Sanierungsbedürftige Märkte:Bürger fürchten ums Flair der Standl

Sanierungsbedürftige Märkte: Der Pasinger Viktualienmarkt mit seinem "Brunnenbuberl".

Der Pasinger Viktualienmarkt mit seinem "Brunnenbuberl".

(Foto: Hess)
  • Die Stadt will zwischen Pfingst- und Sommerferien Workshops zur Sanierung der ständigen Märkte in Schwabing, Haidhausen und Pasing abhalten. Anwohner dürfen dann mitreden, wie sie sich die Neugestaltung vorstellen.
  • Das Problem: Die Märkte erfüllen Anforderungen von Hygiene-, Brandschutz- sowie Arbeits- und Gesundheitsschutzvorschriften nicht mehr.
  • Viele Bürger befürchten, dass die Plätze ihre besondere Atmosphäre verlieren könnten.

Von Stefan Mühleisen

Die Märkte am Elisabeth- und Wiener Platz und der Pasinger Viktualienmarkt sind die drei kleinen Schwestern des Viktualienmarkts in der Altstadt. Sie mögen der Bevölkerung nicht so am Herzen liegen und nicht so berühmt sein, doch sie brauchen ebenso dringend eine Schönheitskur wie ihre große Schwester im Zentrum. Das Kommunalreferat arbeitet seit zwei Jahren an einer Machbarkeitsstudie für die Münchner Lebensmittelmärkte.

Und an der sollen auch die Bürger mitwirken: Zwischen Pfingst- und Sommerferien will die Behörde mit den Bezirksausschüssen öffentliche Workshops ausrichten. Die Anwohner sollen dabei ihre Anregungen einbringen dürfen, kündigt Kommunalreferent Axel Marquardt an. Und mit Blick auf Befürchtungen in der Bürgerschaft versichert er: "Wir wollen keine neuen Märkte erfinden, sondern deren Charakteristik und Flair erhalten."

Kein Platz, kein Brandschutz, keine Toiletten

Alle vier Märkte sind Teil der Markthallen München, einem städtischen Eigenbetrieb. Bereits vor gut vier Jahren hat der TÜV Rheinland erheblichen Sanierungsbedarf an den Münchner Lebensmittelmärkten festgestellt. Die alten Budendörfer erfüllen nicht mehr die Anforderungen von Hygiene-, Brandschutz- sowie Arbeits- und Gesundheitsschutzvorschriften. Besonders problematisch sei die Situation bei den Fleischhändlern, heißt es in dem Gutachten.

Zudem ist die Technik in den Verkaufsständen veraltet. Weiter gilt die Enge zwischen den Hütten als äußerst kritisch: Markisen und Folienabdeckungen um die Auslagen im Freien verstoßen gegen Bauvorschriften - wobei die Händler keine Schuld trifft. Sie können wegen der Raumnot die Vorgaben gar nicht erfüllen. Dazu kommt noch, dass es an allen Märkten keine Toiletten für die Marktleute gibt, es fehlt an adäquaten Lagermöglichkeiten sowie an Platz für die Anlieferer.

Werden aus gemütlichen Budendörfern EU-konforme Einheitsmärkte?

Der Aufschrei war groß, vor allem beim Viktualienmarkt. Ein fataler Eingriff in das Herz Münchens wurde befürchtet, der das historisch Standl-Ensemble in einen glattgebügelten, EU-konformen Einheitsmarkt verwandelt. Wie drastisch der Eingriff wird, bleibt weiter unklar. An dem Plan zur Sanierung des Viktualienmarkts will das Kommunalreferat noch bis nächstes Jahr feilen, heißt es aus der Behörde.

Doch für die drei kleinen Märkte stehen die sogenannten Nutzungskonzepte vor dem Abschluss. Diese bilden die Grundlage für die Machbarkeitsstudie. Verschiedene Varianten für die drei Märkte sollen schon bald mit den Anwohnern diskutiert werden. Erst danach würden baurechtliche Fragen geklärt.

Die fertige Machbarkeitsstudie soll Anfang 2016 dem Stadtrat vorgelegt werden. Die Behörde will bisher nur verraten, dass die Sanierungen so behutsam wie möglich ablaufen sollen. "Der Erlebniswert der Märkte soll soweit es irgend geht erhalten bleiben", versichert Referent Marquardt.

Was den Bewohnern der Stadtviertel wichtig ist

Unterdessen fürchten Bürger in Pasing, Schwabing und Haidhausen - ähnlich wie beim Viktualienmarkt -, dass mit dem Umbau auch der jeweils besondere Charme der Märkte verloren geht. Die Stadt weiß das genau. "Nahezu 90 Prozent der befragten Kunden, Anwohner und Touristen bezeichnen die Märkte als sehr wichtig und möchten die 'Originalität' beibehalten", heißt es in einer Stadtratsvorlage; auch den Markthändlern sei das wichtig.

Das Kommunalreferat hat daraufhin offenkundig verstanden, dass die Märkte-Modernisierung ein hochsensibles Thema ist. Die Marktleute seien von Anbeginn eng eingebunden gewesen, teilt ein Behördensprecher mit. Die Eckpunkte der Sanierungsprogramme sind nach seinen Worten aufgrund von Interviews mit den Händlern erarbeitet worden.

Wenn alte Märkte mit Neubauten verschmelzen

Karl Huczala, Sprecher der Händler am Elisabethmarkt, zeigt sich mit der Zusammenarbeit zufrieden. "Wir fühlen uns einbezogen in die Entscheidungen und sind guten Mutes, dass der Umbau nach unseren Vorstellungen umgesetzt wird." Doch nicht nur am Elisabethplatz fürchten die Händler Einbußen während des Umbaus. Das Marktgeschehen werde in jedem Fall beeinträchtigt, räumt ein Behördensprecher ein. Es werde aber eine "Minimierung der Realisierungszeiten angestrebt".

Als erstes könnten die Arbeiter am Pasinger Viktualienmarkt anrücken; dort bestehe der "dringendste Sanierungsbedarf", teilt das Kommunalreferat mit. Eine "abschließende Priorisierung" stehe jedoch noch nicht fest. Denn auch am Elisabethplatz drängt die Zeit: Hier muss die Sanierung mit einem angrenzenden Neubauprojekt der Stadtwerke München (SWM) koordiniert werden.

Das städtische Tochterunternehmen will auf dem Betriebsgelände an der Südseite des Platzes ein Quartier mit 170 Wohnungen hochziehen, der Realisierungswettbewerb soll nächstes Jahr starten, bestätigt ein SWM-Sprecher. Nach seinen Worten bestehe "prinzipiell die Möglichkeit", Lagerräume, Ladenflächen und Sanitäranlagen für den Markt in das Gebäude zu integrieren.

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