Schauspielerin Katharina Böhm:Nur eine Rolle fehlt

Katharina Böhm ist mittlerweile so bekannt, dass sie sich ihre Rollen aussuchen kann. In der Krimireihe "Die Chefin" spielt die Schauspielerin nun eine Kommissarin, die Sex am Arbeitsplatz mit einem verheirateten Mann hat - und noch weitere Laster. Nur eine Rolle hat die 46-Jährige nie bekommen: die an der Seite ihres berühmten Vaters Karlheinz Böhm.

Lisa Sonnabend

Die Hauptermittlerin der Münchner Mordkommission muss mal wieder einen kniffligen Fall lösen. Vera Lanz knackt in ihrem Büro eine Erdnuss nach der anderen, ein Berg aus Schalen türmt sich auf ihrem Schreibtisch, überall Krümel. Und ausgerechnet jetzt klopft jemand an der Tür. Wie die Essensreste so schnell beseitigen?

Schauspielerin Katharina Böhm: Katharina Böhm vor dem Prinzregententheater in München.

Katharina Böhm vor dem Prinzregententheater in München.

(Foto: Stephan Rumpf)

Das ist eine Szene aus der Krimireihe "Die Chefin", die von Ende Februar an im Fernsehen zu sehen sein wird. Katharina Böhm spielt die manchmal ein wenig tollpatschige Kommissarin Vera Lanz - und das angenehm unaufgeregt. Es ist die größte Rolle für die 46-Jährige bislang, sie liegt ihr, so der Eindruck beim Zuschauen, sie fällt ihr leicht. Doch Böhm, die an einem Mittag im Besprechungsraum ihrer Agentur in Bogenhausen sitzt, sieht das ganz anders.

Ihr Vater ist Karlheinz Böhm, der als Darsteller von Kaiser Franz Joseph in den "Sissi"-Filmen an der Seite von Romy Schneider bekannt wurde. Ihre Mutter ist Barbara Lass, die bis 1980 mit Böhm verheiratet war und zuvor mit Roman Polanski, sie arbeitete ebenso als Schauspielerin. Das Talent, vor der Kamera zu agieren, hat sie also wohl auch von den Eltern mitbekommen.

Doch Böhm, die in den 80er Jahren die Münchner Schauspielschule besuchte, hat noch etwas von der Familie gelernt: "Schauspielen ist oft harte Arbeit", sagt sie. "Es kommt nicht nur auf Talent an, sondern auf Handwerk und Disziplin, das haben mir meine Eltern mitgegeben."

Katharina Böhm muss nicht mehr um Rollen kämpfen. Sie werden ihr angeboten - und sie kann sie sich aussuchen. Für "Die Chefin" wurde sie gefragt, noch ehe das Drehbuch fertig war.

Nur eine Rolle hat sie nie bekommen: die an der Seite ihres Vaters. 1981 gründete dieser die Stiftung "Menschen für Menschen", um Bedürftigen in Äthiopien zu helfen. Vor der Kamera steht er seitdem nicht mehr, auch für seine Tochter hat er bislang keine Ausnahme gemacht.

Für den Fototermin in Bogenhausen hat sich Katharina Böhm extra schminken lassen, dezent, und die Locken aufgewirbelt. Böhm erzählt ausführlich und offen, wenn es um ihre Karriere geht. Sie ist Interviews mit Medien gewohnt, antwortet in langen ausführlichen und geübten Sätzen.

Doch wenn sie eine Frage zu ihrem Privatleben hört, wird Katharina Böhm still. Dann verschwindet ihr Gesicht hinter dem breiten grauen Schal, der ihr locker um den Hals hängt. Nur soviel: Dass sie ein Filmjunkie ist, verrät sie. "Vom Winde verweht" habe sie 24 Mal gesehen.

Zuletzt hat sie "Wie im Himmel" beeindruckt, ein Film über einen schwedischen Dirigenten. "Ich mag es, wenn es um das Außergewöhnliche geht", sagt die Darstellerin. Reality-TV dagegen mag sie nicht. "Wie es beim Nachbar zugeht, weiß ich ja aus dem echten Leben."

Viel mehr erzählt Katharina Böhm nicht über sich. Sie will nicht, dass zu lesen ist, in welchem Ort im Münchner Umland sie lebt, oder wer ihr Lebensgefährte ist. Ihr Beruf ist die Schauspielerei. Was damit zu tun hat, darüber spricht sie gerne. Alles andere soll keine Kamera und kein Aufnahmegerät aufnehmen. Wer mit so namhaften und gefragten Eltern aufgewachsen ist, lernt früh, wie wichtig es ist, die persönlichen Dinge für sich zu behalten.

Nur über ihren Sohn spricht Böhm ein wenig, als der anruft. Der 13-jährige Sam liegt gerade mit Ohrenschmerzen daheim im Bett und fragt die Mutter, wann sie denn endlich heimkomme. Er soll sich einen warmen Zwiebelwickel aufs Ohr legen, sagt Böhm, in einer Stunde sei sie bei ihm.

Mehr als drei Filme pro Jahr dreht Böhm nicht - wegen ihres Sohnes. Und Serienrollen nimmt sie nur an, wenn in München gedreht wird. Spielt sie bei einer Produktion außerhalb der Stadt, fährt sie jedes Wochenende heim, auch wenn der Drehort tausend Kilometer entfernt liegt.

Schauspielerin - durch einen Zufall

Als sie noch klein war, wollte Katharina Böhm Verhaltensforscherin werden, bloß nicht zum Film. Sie schaute oft zu, wenn ihr Vater mit Regisseur Rainer Werner Fassbinder probte - und war schockiert, wie es zuging. "Die haben sich ganz schön aufgerieben", sagt sie heute. "Dabei konnte ich sehen, wie hart der Beruf sein kann."

Vor 25 Jahren: Die glamourösen ´Guldenburgs"

Mit der Serie "Die Guldenburgs" wurde Böhm bekannt. Vor 25 Jahren wurde die erste Folge ausgestrahlt, nun sendet der Digitalkanal ZDFkultur die Folgen noch einmal.

(Foto: dpa)

Der Weg zum Film lief, wenig überraschend, über den Vater. Das war 1977. Karlheinz Böhm war mit seiner damals zwölfjährigen Tochter auf dem Weg ins Kino und machte kurz in einem Produktionsbüro Halt, um ein Filmprojekt abzusagen. Während der Vater verschwand, wartete Katharina auf einer Bank. Ein Mann sprach sie an und fragte, ob sie nicht bei einem Casting mitmachen wollte. Das Mädchen hatte keine Lust, war aber zu schüchtern, um nein zu sagen.

Monate später klingelte das Telefon. Katharina ging ran. Ihr wurde die Rolle für "Heidi" angeboten. Katharina hatte keine Lust, war aber zu schüchtern, um nein zu sagen. Nach einer Woche Proben hatte es sie dann doch gepackt: die Idee mit der Verhaltensforscherin? Vergessen. Das Mädchen mochte die Arbeit im Team, das sei wie das Leben in der Großfamilie gewesen. Auch das Agieren vor der Kamera gefiel ihr.

Auch heute noch findet Böhm, Schauspielern habe etwas mit Kind sein zu tun: "Wenn Kinder im Sandkasten spielen und behaupten, da sei ein Piratenschiff, dann ist das auch so. Sie steigen ein und hinterfragen nicht, ob das wirklich ein Schiff ist. So ähnlich geht es mir, wenn ich spiele."

Ende der 1980er Jahre spielte Böhm die Tochter einer Gräfin in der TV-Serie "Das Erbe der Guldenburgs" - und wurde in Deutschland bekannt. Seitdem hat sie in unzähligen Fernsehproduktionen mitgewirkt, als Kommissarin in der Krimireihe "Nachtschicht" ermittelt, ist in "Fesseln" von ihrem eifersüchtigen Mann terrorisiert worden, und in Joseph Vilsmaiers Zweiteiler "Russisch Roulette", der 2010 ausgestrahlt wurde, verliert sie in St. Petersburg ihren Sohn aus den Augen.

Und nun zeigt das ZDF vom 24. Februar an die Reihe "Die Chefin". Auf einem der besten Sendeplätze: Freitag, 20.15 Uhr. In der ersten Folge stürzt eine Studentin der Deutschen Journalistenschule aus dem Fenster ihrer Münchner Wohnung. Was wie ein Suizid aussieht, ist jedoch Mord - und Böhm als Vera Lanz ist schnell verstrickt in ein Geflecht aus politischen Machenschaften.

Anders als beim "Tatort" oder "Polizeiruf" wird die Kommissarin nicht nur beim Ermitteln gezeigt, sondern auch privat. "Die Chefin" hat vielleicht keine so raffinierte Handlung wie andere Krimis, menschelt aber mehr.

Lanz ernährt sich ungesund, hat Sex am Arbeitsplatz mit einem verheirateten Mann, streitet mir ihrer Tochter und neben all den Mordfällen will sie auch noch den Tod ihres Ehemanns aufklären, der als angeblicher Verbrecher erschossen wurde. Eine große Rolle, doch Böhm sieht es vor allem als Arbeitsauftrag.

Auf Münchens Straßen wird die Schauspielerin nur selten erkannt, und darüber ist sie froh. Nur manchmal blicken die Menschen sie irritiert an: Ist das die Frau aus dem Fernseher?

Auf Society-Veranstaltungen geht sie bewusst nicht, sie lässt sich auf keinem roten Teppich blicken. "Man ist nicht einfach eine Person des öffentlichen Interesses", sagt sie. "Man macht sich dazu." Vielleicht ändert ja ihre Rolle in "Die Chefin" daran nun etwas.

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