Schadenersatz nach Betrug:Die Tricks des netten Finanzberaters

Immer wieder drängt ein Finanzberater ein Ehepaar, Versicherungen zu kündigen und neue abzuschließen - um eine gute Provision einzustreichen. Zwar ist der Mann wegen Betrugs verurteilt. Doch das bedeutet nicht, dass die Versicherten ihr Geld wiederbekommen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Deutschland war für Fikret A. immer ein Land, in dem alles korrekt zugeht. Der Türke und seine Frau schätzen das sehr: Bausparverträge und Lebensversicherungen waren für sie der Inbegriff von Stabilität und Seriosität. Die Betonung liegt auf "waren". Denn ausgerechnet mit stockkonservativen Anlagen bei den Traditionsunternehmen Wüstenrot und Württembergische Lebensversicherung sind die Münchner baden gegangen. Ihr langjähriger Kundenberater hat sie übers Ohr gehauen. Mit freiwilliger Hilfe von dem Finanzkonzern, zu dem sich die beiden Häuser zusammengeschlossen haben, dürfen die Münchner nun aber nicht rechnen.

Zwar musste der Täter wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs in 116 Fällen dreieinhalb Jahre im Gefängnis absitzen. Ihr Geld bekommen die Eheleute A. dadurch aber nicht wieder. Der kriminelle Außendienstler ist bankrott. Deshalb haben sie nun die beiden Institute verklagt und machen einen Schaden von mehr als 60 000 Euro geltend.

In die eigene Tasche gewirtschaftet

Zwischen 1994 und 2009 hatten die Eheleute diverse Bausparverträge und Lebensversicherungen abgeschlossen. Sie wären nie auf die Idee gekommen, dass der nette Kundenberater, der sie regelmäßig zu Hause besuchte, nur auf den eigenen Profit gierte. Sie schenkten ihm Vertrauen. Die Masche des Wüstenrot-Beraters: Immer wieder drängte er seine Kunden, alte Bausparverträge zu kündigen und neue mit etwas höheren Summen abzuschließen. Das sei auf Wunsch der Bausparkasse erforderlich, schwindelte er dem Paar vor. Dass dies für sie mit finanziellen Einbußen verbunden war, während er jedes Mal satte Provisionen kassierte, ahnten die gutgläubigen Eheleute nicht.

Auch bei den Lebensversicherungen spielte der Berater auf ähnliche Weise falsch. Auf seinen Rat hin kündigten die Eheleute Verträge immer wieder vorzeitig. Auch hier spiegelte der Außendienstler ihnen vor, dass die Änderungen auf Wunsch der Lebensversicherung nötig seien. Und zur Beruhigung versicherte er immer wieder, dass das angesparte Geld trotz der Vertragsänderungen erhalten bleibe: "Es geht kein Cent verloren", schwor er. Dass bei der vorzeitigen Auflösung der Versicherungsverträge Rückkaufswerte zurückgezahlt werden, die wesentlich niedriger sind als die einbezahlten Beträge, erwähnte er nicht.

Einen Kompromiss gibt es nicht

Dafür sollen nun auch die Firmen einstehen. "Die Beklagten haben ihre Aufsichtspflicht in jeder Hinsicht grob fahrlässig verletzt", sagt Rechtsanwalt Wilfried Sydow. "Als Versicherungsunternehmen und Bausparkasse haben sie die Pflicht, ihre Außendienstmitarbeiter, die ein hohes Vertrauen bei den Kunden genießen, ordnungsgemäß zu beaufsichtigen." Wüstenrot und Württemberger weisen das zurück - vor allem auch den Vorwurf, dass der ehemalige Kundenberater nur ein Scheinselbstständiger gewesen sei. Außerdem treffe die Münchner eine Mitschuld: Dass die vorzeitige Kündigung von Lebensversicherungen zu ungünstigeren Rückkaufswerten führe, wisse man doch.

Allerdings boten sie dem Paar an, die Lebensversicherungen zu den alten Bedingungen wieder einzusetzen. Der Vorschlag der Richterin am Landgericht München, sich auf einem Kompromiss zu einigen, scheiterte an beiden Seiten. Da der ebenfalls verklagte Ex-Berater nicht vor Gericht erschienen war, wird die Klage gegen ihn abgetrennt und im Dezember verhandelt. Über die Klage gegen die Unternehmen wird im September entschieden.

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