Sanfter Druck aus Bayern:Große Erwartungen an Joseph Ratzinger

Mehr Kollegialität in der Kirche, mehr Nähe von Juden und Christen, mehr Rechte für Frauen, weniger Armut: Aus Bayern und der Landeshauptstadt dringen eine Menge Hoffnungen und Wünsche zum neuen Papst.

Vizepräsident Walter Bayerlein vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) rief den neuen Papst Benedikt XVI. auf, für mehr Kollegialität in der Kirche zu sorgen. Wörtlich erklärte Bayerlein: "Man kann eine so große Kirche nicht monokratisch von Rom aus regieren, das halte ich für völlig unmöglich.

Die Wahl Ratzingers stellt nach Einschätzung des Würzburger Bischofs Friedhelm Hofmann auch eine Wertschätzung der deutschen Kirche dar. Diese habe sich "trotz aller Fragen und Probleme weltweit glaubwürdig engagiert", erklärte Hofmann. Papst Benedikt XVI. stehe allerdings vor der sehr schweren Aufgabe, "das Schiff der Kirche durch die Stürme des 21. Jahrhunderts zu lenken".

Mehr Nähe von Juden und Christen

Die jüdische Gemeinschaft in München wünscht sich von dem neuen Papst Benedikt XVI. eine Betonung der Nähe von Juden und Christen. Dies sei bereits von Papst Johannes Paul II. begonnen worden, der die Juden die "älteren Brüder" der Christen genannt habe, erläuterte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch.

"Außerdem hoffe ich, dass der neue Papst uns alle überraschen und weniger konservativ agieren wird als heute vielleicht viele befürchten. Das wünsche ich vor allem den vielen Frauen, die einen Gewissenskonflikt ausfechten müssen."

Gewerkschaft: Kampf gegen die Armut

Der Vorsitzende des DGB Bayern, Fritz Schösser, erhofft von dem neuen Papst Benedikt XVI. einen Schwerpunkt in der Frage der Armut. Er habe in Joseph Ratzinger als Kardinal einen verlässlichen Gesprächspartner zu Fragen der Kirchen und der Arbeitswelt verloren und hoffe, im Papst einen neuen gefunden zu haben, erläuterte Schösser.

"Ich hoffe, dass er sich an diese Gespräche erinnert und die Frage der Verteilungsgerechtigkeit auf der Welt in den Mittelpunkt seiner Amtszeit stellt", sagte Schösser. "Die kirchliche Stimme muss bei der Bekämpfung der Armut stärker werden."

Erste Ansätze dazu habe Papst Benedikt XVI. in seiner Predigt im Gottesdienst vor dem Einzug der Kardinäle ins Konklave gezeigt.

Pilgerbüro profitiert

Wunschlos glücklich ist indes das Bayerische Pilgerbüro: Seit der Wahl des neuen Papstes sind die Anfragen von Pilgern für die Einführungsmesse am Sonntag rapide angestiegen.

Derzeit werde versucht, zusätzliche Busreisen zu organisieren, sagte eine Mitarbeiterin der Italien-Gruppe des Unternehmens in München. Schwer zu lösen sei allerdings das Problem, dass Rom komplett ausgebucht sei.

(sueddeutsche.de/ddp/dpa)

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