Schule:Warum man sich das jährliche Klassentreffen antun sollte

Bier

Im besten Fall wird das Klassentreffen zu einer netten Party.

(Foto: dpa)

Irgendwann ist es an der Zeit zu sehen, was aus den Mitschülern geworden ist, die einem das Leben schwer gemacht haben.

Kolumne von Korbinian Eisenberger

Jedes Jahr aufs Neue diese Einladung: Klassentreffen in irgendeinem Wirtshaus, und jedes Jahr lässt einen das mit der Frage zurück, ob dieser Unsinn denn wirklich sein muss. Warum ein Wiedersehen, noch dazu freiwillig? Warum Menschen treffen, die ihre Mitschüler in der Pause in Schränke und Putzkammerl eingesperrt haben?

Menschen, von denen die einen an einer Engstelle in der Aula Spalier standen, während die anderen über ihre gelupften Beine plumpsten. Menschen, von denen die einen eine Zahnpasta-Tube ins Schullandheim mitbrachten und die anderen diese Zahnpasta im Schlaf ins Gesicht geschmiert bekamen.

Klar, die meisten werden auch schöne Erinnerungen an die Schule haben, sonst würde es Klassentreffen kaum geben. In den Tagen vor oder nach Weihnachten, im Sausalitos in München Schwabing, im Schoberwirt in der Au, oder im Augustinerkeller am Hauptbahnhof. Es gab ja auch gute Momente, die Tischtennis-Einlagen in der großen Pause, die Abifahrt an den Plattensee. Und natürlich die blonde Mitschülerin in Chemie, bei der man immer so gut abschreiben konnte.

Wenn in der Einladung irgendwann mal "Zehnjähriges" steht, lassen sich solche Gedanken kaum mehr vermeiden. Klar, man könnte die Facebook-Veranstaltung wie sonst auch ignorieren. Dieses Jahr, nach zehn Jahren Verarbeitungszeit, kündigen jedoch viel mehr als sonst ihr Kommen an. Vielleicht sollte man ja doch mal hingehen? Aber wie? Möglichst lässig daherkommen, auch wenn das Leben gerade gar nicht so lässig läuft? Vielleicht eine Stunde zu spät kommen, damit es nicht so wirkt, als hätte man auf den Abend hingefiebert?

Es ist schon seltsam, was da auf einmal wieder alles in einem hochkommt, als wäre man gerade kurz vor dem Abiturball. Vielleicht wird es wieder fies, und aus dem Piesacker mit der Zahnpastatube ist ein piekfeiner Zahnarzt mit Stehkragen geworden. Vielleicht endet dieser Abend aber auch in einer versöhnlichen Nacht in irgendeiner Münchner Vorweihnachts-Fete. Vielleicht ist es an der Zeit, auszutesten: Was aus denen geworden ist, die damals vor dem Kammerl standen, in dem es so stark nach Putzmittel roch.

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