Schützenverein:"Wir werden wieder zu kämpfen haben"

Nach dem Amoklauf stehen die Schützenvereine am Pranger - ein Besuch beim Training der SG Schützenliesl in Bildern.

Johann Osel

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Besuch im Schützenverein

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Nach dem Amoklauf stehen die Schützenvereine am Pranger - ein Besuch beim Training der SG Schützenliesl.

"Die kranke Welt des Killers" schrieb in diesen Tagen eine Boulevardzeitung in großen Lettern, darunter ein Bild des Amokläufers Tim Kretschmer als Zehnjähriger beim Training im Schützenverein, angespannter Blick, im Anschlag ein Luftgewehr, eng an die Wange gepresst. Baugleiche Modelle stehen auch bei der SG Schützenliesl in München-Englschalking in den Schränken.

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Es ist ein Verein von mehr als 4000 in Bayern, knapp 100 Mitglieder kann Schützenmeister Dieter Pichlmeier zählen, ein Fünftel davon Jugendliche. Und so wie alle Schützenvereine steht auch dieser derzeit am Pranger, täglich fordern Experten neue Reglementierungen. Doch ist das hier ein Sammelbecken für potentielle Amokläufer?

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Es sieht nicht danach aus an diesem Freitagabend. Das wöchentliche Jugendtraining steht an, Nachwuchsschützen üben hier für Wettkämpfe und Vereinsmeisterschaft. Die Schießstände sind modern ausgerüstet, jeder Schütze hat einen kleinen Monitor neben sich, auf dem er seine Treffer sehen kann. Automatisch wertet die Standaufsicht per Computer die Ergebnisse aus. Es riecht modrig nach dem Reinigungsöl für die Waffen und ein bisschen nach Schweiß. Hinter den Schießständen tuscheln einige Zuschauer, ansonsten herrscht Stille, die nur durch das unregelmäßige metallische Klacken der Schüsse unterbrochen wird. Wäre da nicht Klaus Stichlmayr.

Er ist Jugendtrainer und zwar - das wird sofort klar - ein strenger. Stichlmayr gibt zuweilen zackige Kommandos, ordnet Schießpausen an, gelegentlich korrigiert er die Haltung der Jugendlichen. Schabernack zu treiben, traut sich keiner, es herrscht Professionalität.

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Dass der Amoklauf automatisch auf die Sportschützen zurückfällt, sagt Stichlmayr, ärgert ihn maßlos: "Das tut uns nicht gut, wir werden wieder zu kämpfen haben" - wie schon nach den anderen Amokläufen der vergangenen Jahre. "Der Amokläufer war einfach psychisch gestört. Das hat mit dem Schießsport nichts zu tun", meint auch Peter Lorenz. Der 14-Jährige kommt mit dem Fahrrad zum Schützenheim und lässt sich von den Betreuern ein Gewehr aus dem Panzerschrank, Munition und sonstige Ausrüstung geben. Nun steht er in kompletter Montur - Schießschuhe, eine lederne Jacke, Handschuh, Augenblende und natürlich das Luftgewehr - hinter dem Stand und erzählt, was ihm der Sport bringt. Feingefühl und Konzentration habe er durch das Schießen gelernt, das sei auch für die Schule hilfreich. Das Gewehr sei für ihn weniger Waffe als Sportgerät - so wie der Wasserball, den er immer am Dienstag in einem Verein durchs Schwimmbecken schmettert.

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"Natürlich ist unser Sportgerät auch eine Waffe", sagt Schützenmeister Dieter Pichlmeier. Daher werde gerade beim Nachwuchs großer Wert auf die Sicherheit gelegt. Neulinge schaue man sich schon genau an und versuche nachzuforschen, warum sie schießen wollen. Dann kommt erst einmal "Trockenunterricht", bevor man überhaupt ein Gewehr in die Hand bekommt. "Es gibt immer welche, die meinen, sie können hier rumballern wie im wilden Westen", sagt Pichlmeier. "Die kommen aber nicht mehr, sobald sie sehen, um was es hier wirklich geht."

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Selbst ein ungeladenes Gewehr nicht auf Leute richten, keine Handys am Stand, keine Faxen machen - "das wurde mir vom ersten Tag an vorgebetet", sagt Matthias Hof. Der 16-Jährige hat bereits als Zehnjähriger begonnen, wofür eine Ausnahmegenehmigung nötig war.

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Aufmerksam auf das Schießen wurde er durch seinen Vater. Dass die Eltern dahinter stehen, ist laut Schützenmeister Pichlmeier extrem wichtig, der Sport fordere Kraft und Fleiß, "da braucht man Rückhalt". Den bekommt auch Stefanie Stichlmayr, die Tochter des Jugendtrainers.

Zwölf Jahre ist sie erst alt, mit acht hat sie angefangen. Es sieht schon ein wenig irritierend aus, wenn das zierliche Mädchen mit einem langen Gewehr hantiert. Ihr macht es allerdings Spaß und auch die Freundinnen in der Schule, so ist zu erfahren, "finden das cool".

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Nach dem Training stützt sie die ungeladene Waffe kurz auf ihrem linken Fuß auf, Laufrichtung nach oben. Die Ermahnung durch die Aufsicht lässt kaum drei Sekunden auf sich warten. Sicherheit zählt eben. Danach kommt das Gewehr wieder in den Schrank. "Wenn einer 15 Waffen daheim hat wie der Vater des Amokläufers", findet Schützenmeister Pichlmeier, "dann ist das ein Waffennarr."

Das kann er nicht nachvollziehen, es sei aber auch nicht verboten. Jedoch gehörten Waffen vernünftig aufbewahrt und weggesperrt. "Da möchte ich den Vater auch nicht schuldlos sprechen."

Fotos: Alessandra Schellenegger (SZ vom 16.03.2009/pfau)

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