Scharfe Kritik an MVV-Tarifen:"Labyrinth an Ticketangeboten"

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Zu kompliziert, zu unübersichtlich, zu unflexibel - so urteilt der Verkehrsclub Deutschland in einer Studie über die Tarife im Münchner Nahverkehr. Er fordert nun, dass der MVV sein "Labyrinth an Ticketangeboten" entwirrt.

Marco Völklein

Zu kompliziert, zu unübersichtlich, zu unflexibel - so urteilt der Verkehrsclub Deutschland (VCD) in einer Studie über die Tarife im Münchner Nahverkehr. Sie liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Vor allem bei der Vielzahl der verschiedenen Tarife und insbesondere bei den Regelungen für Monats- und Wochenkarten sehen die VCD-Experten Verbesserungsbedarf.

Bei der Forderung nach mehr Flexibilität für die Vielfahrer-Tickets zeigt sich der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) kompromissbereit: Geschäftsführer Alexander Freitag lässt bereits prüfen, ob sich das starre Münchner Modell flexibler gestalten lässt.

Konkret stört sich der ökologisch orientierte Verkehrsclub daran, dass die zumeist von Pendlern genutzten Wochen- und Monatskarten im MVV jeweils vom ersten Tag eines Monats an oder bei Wochenkarten jeweils von Montag bis einschließlich Sonntag gelten. "Das gibt es in kaum einem anderen Tarifsystem", sagt Wolfram Liebscher, der die Münchner Tarife in der Studie mit denen in Berlin, Nürnberg und Vorarlberg vergleicht.

Wer etwa in Berlin am Mittwoch beschließt, eine Wochenkarte zu lösen, kann diese bis zum folgenden Mittwoch nutzen; beim MVV endet die Gültigkeit bereits in der Nacht von Sonntag auf Montag. Mit einer Regelung wie in Berlin ließen sich viele Autofahrer zum Umstieg auf Bus und Bahn bewegen, glaubt Liebscher: "Wenn ich am Dienstag im Stau stehe und die Nase voll habe, greife ich dann am Mittwoch eher zu einer Wochenkarte und probiere es einfach mal aus."

Diesem Argument will sich der MVV nicht verschließen. Man habe "unabhängig von der VCD-Forderung" bereits eine Marktforschungsfirma mit einer Studie dazu beauftragt. Diese soll "die wirtschaftlichen Effekte einer solchen Flexibilisierung eruieren" - also unter anderem der Frage nachgehen, ob sich die damit verbundenen Einnahmeausfälle für die Verkehrsbetriebe ausgleichen lassen, weil man zusätzliche Fahrgäste gewinnt. Sobald die Ergebnisse vorlägen, "wird eine Entscheidung getroffen", erklärte eine MVV-Sprecherin.Selbst das Personal in Zügen und an Schaltern ist überfordert

Aus Sicht des VCD sollten die MVV-Manager dies dann auch gleich nutzen, um ihr "Labyrinth an Ticketangeboten" zu entwirren, so Liebscher. Kaum ein Kunde könne auf Anhieb die Vor- und Nachteile von "City-Tour-Card", "Airport-City-Day-Ticket", "BOB-MVV-Ticket" und "Thermenwelt-Ticket" erkennen oder gar auseinanderhalten. Selbst das Personal in Zügen und an Schaltern sei damit überfordert.

In München herrsche ein wirres Durcheinander von Zonen, Räumen und Ringen, die zur Preisberechnung der verschiedenen Ticketarten herangezogen würden, kritisiert Liebscher. Im österreichischen Vorarlberg dagegen orientierten sich die Preise für sämtliche Tickets an nur zwei Parametern - übersichtlich und auch für Ortsfremde zu verstehen. Zudem gebe es für Senioren, Schüler und Studenten einen einheitlichen Rabatt von 30 Prozent. Im MVV-Tarifgefüge variierten die Nachlässe für Monats- und Wochenkarten je nach Anzahl der Ringe und Art der Kundengruppe zwischen fünf und 45 Prozent, hat Liebscher errechnet.

Der MVV hält dagegen, ein System mit 633 Millionen Fahrgästen im Jahr und einem komplexen Streckennetz erfordere "ein differenziertes und zielgruppenorientiertes Ticketangebot". Zudem verweisen die Verantwortlichen auf den "Ticket-Navigator", der Kunden auf der MVV-Internetseite Schritt für Schritt zu dem für sie geeigneten Fahrschein leite. Auf dieses Vorgehen wolle man künftig verstärkt setzen. Zugleich räumen die Verantwortlichen aber auch ein, "Kommunikation und Darstellung des Tarifsystems seien sicherlich noch optimierbar".

© SZ vom 07.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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