Verkehr:Schrotträder verstopfen die Stadt

Entfernung von Schrotträdern in München, 2013

Und weg ist das Schloss: Bei ihren Aktionen fackelt die Stadt nicht lange.

(Foto: Robert Haas)
  • 1800 öffentliche Abstellanlagen für Fahrräder gibt es in München. Viele davon sind chronisch verstopft.
  • Einmal im Jahr sollen nun vergessene Fahrräder künftig entfernt werden, an besonders stark genutzten Stellen sogar alle sechs Monate.

Von Kassian Stroh

Es ist ein Dauerärgernis in der selbsternannten "Radl-Hauptstadt", nun will ihm das Rathaus ernsthaft zu Leibe rücken. Über den Verhau an vielen Abstellanlagen, die blockiert werden von alten, offenkundig nicht mehr genutzten Rädern, klagen die Stadträte fraktionsübergreifend schon lange, nun will ihn auch Baureferentin Rosemarie Hingerl nicht mehr länger dulden.

Einmal im Jahr sollen alte Fahrräder künftig entfernt werden, an besonders heiklen Stellen sogar alle sechs Monate - auch als Reaktion auf den "ständig zunehmenden Radverkehr" in München, wie Hingerl in einer Vorlage schreibt, über die der Bauausschuss des Stadtrats an diesem Dienstag berät.

Das klingt einfacher, als es tatsächlich ist - vor allem aus juristischen Gründen. Denn auch kaputte Fahrräder haben einen Eigentümer, weshalb sie nicht einfach so davongetragen werden dürfen. Relativ einfach ist das noch bei sogenannten "Schrotträdern", die die Stadt seit Langem gemeinsam mit der Polizei entfernt. Jeweils etwa 3000 waren das in den vergangenen Jahren, lässt Hingerl wissen. Daneben gibt es freilich viele Räder, die zwar noch halbwegs nutzbar wären, dem Augenschein nach aber nicht mehr verwendet werden, etwa weil einzelne Teile fehlen oder der Sattel verstaubt ist.

Juristisch gelten sie als "aufgegeben". Bei ihnen will die Stadt folgendermaßen verfahren: Erst werden sie mit einer Banderole markiert, auf der zu lesen ist, dass das Gefährt nach vier Wochen entfernt wird. Steht es nach dieser Frist noch immer da, wird das Schloss zersägt und das Radl für sechs Monate eingelagert - auf dass sich der Besitzer immer noch melden kann. Erst danach wird es entsorgt oder verwertet, zum Beispiel durch soziale Einrichtungen.

Derart verfährt die Münchner Verkehrsgesellschaft seit 2014 an ihren Radl-Abstellanlagen. Im vergangenen Jahr hat es auch die Stadt selbst am Marienplatz und am Hauptbahnhof erprobt. Die Ergebnisse des Pilotversuchs: Etwa 40 Prozent der Räder an den heillos überfüllten Parkanlagen dort wurden mit Banderolen markiert, etwa 15 Prozent am Ende entfernt.

Beschwerden über das Vorgehen gab es laut Baureferat keine. Und als es den Versuch in diesem Frühjahr wiederholte, halbierte sich die Zahl der markierten wie auch der entfernten Räder. Das sei "ein Indiz für die Wirkung der Wiederholungsaktion", schreibt Hingerl an den Stadtrat.

Deshalb soll dieses Vorgehen nun auf die ganze Stadt ausgeweitet werden. Ein großes Unterfangen, denn insgesamt gibt es in München 1800 Abstellanlagen, 1400 davon finden sich an Bahnhöfen, Tram- oder Bushaltestellen, 400 vor öffentlichen Gebäuden wie Schulen oder Einkaufszentren. Sie alle werden künftig, sofern der Stadtrat sein Placet gibt, einmal im Jahr kontrolliert.

Und diejenigen, wo das Problem besonders groß ist, sogar zweimal. Dazu zählen die Standorte Marienplatz, Hauptbahnhof, Stachus, Sendlinger Tor, Isartor und Odeonsplatz. Billig wird all das freilich nicht: Baureferentin Hingerl rechnet mit jährlichen Kosten von etwa 300 000 Euro.

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