Schädlinge:Wälle im Wald

Wegeblockaden im Truderinger Wald

Für die einen stellen die Ast-Haufen, hier nahe dem Bleßhuhnweg, Blockaden dar, für die anderen ist das Häcksel-Material nur logistisch sinnvoll bereitgestellt.

(Foto: Privat)

Mannshohe Haufen blockieren Wege zwischen Trudering und Haar - Experten machen die Borkenkäfer-Plage verantwortlich

Von Renate Winkler-Schlang, Trudering

Wird Spaziergängern systematisch der Zugang zum Truderinger Wald verwehrt? Die Truderingerin Daniela Reich-Erkelenz, die jeden Tag mit ihrem Hund im Forst zwischen Trudering, Haar, Keferloh und Solalinden unterwegs ist, fühlt sich behindert, ja regelrecht ausgesperrt von den Wegen, die sie früher immer gegangen ist. Mannshohe Haufen aus Ästen blockieren die Zugänge. Sie weiß, dass die schweren Harvester, mit denen Holz geerntet wird, Rückegassen brauchen, und dass die Waldarbeiter dort Kronholz auslegen, damit das schwere Gerät den Boden nicht so sehr verdichtet. Doch was sie beobachte, habe mit solchen Schutzmaßnahmen nichts zu tun, sagt sie. Sie spreche für viele, die sie auf ihren Touren trifft. Teilweise habe es auch Verbotsschilder gegeben für Jogger, Reiter, Hunde, die aber wieder verschwunden seien, weil wohl doch zu massiv. Schließlich gelte, so die Bürgerin, das "Jedermannsrecht", es sei sogar in der bayerischen Verfassung verankert.

Der Truderinger Wald sei wie ein Flickerlteppich mit vielen Eigentümern, erklärt zunächst einmal der stellvertretende Leiter der städtischen Forstverwaltung, Wolfgang Metz: Der Stadt selbst gehörten einige Streifen, doch auch die katholische und die evangelische Kirche, die Wilhelm-von-Fincksche Agrargesellschaft und einige frühere Bauern haben Waldflächen, so kämen theoretisch einige in Frage für dieses vermeintliche Aussperren. Nur - so einfach sei die Sache nicht. Zwar garantiere nicht die bayerische Verfassung, wohl aber das bayerische Naturschutzgesetz, dass jeder das Recht habe auf Naturgenuss. Das aber beinhalte nur das Recht, sich auf den gekiesten breiten Waldwegen aufzuhalten oder auch einfach reinzugehen zwischen die Bäume: "Damit muss der Waldbesitzer leben." Dass ein Weg, der sich im Lauf der Zeit gebildet hat, weil viele eine Strecke gehen, "auf ewig bleibt", gehöre aber nicht zu diesem Recht. Entlang solcher schmaler Pfade habe ein Eigentümer im Übrigen auch keine Verkehrssicherungspflicht.

Es stimme schon, dass manchen Waldeigentümer "übermäßiger Hundebesuch" nicht gerade erfreue, dennoch glaubt Metz nicht, dass die unüberwindbaren Haufen Schutzwälle gegenüber Spaziergängern und Hunden seien: Es herrsche nun mal Borkenkäferzeit, da sei eine Menge Waldarbeit nötig. Es falle entsprechend viel Material an, das gut zugänglich bereitgelegt werde, um es später klein zu häckseln.

Ins selbe Horn stößt Michael Matuschek von der Aufsichtsbehörde, dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Ebersberg. Momentan herrsche allenthalben große Empörung, so seine Erfahrung. Das liege aber daran, dass auch die Waldspaziergänger der Natur offenbar ein Stück weit entwöhnt seien und nicht mehr wüssten, was zukunftsweisende Waldpflege ausmache. Im Moment drohe die dritte Generation von Borkenkäfern in diesem Sommer. Man müsse wissen, dass ein Borkenkäferpaar bis zu 100 000 Nachfahren haben könne, denen leicht 100 Bäume zum Opfer fallen könnten, wenn die Waldarbeiter nicht verantwortungsvoll reagierten: "Das ist ziemlich dramatisch." Ziel sei langfristig ein Umbau des Fichten- zum Mischwald. Die jungen Bäume, die in der Münchner Schotterebene nur eine dünne fruchtbare Schicht vorfinden, brauchten Nahrung: Daher sei es gut, wenn das geschnittene Material im Wald verbleibe. Im übrigen bedeute Naturschutz auch, die Besucher klug zu lenken, räumt er ein.

Seiner Erfahrung nach würden derzeit im Truderinger Wald alle Arbeiten "wirklich ganz vorbildlich" erledigt, die Eigentümer investierten viel in den Wald und damit auch den Natur- und Klimaschutz für alle, sagt Matuschek: "Hut ab." An die Bürger könne man nur appellieren: "Mehr Nachsicht bitte." Leider aber erlebe er, dass die Toleranz der Spaziergänger, Jogger und Radler immer geringer werde. Oft würden auch wichtige Zäune entfernt, die junge Bäume vor Verbiss schützten sollen, beklagt der Experte.

Für Daniela Reich-Erkelenz sprechen die hohen Haufen vor den Wegen nach wie vor eine andere Sprache: "So reden die sich raus", ist ihre Reaktion. Sie glaubt, dass sie wirklich unerwünscht ist im Truderinger Wald.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: