Sanierung:Genug durchgekaut

Lesezeit: 2 min

Anträge gegen eine Modernisierung des Elisabethmarktes scheitern bei der Bürgerversammlung, anders als in den vergangenen zwei Jahren

Von Ellen Draxel, Schwabing

Die Protestwelle gegen die Pläne der Stadt zur Modernisierung des Elisabethmarktes scheint abzuebben. Bei der Bürgerversammlung am Donnerstagabend in der mit rund 250 Besuchern gut gefüllten Kreuzkirche warben zwar erneut zwei Westschwabinger für den Erhalt ihrer liebgewonnenen Oase. Im vergangenen Jahr aber waren es noch elf gewesen. Und im Gegensatz zu 2016, als sämtliche Anträge der Abrissgegner befürwortet wurden, lehnte diesmal die Mehrheit der Stimmberechtigten die Forderungen der Antragsteller ab. Ruth Meros als bekennende "Liebhaberin des Elisabethmarktes" bat um Unterstützung für eine Machbarkeitsstudie zur Sanierung im Bestand und eine Offenlegung der Kosten für Abriss und Neubau. York Aries plädierte dafür, die bisherigen Beschlüsse sowohl zur Sanierung des Marktes als auch zur Neubebauung des Geländes der Stadtsparkasse auszusetzen und die Architektur für das gesamte Areal mindestens deutschlandweit neu auszuschreiben. Durchsetzen konnten sich beide nicht. Grundsätzlich gefragt werden und mitreden wollen die Schwabinger schon, das zeigt ein Votum mit 47 zu 43 Stimmen für eine Bürgerabstimmung. Die endgültige Entscheidung soll dann allerdings der Stadtrat treffen. Monatelang hatten die Pläne zum Elisabethmarkt und zur Bebauung des benachbarten ehemaligen Stadtwerke-Areals für hitzige Debatten im Viertel gesorgt. Zum Neubauprojekt der Stadtsparkasse wird es am Mittwoch, 8. November, um 18.30 Uhr eine Erörterungsveranstaltung im Hörsaal 2300 der Technischen Universität, Arcisstraße 21, geben.

Zur Lebensqualität zählt indes nicht nur das Ambiente im Quartier, entscheidend sind auch der eigene Wohnraum und das direkte Umfeld. Das westliche Schwabing ist der am dichtesten besiedelte Stadtbezirk Münchens - deshalb aber künftig jegliche Nachverdichtung zu unterbinden und keinerlei Gewerbeflächen mehr bereitzustellen, ein Vorschlag Ute Vollmanns, kann keine Lösung sein. Darin waren sich die Stimmberechtigten einig. Für genauso falsch halten sie es aber, Innenhöfe so dicht zuzupflastern, dass kein Freiraum mehr übrig bleibt. Die Mieter der Bauerstraße 10 und 12 haben daher ihre Rückendeckung: Dort sollen sämtliche Grün- und Freiflächen inklusive alter Bäume und einem Spielplatz zugunsten eines Neubaus verschwinden, als inzwischen vierte Nachverdichtung in der Gegend. Die Mieter gehen davon aus, dass Appartements im Hochpreissegment entstehen. "Ich beobachte mit Sorge den Wandel der Bevölkerung", sagt Larissa Maritschnegg. "Ich möchte nicht, dass auf unsere Kosten so teurer Wohnraum geschaffen wird." Der Bezirksausschuss hat die Bauvoranfrage des Investors bereits abgelehnt.

Dass Schallreflexionen zum Problem werden können, wissen einige Bewohner des Ackermannbogens nur zu gut. Isolde Müller-Hartmann wohnt im Zentrum der Siedlung und macht nachts kaum mehr ein Auge zu, weil der Bus vor ihrem Fenster vorbeifährt und das Motorgeräusch sich an den Häuserfluchten bricht. "Wir hören den Bus alle zehn Minuten in sehr, sehr lauter Weise." Ihre Bitte, die Endhaltestelle des Busses zwischen 22 und 6 Uhr an die Georg-Birk-Straße zu verlegen, unterstützte der Großteil im Saal. Christiane Feuser punktete mit ihrem Wunsch nach einer "zuverlässigeren" Anbindung durch Abkoppelung des Ackermannbogen-Busses von der langen Metro-Linie. Der Bus 59 fährt von Giesing bis in das Neubauquartier und ist zu den Hauptverkehrszeiten sehr anfällig für Störungen. "Wenn es zeitlich knapp wird, dreht er am Hohenzollernplatz, und der Ackermannbogen wird abgehängt", kritisiert Feuser. Die Münchner Verkehrsgesellschaft ist sich des Problems bewusst: Zum Fahrplanwechsel plant sie, wegen des Staus am Mittleren Ring ein zusätzliches Fahrzeug auf der Linie einzusetzen, dafür soll es auch eine zweite Haltestelle geben.

Befürwortet wurde außerdem der Einsatz von Elektrobussen im Viertel, eine Verkürzung der Ampelschaltung an der Elisabeth-Kohn-/Ackermannstraße von 40 auf 15 Sekunden, der Schutz des Helmut-Fischer-Platzes mittels Metallpfosten vor Parksündern, die Schließung der Durchfahrt an der Belgradstraße für Autos auf Höhe der Clemensstraße, um Schleichwegverkehr zu verhindern, sowie die Forderung, die Winzererstraße als Fahrradstraße auszuweisen. Der harmonischste Ansatz des Abends: die Bitte an das Baureferat Gartenbau, mehr Tischtennisplatten im Luitpoldpark aufzustellen.

© SZ vom 07.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: