Rotes Kreuz:Staatsanwaltschaft ermittelt gegen das Münchner BRK

150-Jahre DRK

Ein Rettungswagen des Roten Kreuzes im Einsatz. Womöglich braucht das BRK in München selbst Hilfe, denn einige Mitglieder sind offenbar in eine Schlammschlacht verwickelt, die den gesamten Verband in Mitleidenschaft zieht.

(Foto: Nicolas Armer/dpa)
  • Wie die Staatsanwaltschaft München I der Süddeutschen Zeitung bestätigte, läuft gegen den BRK-Kreischef Karl-Heinz Demenat ein Ermittlungsverfahren.
  • Die für die Anzeige verantwortliche Person gibt an, es handle sich um den Verdacht "der Veruntreuung von Spendengeldern und öffentlichen Zuschüssen".
  • Demenat selbst gibt an, die Staatsanwaltschaft zu unterstützen, "wo es geht".

Von Dietrich Mittler

Vergangene Woche erst hat der Kreisverband München des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) mit viel Prominenz den Umzug in seine neue siebenstöckige Zentrale gefeiert. Der Kreisvorsitzende Karl-Heinz Demenat sprach vor der Festgemeinde vom "glücklichen Abschluss eines langen Prozesses". Nun aber drohen Demenat Fragen, die die Freude über den gelungenen Umzug in das an der Perchtinger Straße gelegene Bürogebäude doch etwas trüben könnten.

Wie die Staatsanwaltschaft München I der Süddeutschen Zeitung bestätigte, läuft gegen Kreischef Demenat ein Ermittlungsverfahren. Insider gehen davon aus, dass die Strafanzeige, die zu diesen Ermittlungen führte, mit massiven internen Spannungen innerhalb des Münchner BRK-Kreisverbands zusammenhängt. Gar von Lagerkämpfen ist die Rede.

In einer mysteriösen "Pressemitteilung", erstellt von der angeblich für die Anzeige verantwortlichen Person, werden die Gründe für die Strafanzeige aufgezählt: Die Staatsanwaltschaft ermittle hier gegen Geschäftsführung und Vorstand des BRK-Kreisverbands München - wegen des Verdachts "der Veruntreuung von Spendengeldern und öffentlichen Zuschüssen" beim Umzug. An Luxus sei "in dem vollständig renovierten und umgestalteten Gebäude auch nicht gespart" worden.

Welche Rolle spielt der ominöse Name "Inge Truth"? Womöglich keine, in der es um Wahrheit geht

Anonym wird ein angeblich "besorgter" BRK-Mitarbeiter zitiert - mit Worten wie: "Es ist auch eine Riesen-Sauerei, wie hier mit den Spendengeldern umgegangen wird. Anstelle die Mittel zu verwenden, um Bedürftige zu unterstützen, wird in ein luxuriöses Bürogebäude investiert, wie es sich nicht einmal große Versicherungskonzerne leisten". Auch herrsche Empörung darüber, dass die "teils erst in den letzten Jahren angeschafften Möbel aus der alten Geschäftsstelle" nicht ins neue Gebäude mitgenommen wurden.

Demenat weiß um die gegen ihn erhobenen Vorwürfe: "Wir haben Akteneinsicht beantragt, aber die bekommen wir nicht vor Abschluss der ersten Ermittlungen." Aber: Laufende Ermittlungen der Staatsanwaltschaft werde er ohnehin nicht kommentieren. Einige Wochen sei es bereits her, dass Beamte der Kripo in dieser Sache Mitarbeiter des Kreisverbands befragt hätten. "Wir unterstützen die Staatsanwaltschaft, wo es geht", sagt Demenat.

"Die Ermittlungen befinden sich noch am Anfang, die Akte ist derzeit bei der Polizei", betont wiederum Oberstaatsanwältin Anne Leiding als Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I. Der Ausgang des Verfahrens, so sagt sie, sei "derzeit noch vollkommen offen". Bekannt ist indes der angebliche Name der Person, die in diesem Fall Strafanzeige gestellt hat: Inge Truth.

"Truth" steht im Englischen für "Wahrheit", doch Recherchen der SZ deuten daraufhin, dass hier offenbar ein Spiel mit verdeckten Karten gespielt wird. Nach Erkenntnissen des BRK existiert unter der angegebenen Adresse weder eine Inge Truth, noch gebe es einen "Freundeskreis BRK München", als dessen "1. Vorsitzende" Inge Truth laut Pressemitteilung fungiert. Das Phantom "Inge Truth" ist im BRK-Kreisverband München dennoch wohlbekannt. Und zwar dadurch, dass es vor der Wahl von Karl-Heinz Demenat zum Kreisvorsitzenden Details aus der Personalakte von Demenats Konkurrenten herumschickte - unter Nutzung der Münchner BRK-Adressdaten. Dieser reagiert wütend: Das sei eine "Schlammschlacht", "ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht". Demenat distanziert sich auf SZ-Anfrage von solchen Methoden der Wahlhilfe: "Ich sehe Inge Truth jetzt nicht auf meiner Seite. Sie hat dem Ansehen des Roten Kreuzes geschadet."

Innerhalb des BRK werden die Ereignisse in München mit Sorge beobachtet. So etwas gebe es in keinem anderen Kreisverband, heißt es. Was da nun schon seit längerem vor sich gehe, laufe den Zielen des Roten Kreuzes völlig zuwider. "Man hat bei dieser Wahl zum Kreisvorsitzenden den blanken Hass eingeatmet", erklärt einer der Beobachter jener Veranstaltung, auf der Demenat im März zum Kreisvorsitzenden gewählt worden war. Auch BRK-Landesgeschäftsführer Leonhard Stärk ist sich sicher: "Diese ominöse Inge Truth ist das Ergebnis eines erbitterten Lagerkampfes in München."

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