Schlachthofviertel:Ein Zirkus namens Wannda

Morgendliches Tanzvergnügen im "Wannda Circus" in München, 2015

Der Wannda-Zirkus ist ein bisschen von allem: Yoga, Kultur, Theater, Kunst.

(Foto: lukasbarth.com)

Wenn Burlesque-Tänzer mit Menschen in Zebra-Kostümen tanzen, ist Volksfestzeit im Schlachthofviertel. Das Programm ist riesig.

Von Andrea Schlaier

Es ist eine flirrend-urbane Variante des guten alten "Hereinspaziert": Zwischen den alten Backsteinmauern des Viehhofes erheben sich zwei gestreifte Zirkuszelte, ein kleines und ein großes; um sie herum nostalgische Jahrmarktbauten inklusive kleinem Karussell aus dem Jahr 1935. Unter dem Sternenhimmel der Zirkuskuppeln und auf dem gesamten Gelände sprüht von Mittwoch, 20. April an, für elf Tage das "Wannda Kulturfestival" Funken - und das Programm kennt kaum Grenzen.

Von der Kunstausstellung bis zu allabendlich auftretenden DJs und Songwritern, dem Zirkus, in dem die Menschen Zebra-Kostüme tragen und keine Tiere in der Manege sind. Daneben Tanzperformances, Burlesque-Tänzer, Nachtflohmarkt, veganer Foodbazar, Bühnenpolka, Handwerkerstände, Kasperltheater und Modenschau mit ausschließlich nachhaltigen Labels.

Tollwood reloaded - nur wilder, jünger

Die Besucher, so die Idee, sollen sich durch viele Formen der Kunst treiben lassen, nebenbei essen, ratschen, die Kinder zum kostenlosen Basteln oder Kasperltheater schicken. Tollwood reloaded, nur unverbrauchter, wilder, jünger als das etablierte Festival. "Es gibt immer ein Rahmenprogramm, auch für die, die nur zum Nachtflohmarkt kommen", sagt Julian Hahn.

Er hat das Festival in diesem Jahr mit Jakob Ritzenhoff und Emine Capartas organisiert, Fabian Elbert gehört auch zum Team. Sie sind Mitglieder des Vereins "Wannda", einer jungen Münchner Gruppe, die jeglicher Kunstform hold ist und "Projekte, Ideen und Träume ohne Aufschub" verwirklichen will. Die Maxime: "Wenn nicht jetzt, wannda'nn?"

Da das Platzangebot in vielen Städten äußerst begrenzt ist, ziehen sie mit ihrem kleinen Zirkus durch die Gegend und bespielen brache Flächen. Die Preise seien bewusst niedrig gehalten, sagt Hahn, beim Kulturfestival im Viehhof kosten viele Veranstaltungen keinen Eintritt: "Wir finanzieren uns über die Bar, besonders lohnenswert ist das allerdings nicht." Von Stadt oder Staat gibt es keine Förderung, aber: "Wir wollten das auch nicht, weil es sonst so unfassbar viele Auflagen gibt."

Kunst, Kochen, Lesung, Tanz, Impro

Vergleichsweise frei agieren sie deshalb beim aktuellen Festival auf dem Viehhof bis einschließlich 30. April. Über den gesamten Zeitraum läuft eine große Kunstausstellung mit Fotografien, Skulpturen, Installationen und diversen Happenings im großen Zirkuszelt. Am Samstag, 23. April, öffnet um 16 Uhr der Nachtflohmarkt. Zwischen die Sammler mischen sich immer auch Stelzengänger, Clowns, Zauberer und anderes Volk, irgendwo wird getanzt und natürlich getrödelt.

Am Sonntag, 24. April, drehen die Köche des veganen Foodbazars um 13 Uhr den Herd auf. Für Dienstag, 26. April, ist von 20 Uhr an ein durchgeknallter Abend in tragischer Schönheit angekündigt: Improvisationstheater als Bühnenpolka samt Beatboxer. Eine Lesung aus den Briefen der Freunde Sophie Scholl und Fritz Hartnagel, vorgetragen von Sarah Elena Timpe und Samuel Koch, steht am 27. April um 20 Uhr auf dem Programm, Tanzperformances als Zirkus-Show am 29. April um 20 Uhr.

Und weil das nicht genug zu sein scheint, kooperiert man am 30. April auch mit dem "Deadline Urban Art Festival". Mehr als 20 Künstler aus ganz Deutschland sprühen dann Münchens größtes urbanes Kunstwerk auf 1200 Quadratmeter Fläche im alten Schlachthofgelände, die Fortsetzung des Street Art-Spektakels im vergangenen Jahr. Schließlich wird das Zirkus-Festival flankiert von dem auf dem Gelände logierenden Kulturhaus "Bahnwärter Thiel"; letzteres übrigens unter der Ägide von Daniel Hahn, dem Gründer von Wannda. Die Brüder Daniel und Julian - der jüngste Laurin ist ebenfalls Vereinsmitglied - warten "theoretisch" auf einen Studienplatz. "Praktisch", sagt Julian, "haben wir zum Studieren gar keine Zeit".

"Wannda-Kulturfestival", 20. bis 30. April, Tumblinger Straße 29, alle Infos unter www.wannda.de

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