Saskia Diez:Die mit den Perlenohrringen

Mit Schere, Stein, Papier: Saskia Diez, Schmuckdesignerin aus dem Glockenbachviertel, erobert internationale Laufstege. Ein Portrait.

Stephanie Höll

Es war die Chance ihres Lebens: Ein Badezimmer, darin ein Waschbecken, dessen Rand drei bronzene Armbänder zierten. Als Saskia Diez 2006 auf der Möbelmesse in Köln die Installation "Ideal House" ihres Mannes Stefan Diez, dem Shootingstar des deutschen Designs, mit ihren Schmuckstücken dekorierte, ahnte sie nicht, welche Kettenreaktion sie damit auslösen würde. Ein Kunde aus New York entdeckte die Einzelstücke und bestellte eine größere Menge der bis dato nur als Prototypen existierenden Armbänder. Die überraschte Saskia Diez ließ die Einzelstücke erstmals in Serie nachproduzieren - ihre erste Kollektion war geboren. Heute, drei Jahre später, betreibt sie ihr eigenes kleines Label - mit Erfolg.

Saskia Diez: Saskia Diez steht in ihrem Showroom im Münchner Glockenbachviertel. Das edle Eckmöbel hat sie zusammen mit ihrem Mann Stefan Diez entworfen. Darin befinden sich alle neun Kollektionen ihres Labels.

Saskia Diez steht in ihrem Showroom im Münchner Glockenbachviertel. Das edle Eckmöbel hat sie zusammen mit ihrem Mann Stefan Diez entworfen. Darin befinden sich alle neun Kollektionen ihres Labels.

(Foto: Foto: Annette Kulp)

Frei von saisonalen Modeerscheinungen

Die 32-Jährige entwirft Schmuckstücke, die sich durch ihre einfache Form auszeichnen. Sie sollen nicht modisch, aber dafür zeitlos elegant sein: "Meine Stücke sollen nicht an saisonale Modeerscheinungen gebunden sein sondern ihre Trägerin länger begleiten", erklärt die Designerin und deutet auf eine von 60 Schubladen des massiven braunen Holzmöbels, das in ihrem Showroom im Münchner Glockenbackviertel steht. Darin sind bunte, glänzende Ketten, Armbänder und Ohrringe aus Holzperlen in verschiedenen Größen drapiert: Ihre neue Kollektion, die sie in diesem Frühjahr unter dem Namen "Wood" auf den Fashion-Weeks in Berlin und Paris vorgestellt hat.

Die mehrfach polierten und in verschiedenen Farben lackierten Perlen erinnern, je nach Lackierung, an knallbunte Kaugummis. Von billigen Modeschmuck-Materialien wie falschen Edelsteinen oder unechtem Gold möchte Diez aber nichts wissen. Die Künstlerin legt großen Wert auf die Authenthizität ihrer Materialien - und das unabhängig davon, ob sie teuer sind oder nicht. Dazu gehört Holz genauso wie Glas, Gold, Onyx - und echtes Mammut-Elfenbein. "Es geht bei meinen Schmuckstücken nicht darum, zu zeigen, wieviel Geld man hat, indem man einen teuren Diamanten trägt." Im besten Fall soll man damit einfach nur gut aussehen, erläutert die Designerin den Anspruch an ihre Arbeit.

Blitzkarriere dank Bronzeguss Saskia Diez absolvierte eine Ausbildung zur Goldschmiedin und studierte anschließend Industrie-Design an der Fachhochschule in München. Dann folgten Designer-Tätigkeiten bei renommierten Namen wie Rosenthal, Christian Haas und Konstantin Grcic. Noch während des Studiums nahm sie 2005 bei einem Design-Wettbewerb von Volvo zum Thema "Frauen und Sport" teil. Hierfür produzierte sie Armbänder aus einer schweren Bleilegierung. "Die waren als Schmuck gedacht, der gleichzeitig einen Trainingseffekt haben sollte." Volvo gefiel die Idee, der Konzern schickte die Stücke auf eine Wanderausstellung, weshalb sie kurz vor der Abschlussausstellung ihres Studium nichts mehr hatte, was sie ausstellen konnte. Daher ließ sie die Werke kurzfristig in Bronze nachgießen. "Die etwas kleineren Bronzeteile haben sich mehr in Richtung tragbarer Schmuck entwickelt - und sie sind schön gewesen."

So schön, dass sie mit diesen Prototypen auf der Möbelmesse in Köln 2006 entdeckt wurde und daraus ihre erste Kollektion "Diamonds" produzierte. Der Clou an den "Diamonds"-Armbändern liegt in der Zweckentfremdung des normalwerweise für Edelsteine verwendeten Schliffs: Diamant-, Smaragd- und Saphirschliff, in Bronze oder Glas gegossen und mit Gold oder Silber überzogen. "Ich mache das jetzt seit 2006 und es war als Label gar nicht geplant. Ich dachte, ich werde jetzt ganz normal Industriedesignerin und habe halt mal so einen Schmuck gemacht. Aber dann hat es mit der Zeit immer mehr zugenommen", erklärt Diez ihren unerwarteten Karriereverlauf. Zwischen 50 und 300 Euro kosten ihre Stücke, die man entweder direkt im Laden oder in einem ihrer Online-Shops beziehen kann.

Lesen Sie weiter auf Seite zwei: Wo Saskia Diez an ihrem Schmuck bastelt.

Die mit den Perlenohrringen

Insgesamt neun Kollektionen hat Saskia Diez bisher entworfen. "Anfangs habe ich den Shops meine Sachen per E-Mail oder Telefon angeboten." Inzwischen verkaufen sich hre Werke in über 35 Designer-Stores in Berlin, Paris, London, New York und Tokio: "Ich scheine eine Nische getroffen zu haben, für die es auf dem Markt bisher noch nichts Vergleichbares gab", erklärt sich Saskia Diez ihren zunehmenden Erfolg. Auf dem Markt gebe es entweder den technisch orientierten Designer-Schmuck, eine eher verspielte mädchenhaften Sparte oder die klassische Richtung, die man vom Juwelier kennt. "All diejenigen, die nicht so richtig in diese drei Schubladen passen, scheine ich zu bedienen", sagt die Mutter zweier Kinder. "Mein Schmuck hat wohl den richtigen Grad an Ernsthaftigkeit, Verspieltheit und Reduziertheit".

Saskia Diez: Im Nebenraum des Showrooms befindet sich das Atelier mit einer Werkbank. Hier fertigt sie ihre Modelle an. Selbst gemalte Bilder ihrer beiden Kinder zieren die Wand.

Im Nebenraum des Showrooms befindet sich das Atelier mit einer Werkbank. Hier fertigt sie ihre Modelle an. Selbst gemalte Bilder ihrer beiden Kinder zieren die Wand.

(Foto: Foto: Annette Kulp)

Mehr Kreativität dank Outsourcing

Auf eine bestimmte Klientel ist die Designerin nicht festgelegt, ihr Kundenkreis erstreckt sich von jung bis alt und durch alle Gesellschaftsschichten: "Die älteste Kundin war über siebzig", erinnert sich Saskia Diez. An den Wänden ihres Showrooms hängen vergößerte Bilder ihrer aktuellen Kollektion. Die geöffneten Schubladen des Eckmöbels, das sie zusammen mit ihrem Mann entworfen hat, geben den Blick auf ihr dreijähriges Schaffen frei. Diez geht in den Nebenraum, wo sie sich ein kleines Atelier eingerichtet hat. Die beiden Tische, eine Werkbank und ein antiker Schreibtisch, nutzt sie je nachdem, was gerade zu tun ist. An der Werkbank bastelt sie ihre Modelle, den Schreibtisch hat sie für administrative Tätigkeiten aufgestellt.

Die Designerin entwirft ihre Kollektionen nicht nur, sie vertreibt und vermarktet sie auch. Um größere Stückzahlen anfertigen zu können, hat sie die Produktion ihres Schmuckes an externe Goldschmieden, Gießereien und Steinschleifer ausgelagert. So kann sie sich voll auf das konzentrieren, was ihr wirklich Spaß macht - das Austüfteln neuer Kollektionen mithilfe von Schere, Papier, Draht und Faden. "Mir macht es Spaß, zu überlegen, wie bereits bestehende Mechanismen anders eingesetzt werden können. Meine Stücke sehen zwar nicht so verspielt aus, aber ich mag einen spielerischen Aspekt beim Entwerfen und Tragen sehr gerne." So lassen sich beispielsweise die Armbänder und Ketten der Kollektion "Fine" durch gegengleiche Verschlüsse beliebig miteinander verbinden, dadurch können längere Kombinationen entstehen. Die dünnen Armbänder der "Boule"-Kollektion müssen einmal um das Handgelenk geschlungen werden, um sie an einer Perle zuzuknöpfen, die Verschluss und Schmuck in einem ist.

Hier geht's zur Website von Saskia Diez.

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