Schauspielerin Alicia von Rittberg:Ohne Umwege nach Hollywood

Filmpremiere 'Die Hebamme'

Alicia von Rittberg, hier bei der Premiere von "Die Hebamme" in München.

(Foto: Florian Peljak)
  • Die gebürtige Münchnerin Alicia von Rittberg spielt eine Nebenrolle im Hollywood-Film "Herz aus Stahl" mit Brad Pitt.
  • Die 21-Jährige absolviert gleichzeitig ein Studium der Wirtschaftswissenschaften.
  • Sie wurde schon als Kind mit einem Auftritt in der Show "Dingsda" entdeckt.

Von Josef Grübl

Auf den allerletzten Metern kam es dann doch noch, das große Kribbeln. "Ich wäre fast im Auto sitzen geblieben, so nervös war ich", sagt Alicia von Rittberg, 21, als sie an die Weltpremiere des Films "Herz aus Stahl" im Oktober in London zurückdenkt. Bis dahin hatte sie alles souverän gemeistert: das Casting, die Proben, die Dreharbeiten. Doch gegen das Lampenfieber war sie machtlos: Wer mit Hollywood-Schauspielern wie Brad Pitt, Shia LaBeouf und Logan Lerman über den roten Teppich muss, auf dem Karrieren gemacht werden, kann schon mal aufgeregt sein.

Und da es ein Kriegsfilm über US-Soldaten in einem Panzer ist, stand sie als einzige Frau im Abendkleid noch sehr viel mehr im Scheinwerferlicht. Die junge Frau aus München nutzte die Gelegenheit und entschied sich bei ihrem internationalen Teppich-Debüt für eine tief ausgeschnittene Burberry-Robe, die ihre Wirkung nicht verfehlte: "Deutsche Nachwuchsschauspielerin stiehlt mit ihrem Dekolleté Brad Pitt die Show", titelten tags drauf die Klatschblätter. In Sachen Karriere hat sich ihr Auftritt also ausgezahlt.

Studium statt Schauspielerei

Zwei Monate später ist Alicia von Rittberg wieder aufgeregt, dieses Mal aber nicht wegen Brad Pitt: Sie ist gerade in der Prüfungsphase, kurz vor dem Interview schrieb sie noch eine Klausur. Die junge Frau studiert im dritten Semester Wirtschaftswissenschaften in Friedrichshafen, die Schauspielerei betreibt sie nebenbei. "Ich mochte Mathe schon immer sehr gerne", erklärt sie diese auf den ersten Blick ungewöhnliche Kombination. Und: "Ich möchte auf jeden Fall mein Studium fertig machen, das ist mir wahnsinnig wichtig."

Schauspielerin Alicia von Rittberg: 2013 hat die Münchnerin Alicia von Rittberg (stehend, links) den Bayerischen Fernsehpreis als beste Nachwuchsschauspielerin gewonnen.

2013 hat die Münchnerin Alicia von Rittberg (stehend, links) den Bayerischen Fernsehpreis als beste Nachwuchsschauspielerin gewonnen.

(Foto: Sony Pictures)

Das klingt vernünftig, so viel Weitsicht würde man so einigen ihrer älteren Schauspielkollegen manchmal wünschen. Andererseits fragt man sich, ob eine gesunde Dosis Unvernunft nicht auch zum Künstlerberuf dazugehört. Wie auch immer: Rittberg liebt die Schauspielerei, abhängig machen möchte sie sich davon aber nicht. Mit ihrer mädchenhaft hellen Stimme, die einen wieder daran erinnert, wie jung sie eigentlich ist, erzählt sie von ihrer Faszination für Zahlen und Zelluloid. Die studierende Schauspielerin (oder schauspielernde Studentin) entstammt einer Adelsfamilie, ist in München aufgewachsen und trägt den Titel einer Gräfin, darüber sprechen will sie aber nicht. Ihr Vater ist Investmentbanker, sie hat drei Brüder und studiert auf einer der besten Privat-Unis des Landes.

Die Rollen werden immer größer

Zum Fernsehen kommt sie durch Zufall: Als Siebenjährige hat sie einen Auftritt in der ARD-Show "Dingsda", deren Macher entdecken sie in ihrer Schule. Es folgen kleine Rollen im Kinderfernsehen und in Krimiserien wie "Der Alte". Es läuft alles ganz locker, trotzdem verfolgt sie die Schauspielerei zielstrebig: In einem Casting-Workshop lernt Rittberg, worauf es beim Vorsprechen ankommt, nebenbei sucht sie sich eine Agentin - was bei einem schönen Mädchen mit blonden Haaren, blaugrünen Augen, einem Talent für dramatische Rollen und einer gewissen Natürlichkeit vor der Kamera nicht sehr schwierig verläuft.

Eine Schauspielschule besucht sie nie, die Rollen werden trotzdem immer größer: Rittberg spielt die junge Romy Schneider in einem Fernsehfilm, dreht mit Veronica Ferres, Nina Hoss und Senta Berger. Für ihre Rolle als geschundenes Heimkind in "Und alle haben geschwiegen" wird sie beim Bayerischen Fernsehpreis 2013 als beste Nachwuchsschauspielerin ausgezeichnet, beim Deutschen Filmball im Januar bekommt sie den "New Faces Award". Da ist sie gerade aus England zurück: Die Dreharbeiten zu "Herz aus Stahl" dauern bis Dezember 2013, insgesamt hat sie sechs Drehtage.

Das klingt nach nicht viel, ist aber für einen Film mit Weltstars und einem 68-Millionen-Dollar-Budget mehr als respektabel. Rittberg spielt eine junge Deutsche, die sich mit ihrer Cousine (gespielt von der Rumänin Anamaria Marinca) in einem Haus versteckt, in das Brad Pitt und die anderen Schauspielkollegen eindringen. "Mir kommt diese Szene wie ein kleines Kammerspiel in diesem großen Film vor. Sie ist ganz anders als der Rest", sagt sie stolz über den Wendepunkt in diesem Männerfilm, insgesamt ist sie etwa eine Viertelstunde lang zu sehen.

Der Film - ein Wahnsinn

Die Drehbuchlesungen und die Proben mit den anderen Schauspielern sowie der eigentliche Dreh in England seien der Wahnsinn gewesen. "Wahnsinnig" scheint sowieso ihr Lieblingswort zu sein. Die Arbeit mit Brad Pitt? Hat "wahnsinnig viel Spaß gemacht." Die Premierenfeier in London? "War wahnsinnig aufregend." Und überhaupt: "Dass eine internationale Produktion eine Deutsche in meinem Alter sucht und bei meiner Agentur anfragt, ist einfach wahnsinniges Glück."

Glück gehört in dieser Branche einfach dazu, die gebürtige Münchnerin bringt aber auch den nötigen Verstand mit: Ihre Rollenentscheidungen sind klug, sie lässt sich in keinen Soaps oder Realityshows verheizen, sondern setzt auf gehobene Kino- und Fernsehfilme. So überrascht es nicht wirklich, dass die "Herz aus Stahl"-Macher auf der Suche nach einer deutschen Nachwuchsdarstellerin auf sie kommen. Ihre Agentin in Berlin leitet die Anfrage weiter, Alicia von Rittberg nimmt für das E-Casting eine Szene mit dem Handy auf, fliegt nach London, trifft den Regisseur. Zwei Wochen später hat sie die Rolle.

Es kommt nicht nur auf Schönheit an

Klingt nach einem Spaziergang, ist es aber nicht: "Schauspieler müssen zunächst einmal in ihrem Heimatland Karriere machen, erst dann werden sie auch im Ausland interessant", sagt Cornelia von Braun, eine der bekanntesten Casting-Direktorinnen Deutschlands. Die Münchnerin besetzt regelmäßig internationale Koproduktionen und weiß, worauf es ankommt. Gerade bei solchen Projekten wollen alle möglichen Leute mitentscheiden; die Verleiher zum Beispiel, die schon an die Vermarktungschancen der Filme denken. Da sei ein etabliertes Gesicht einfach besser als ein unbekanntes. Hinzu kommt: "Fremdsprachenkenntnisse sind das A und O", sagt Braun. "Selbst wenn die Darsteller in ihrer Landessprache spielen dürfen, müssen sie ja mit dem Regisseur und dem Team kommunizieren können."

Alicia von Rittberg spricht auch in der Originalversion von "Herz aus Stahl" Deutsch, ihre Sätze werden im Original in Untertiteln angezeigt. Die synchronisierte Fassung läuft am 1. Januar in den deutschen Kinos an. Mittlerweile hat sie aber auch schon auf Englisch gedreht: Diesen Sommer war sie wieder in England, an der Seite von Ewan McGregor stand sie in der Verfilmung des Romans "Verräter wie wir" von John le Carré vor der Kamera. "In diesem Film spiele ich eine kleine Russin, eine Oligarchen-Tochter, auf Englisch mit russischem Akzent", sagt sie. Wahnsinnig aufregend sei das gewesen, natürlich. Aber nicht nur wegen der sprachlichen Herausforderungen: "Während der Dreharbeiten war gleichzeitig auch meine Prüfungsphase an der Uni", erzählt sie. "Ich habe meine Prüfungen mit Notar im Hotelzimmer geschrieben."

Vielleicht ist gerade das ihr Erfolgsgeheimnis: Sie ist nicht zwingend auf das nächste Rollenangebot angewiesen, das macht sie unverkrampfter, was ein entscheidender Vorteil beim Vorsprechen sein kann. Ihr Studium beenden wird Alicia von Rittberg vermutlich im Jahr 2017, bis dahin will sie zweigleisig fahren. Eine Wahnsinnsherausforderung.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: