Sammlung Brandhorst:Hinter tausend Stäben liegt seine Welt

Ausrastende Künstler und weiße Wölkchen: Armin Zweite ist Direktor der Sammlung Brandhorst, deren Eröffnung mit Spannung erwartet wird.

Lisa Sonnabend

Das Bein, das aus der Wand ragt, macht Armin Zweite derzeit am meisten zu schaffen. Wie soll man es knapp über dem Boden befestigen, ohne die Lüftungsschächte zu beschädigen? Der 67-Jährige ist Direktor der Sammlung Brandhorst, deren Eröffnung im Mai von Kunstfreunden mit Spannung erwartet wird. Seine Aufgabe besteht derzeit vor allem darin, zu planen, wie die Werke der zeitgenössischen Künstler in dem Museum in der Maxvorstadt angeordnet werden.

Armin Zweite; Sammlung Brandhorst München

"Es ist nicht immer leicht, den richtigen Ton zu finden": Armin Zweite, Direktor der Sammlung Brandhorst, über den Umgang mit zeitgenössichen Künstlern.

(Foto: Foto: Heddergott)

Neben dem aus der Wand ragenden Bein des Künstlers Robert Gober gibt es weitere 700 Werke in der Sammlung von Udo Brandhorst und seiner vor wenigen Jahren verstorbenen Frau. In dem Museumsbau in der Theresienstraße werden die Arbeiten von Cy Twombly, Andy Warhol, Joseph Beuys, Damien Hirst, Gerhard Richter oder Bruce Nauman für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

Gemeinsam mit der Pinakothek der Moderne soll die Sammlung Brandhorst ein umfassendes Profil der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts aufzeigen. Dazu passt es, dass das Gebäude mit den tausenden bunten Stäben direkt an die Pinakothek angrenzt. "Hinter tausend Stäben seine Welt", so könnte man Rilkes Gedicht "Der Panther" also auf den neuen Direktor der Sammlung Brandhorst umdichten.

In München ist Zweite ein alter Bekannter. Von 1974 bis 1990 leitete er das Lenbachhaus. Als er anfing, war er mit 33 Jahren der jüngste Museumsdirektor des Landes. Er führte damals Künstler wie Andy Warhol durch das Museum, erklärte ihnen die Bilder und trank mit ihnen Kaffee. Gegen erheblichen Widerstand setzte Zweite den Ankauf von Beuys' "Zeige deine Wunde" durch. 1990 ging Zweite dann nach Düsseldorf und übernahm die Leitung der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen.

Mitte der Achtziger hatte Zweite zum ersten Mal mit Udo Brandhorst Kontakt, es ging um Beuys-Werke für das Lenbachhaus. Später saß Brandhorst in der Ankaufskommission der Sammlung NRW, die beiden verloren sich nicht aus den Augen. Die Rückkehr nach München kam dennoch für viele überraschend. Einige vermuteten, dass Zweite enttäuscht war, dass der zugesicherte Museumsausbau in Düsseldorf sich immer weiter verzögerte. Zweite betont allerdings energisch: "Der Anbau wird nun gebaut."

In Zweites Münchner Büro ist alles noch ein wenig provisorisch. Die frische Farbe kann man noch riechen, an den Wänden hängen keine Bilder, die Regale in Zweites Büro wurden erst vor wenigen Tagen aufgestellt. Sie sind aber bereits bis oben gefüllt mit Kunstbüchern und Französisch- und Englisch-Lexika.

"Ich freue mich, wieder in München zu sein", sagt Zweite. "Der blaue Himmel, die weißen Wölkchen, endlich kein Grau mehr!" Seit seiner Zeit im Lenbachhaus habe sich zudem in der Kunstszene viel getan. "Man muss nur hier rüber schauen", sagt Zweite und zeigt durch das große Fenster seines Büros auf die Pinakothek der Moderne.

Im Vergleich zu staatlichen Museen steht der Sammlung Brandhorst ein respektables Stiftungsvermögen zur Verfügung, sie kann schneller und flexibler einkaufen. Armin Zweite muss sich nur mit Brandhorst abstimmen. "Ich habe auch schon einen Wunschzettel wie Kinder vor Weihnachten", sagt Zweite lachend. Was draufsteht, verrät er allerdings nicht.

Erst einmal steht nun im Mai die Eröffnung an. "Die Uhr tickt, wir sind hier alle sehr aufgeregt", sagt Zweite. Das merkt man ihm allerdings kaum an. Mit seinem grauen Vollbart wirkt der 67-Jährige in sich ruhend, seine Augen blinzeln fröhlich. Nur seine gestikulierenden Hände lassen ein wenig auf die Anspannung schließen.

Die vielleicht schwierigste Aufgabe steht für Zweite noch an. Wenn alle Werke im Museum hängen, werden einige der Künstler vorbeikommen, um zu prüfen, ob ihnen die Anordnung gefällt. "Manche rasten dann aus und schmeißen Gegenstände um", sagt Zweite. "Es ist nicht immer leicht, den richtigen Ton zu finden." Dann beginnt die eigentliche Kunst.

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