Schulbauprogramm in München:Lehrer müssen enger zusammenrücken

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  • Das Schulbauprogramm in München soll 1,5 Milliarden Euro umfassen und sieht bis 2023 insgesamt 39 Maßnahmen vor.
  • Vom geplanten "Lernhausprinzip" sind allerdings noch nicht alle Beteiligten begeistert.
  • Die Gewerkschaft GEW kritisiert zudem, dass die Lehrer keine adäquaten Arbeitsmöglichkeiten haben - aber immer länger in den Schulen bleiben müssen.

Von Melanie Staudinger

Im Stadtrat herrscht im Großen und Ganzen Einigkeit über das erste Bauprogramm, das moderne Schulen nach München bringen soll. Von außen aber regt sich durchaus Kritik. Vor allem die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zeigt sich unzufrieden mit den jüngsten Einsparungen am Projekt, das 1,5 Milliarden Euro umfassen wird und bis 2023 insgesamt 39 Maßnahmen vorsieht.

Die Streichungen gingen auf Kosten des Personals, erklärt Geschäftsführerin Siri Schultze. Wer Verwaltungs- und Büroräume verkleinere, verhindere, dass Lehrer adäquate Arbeitsmöglichkeiten hätten. Die Lehrer müssten aber unter anderem durch den Ganztagsausbau immer länger in der Schule verweilen.

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Der Anspruch des Programms ist hoch

Dass in München Schulen fehlen und wieder andere marode sind, ist seit längerem bekannt. Um den Missstand zu beheben, will die Stadt das wohl größte kommunale Schulbauprogramm aufsetzen. Knapp neun Milliarden Euro sollen, so schätzen die Kämmerei und Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), bis 2030 verbaut werden. Der Anspruch ist hoch: Moderne Schulen sollen es werden, die nach dem sogenannten Münchner Lernhausprinzip gestaltet sind. Dort gruppieren sich Klassenzimmer um eine Mittelzone, es gibt Räume, um mit kleineren Gruppen zu arbeiten, und die Lehrer bekommen mehrere kleinere Teamzimmer mit eigenen Arbeitsplätzen.

Im Herbst allerdings erreichte den Stadtrat eine ernüchternde Nachricht: Um die städtische Haushaltslage ist es doch nicht so rosig bestellt, wie zuvor stets alle angenommen hatten. Auf Initiative von SPD und CSU wurde das Gesamtpaket noch einmal überprüft. Die neuen Schulen sollten kleiner werden, nicht nur um die Baukosten, sondern auch um den Unterhalt später zu vergünstigen. Gleichzeitig verhandelte die Stadt mit dem Freistaat um höhere Zuschüsse. Im ersten Bauprogrammbeschluss sind so jetzt 50 Millionen Euro eingespart worden. Mit ihnen wird ein Projekt finanziert, das sonst erst später drangekommen wäre: die Grundschule an der Paul-Gerhardt-Allee.

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Die GEW kritisiert nun, dass weder sie noch andere Lehrerverbände in diese Beratungen einbezogen oder davon auch nur informiert worden seien. Verantwortlich dafür macht die Gewerkschaft den scheidenden Stadtschulrat Rainer Schweppe, dem Geschäftsführerin Schultze "mangelnde Kenntnis des schulischen Alltags" vorwirft.

Doch auch für den Stadtrat findet sie klare Worte: Der habe offenbar vor, "die Schulen die Zeche für seine (Schweppe, Anm. d. Red.) fragwürdigen Schulexperimente zahlen zu lassen", schreibt Schultze in einer Pressemitteilung. Anstatt Verwaltungs- und Aufenthaltsräume zu verkleinern, hätte sich das Bildungsreferat lieber Gedanken um die "pädagogisch umstrittenen Lernhauscluster" machen sollen.

Genau das aber wollte der Stadtrat verhindern. Pädagogisch sollten die Raumkonzepte nicht angetastet werden, forderten CSU und SPD. "Das ist auch gelungen", sagt Beatrix Burkhardt, bildungspolitische Sprecherin der CSU. Ihre Fraktion können mit den Einsparungen gut leben. "Natürlich sind die Pläne jetzt noch sehr theoretisch", erklärt Burkhardt. Man müsse dann in der Praxis sehen, ob sich zum Beispiel Chemie- und Biologielehrer die jetzt kleineren Vorbereitungsräume tatsächlich problemlos teilen könnten.

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Ganz zufrieden sind die Christsozialen allerdings nicht. Denn mit dem ersten Schulbauprogramm sollen sie knapp 50 neue Stellen in der Stadtverwaltung mitbeschließen. "Da wollen wir erst einmal genauer wissen, was für Stellen das sind", sagt Burkhardt. Schließlich seien die Kommunalpolitiker dazu angehalten, nur noch zwei Mal im Jahr - zur Verabschiedung des Haushalts und zum Nachtragshaushalt - neues Personal einzustellen, um die Ausgaben im Blick zu behalten.

Die Verwaltung wird nacharbeiten müssen

Beatrix Zurek, die am 25. Februar zur neuen Stadtschulrätin gewählt werden soll, zeigt sich angetan von der jetzigen Fassung des Bauprogramms. "Wir haben es geschafft, die Kosten zu senken, und kriegen gleichzeitig eine zusätzliche Schule", sagt die SPD-Stadträtin. Ihrer Ansicht nach sei nun ein "toller Aufschlag" gelungen. "Es wurde zum Beispiel der extra Raum für das Schneeräumgerät gestrichen. Das beeinträchtigt weder den Unterricht noch die Arbeit des Hausmeisters", sagt Zurek. Allein diese Maßnahme spare zehn Quadratmeter pro Schule.

Die Grünen haben hingegen noch Fragen an die Verwaltungsexperten, bevor sie deren Vorschlag im Bildungsausschuss am 18. Februar zustimmen wollen. Sie hätten gerne eine Erklärung, ob Schulen nicht grundsätzlich höher gebaut werden könnten, ob man die Zahl der Stellplätze für Lehrer nicht verringern könne und ob Dachflächen nicht besser genutzt werden könnten, etwa für Sportflächen oder Pausenhöfe, sagte Grünen-Stadträtin Jutta Koller unlängst im Kinder- und Jugendhilfeausschuss. Ein wenig wird die Stadtverwaltung wohl noch nacharbeiten müssen.

© SZ vom 08.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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