis der Ausbauplan fertig gewesen sei.

Eine Antwort auf diese Frage kann das Bildungsreferat nicht wirklich liefern. Schon seit dem Jahr 1999 versucht die Stadt, die EDV-Ausstattung an Schulen zu verbessern. Zur Jahrtausendwende beschloss der Stadtrat, alle Bildungseinrichtungen modern auszustatten und mit einer Breitbandverbindung an das Internet anzuschließen. Genehmigt der Stadtrat nun das neue Breitbandprojekt, würden davon nach Angaben des Bildungsreferats - Schüler, Lehrer und andere Fachkräfte zusammengerechnet - 169 000 IT-Anwender profitieren.

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