Sanierungsstau:Die Kosten für die Sanierung der Münchner Museen explodieren

Bayerisches Nationalmuseum in München, 2013

Seit 15 Jahren wird das Bayerische Nationalmuseum erneuert und saniert.

(Foto: Veronica Laber)

Marode Museen in München, wohin man schaut. Doch sie zu sanieren, ist ein ziemlich zähes Geschäft - was diese sechs Beispiele zeigen.

Von Susanne Hermanski

Die Lage ist unfreiwillig komisch. Beim Klick auf den Ordner "Generalsanierung" der Homepage des Stadtmuseums öffnet sich ein Zeitstrahl. Auf dem radelt man mit seiner Maus einen Kilometer nach unten, bis endlich dessen Anfang auftaucht. Er liegt im vergangenen Jahrtausend, im März 1999. Da steht: "Das Münchner Stadtmuseum meldet beim Baureferat Bedarf zur Instandsetzung des Gsaengertraktes an."

Was folgt, sind Beschlüsse, Hearings, Machbarkeitsstudien, Präsentationen, Vergabeverfahren, und dann, 2015 unter der Überschrift "Das Münchner Stadtmuseum wird zukunftsfähig", ein Auftrag an ein Architekturbüro. Schließlich kommt der bislang letzte Punkt auf der trägen T-Achse in Sicht, der sagt: "2015 bis 2017 - Phase der Vorplanung", und dass diese Phase mindestens noch bis ins Frühjahr 2018 dauern wird.

Wer die Freude hat, den nächsten Frühling noch zu erleben, wird sich vielleicht fragen, wie "zukunftsfähig" etwas geraten kann, das derart langwierige Prozesse auf dem Buckel hat. Noch deprimierender erscheint die Zusammenschau all der Immer-noch-nicht- und Immer-noch-Baustellen, die sich in der kulturellen Landschaft Münchens auftun, allen voran der Gasteig, der umziehen muss mit Philharmonie, Stadtbibliothek und Co, aber nicht weiß wohin. Eine Liste der Museen, die betroffen sind, lässt das Ausmaß der Sanierungsmalaise ahnen.

Deutsches Museum

Der dickste Brocken unter den sanierungsbedürftigen Häusern ist das Deutsche Museum. Die Arbeiten haben zwar begonnen, was aber von den bewilligten 455 Millionen Euro wirklich bezahlt werden kann, ist unklar - jedenfalls nicht die Renovierung des kompletten Gebäudekomplexes, der sich über eine gesamte Insel in der Isar erstreckt. Ein Grund: die Preise in der Baubranche explodieren, die Auftragsbücher sind voll, die Konkurrenten alle auch verplant. Abgeschlossen sein sollte das Ganze 2025, rechtzeitig zur 100-Jahr-Feier des in der Fläche gesehen größten Wissenschafts- und Technikmuseums der Welt. Dass der Zeitplan eingehalten werden kann, scheint jetzt schon unrealistisch.

Pinakotheken

Zwar wird der schöne Klenzebau der Alten Pinakothek im Juli 2018 nach viereinhalb Jahren wohl wieder ohne Einschränkungen zugänglich sein - dann harrt aber dringend die jüngere Nachbarin vis-à-vis, die Neue Pinakothek, ihrer Renovierung. Kürzlich haben die Brandschützer den Betrieb für die Öffentlichkeit noch einmal bis Ende 2018 verlängert. Auf größere Ausstellungen, die als Publikumsmagneten wirken könnten, muss man dort aber schon seit geraumer Zeit verzichten - denn mehr Menschen verträgt das Konzept des geduldeten Missstandes in dem Gebäude nicht. Zudem ist etwas tückisch an diesem Sanierungsprojekt: In der Neuen Pinakothek ist nicht nur die sichtbare Kunst untergebracht. Auch die gesamte Verwaltung der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, die Archive, die Restauratoren samt dem wissenschaftlich arbeitenden Doerner-Institut müssen ausgelagert werden, sobald die Arbeiten erst einmal beginnen. Die Kosten für die Renovierung des knapp 40 Jahre alten Bauwerks wurden auf 80 Millionen Euro beziffert - vor vier Jahren.

Haus der Kunst

Seit 20 Jahren ist klar, dass die Technik und vor allem das Dach dringend saniert werden müssen. Seither wurde sehr erfolgreich geflickschustert von einem leiderprobtem Team. Seit einem Jahr liegt ein Konzept des britischen Architekten David Chipperfield vor, wie der NS-Bau erneuert werden könnte: Für "Renovate/Innovate", so heißt das Konzept, veranschlagt Kultusminister Ludwig Spaenle mittlerweile 150 Millionen Euro, "da sind 40 Millionen Risikopuffer eingeschlossen", erklärte er dem Kultusausschuss im Landtag.

Archäologische Staatssammlung

Zu den Museen, die bereits komplett geschlossen sind und in denen heftig gearbeitet wird, gehört die Archäologische Staatssammlung. Die Arbeiten haben auch die Erweiterung des Hauses am Englischen Garten zum Ziel, die Wiedereröffnung ist auf 2021 terminiert. Schon als man im Juni 2016 begonnen hat, stand fest, die bis dato veranschlagten 20 Millionen Euro werden am Ende nicht reichen. "Die Kostenschätzung ist schon sehr alt", sagte Rupert Gebhard, der Direktor als Erklärung.

Bayerisches Nationalmuseum

Es wäre übertrieben zu sagen, das Bayerische Nationalmuseum würde im Sommer 2018 "fertig". Aber es wird dann doch eine doppelte Zäsur erleben nach seinen 15 Jahre währenden Sanierungs- und Erneuerungsmaßnahmen: Zum einen werden die restlichen Säle im Westflügel des palastartigen Baus von Gabriel von Seidl wieder komplett eingerichtet sein. Zum anderen ist dann der Zeitpunkt gekommen, zu dem Renate Eikelmann in den Ruhestand gehen kann. Sie leitet das Haus seit 1999 als dessen Direktorin und hat den gesamten Renovierungsprozess angestoßen und begleitet. Wer ihr nachfolgen soll, ist unterdessen immer noch nicht offiziell bekannt. Ebenfalls ungeklärt ist die Nachfolge des Museums Fünf Kontinente, dessen Direktorin Christine Kron im Februar gestorben ist. Einzig gute Kunde: Das Haus wurde schon 2011 energetisch saniert, da hieß es noch Völkerkundemuseum.

Diözesanmuseum

Knall auf Fall geschlossen werden musste bereits am 6. Juli 2013 das Diözesanmuseum des Erzbistums München und Freising. Dort gab es brandschutzrechtliche Probleme. Die Sanierung wird sich auf unbestimmte Zeit hinziehen. Denn mittlerweile streitet sich die Stadt Freising erbittert mit der Katholischen Kirche über den Abriss eines Sanitärturms, der nachträglich am Bau angebracht worden war, in dem sich das Museum befindet. Dabei hatten das Landesamt für Denkmalpflege und der Landtag den Abriss bereits genehmigt.

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