Schulbauoffensive:München kommt mit Buchhaltung nicht hinterher

Schulbauoffensive: Vielerorts werden in München derzeit neue Schulen gebaut.

Vielerorts werden in München derzeit neue Schulen gebaut.

(Foto: Robert Haas)
  • Die Schulbauoffensive in München startet - doch schon jetzt kommen die verschiedenen Referate mit ihrer Buchhaltung nicht mehr hinterher.
  • Stellen für die Zahlen-Experten fehlen, doch die Stadt genehmigt keine zusätzlichen.
  • Seit 2009 rügen die Kontrolleure des Revisionsamts, dass die Referate zu langsam seien in der Abrechnung.

Von Melanie Staudinger

Die große Schulbauoffensive in München ist gerade eben angerollt - und schon zeigen sich erste Probleme bei der Umsetzung. Die Stadtverwaltung, allen voran Bildungs-, Bau- und Kommunalreferat, kommt mit ihrer Buchhaltung nicht mehr hinterher. Schon jetzt beziffert die Stadtkämmerei den Abbuchungsstau bei Neubauten auf fast zwei Milliarden Euro, 500 Millionen davon gehen auf das Konto des Bildungsreferats.

Mit den beiden Schulbauprogrammen werden Milliarden Euro dazukommen, die nicht nur verbaut, sondern auch verrechnet werden müssen, damit der städtische Haushalt stimmt. Doch in der Stadtverwaltung fehlen schlicht die Experten, die sich um die Anlagebuchhaltung kümmern könnten. Das Problem ist durchaus bekannt und das SPD-geführte Bildungsreferat bemühte sich mit Unterstützung des sozialdemokatischen Kämmerers unlängst um mehr Mitarbeiter, doch ausgerechnet die Rathaus-Koalition aus CSU und SPD lehnte die zusätzlichen Stellen im vorberatenden Ausschuss aus Spargründen ab.

Was ziemlich bürokratisch klingt, offenbart ein Problem in der wachsenden Stadt. Wenn mehr Menschen hier leben, muss es mehr Schulen und Kitas, mehr Krankenhäuser und ein verbessertes Nahverkehrsnetz geben. Aber es braucht auch mehr Mitarbeiter in der Stadtverwaltung, und das nicht nur im Kreisverwaltungsreferat, wo die Bürger sonst einen halben Tag lang auf einen neuen Pass oder auf ihren Kirchenaustritt warten müssen, sondern auch in den Bereichen, die kaum eine merkliche Außenwirkung haben.

Lange Zeit hat die Stadt genau in dieser Kernverwaltung keine neuen Stellen geschaffen - und so hapert es schon länger mit der Buchhaltung im Münchner Rathaus. Wobei gute Mitarbeiter in diesem Bereich so wichtig wären: Ein erfahrener Mitarbeiter, so die Kämmerei, könne im Schnitt etwa 30 Millionen im Jahr abrechnen, ein neuer Kollege bringt es in den zwei Jahren Einarbeitungszeit vielleicht auf 18 Millionen.

Seit 2009, berichtet Stadtkämmerer Ernst Wolowicz, rügen die stadtinternen Kontrolleure vom Revisionsamt, dass die Referate zu langsam seien mit ihrer Buchhaltung. Alle Investitionen, seien es Schulgebäude oder Sportanlagen, tauchen zuerst unter dem Punkt "Anlagen im Bau" auf und müssen von den Mitarbeitern dann in eine andere Rubrik transferiert werden, wenn sie fertiggestellt sind.

Der Haushalt der Stadt wird verzerrt

Solange sie da nicht auftauchen, können die Objekte auch nicht abgeschrieben werden. "Das verzerrt den Haushalt", sagt Wolowicz. Dort existieren all diese Schulen, Sportanlagen und sonstigen Gebäude schlicht gar nicht - obwohl sie es rechtlich zwingend müssten und obwohl das auch schon der kommunale Prüfungsverband monierte. Das Revisionsamt akzeptiert den Haushaltsabschluss jedes Jahr deshalb wieder nur unter Vorbehalt.

In der Praxis aber schaffen die Referate die Arbeit nicht, weil es zu wenige Stellen gibt. Und selbst die konnten laut Kämmerer in der Vergangenheit nicht immer besetzt werden, weil potenzielle Bewerber dort wesentlich weniger verdienen würden als in der Privatwirtschaft. Das Personalreferat will die Stellen nun höher werten, dafür müsste es sie aber auch geben. Fünfeinhalb neue Stellen (oder wie es im Rathaus-Jargon heißt: VZÄ, also Vollzeitäquivalente) wollte das Bildungsreferat im Zuge der neuen Schulbauoffensive, die immerhin ein Volumen von 2,4 Milliarden hat, befristet auf drei Jahre haben. Doch die rot-schwarze Mehrheit in den vorberatenden Ausschüssen lehnte das ab.

Keine neuen Stellen für die Buchhaltung

Nun setzen sich die Grünen für den Vorschlag von Bildungsreferat und Kämmerei ein. Es mute skurril an, "dass die Mehrheitsfraktionen wahllos, aktionistisch und ohne sich um die Konsequenzen zu kümmern Stellen streichen", sagt Stadträtin Sabine Krieger. Aus Sicht der Grünen sieht eine sinnvollen Sparpolitik so nicht aus. Denn schon ohne Schulbauoffensive steige der Abrechnungsstau jährlich um 200 bis 300 Millionen Euro an.

Die Fraktion ärgert sich vor allem, weil CSU und SPD in der vergangenen Woche einen neuen Antrag gestellt haben und in diesem die Verwaltung bitten, nach Möglichkeiten zu suchen, die Anlagenbuchhaltung revisionssicher zu gestalten und den bestehenden Stau abzuarbeiten. "Es hätte einen sehr einfachen Weg gegeben, um Revisionssicherheit zu erreichen: einfach die geforderten Stellen zu genehmigen", sagt Krieger. In der letzten Vollversammlung vor der Sommerpause am 26. Juli könnte sich der Münchner Stadtrat noch einmal mit dem lästigen Thema Anlagenbuchhaltung beschäftigen. Dann nämlich beschließt er endgültig über das zweite Schulbauprogramm.

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