Sakamoto-Modell abgelehnt:Rot-Grün kippt Werkbundsiedlung

Der Stadtrat spricht sich gegen den prestigeträchtigen Sakamoto-Entwurf für die Werkbundsiedlung Wiesenfeld aus. Das Modell sei zu teuer und zu wenig ökologisch. Jetzt wird ein neuer Wettbewerb ausgelobt.

Alfred Dürr und Bernd Kastner

Es hatte schon Vertagungsanträge im Planungsausschuss des Stadtrats gegeben - und das war kein gutes Zeichen für die sogenannte Werkbundsiedlung auf dem Gelände der ehemaligen Luitpoldkaserne in Schwabing. Nach den Fraktionssitzungen von SPD und Grünen/Rosa Liste am gestrigen Montag war dann das Aus für das anspruchsvolle Wohnbau-Projekt besiegelt. Die Rathausmehrheit lehnt das Vorhaben ab, weil es den sozialen und ökologischen Zielsetzungen nicht gerecht werde.

Damit ist klar, dass am kommenden Mittwoch die Vorlage von Stadtbaurätin Elisabeth Merk, die eine Befürworterin des Projekts ist, keine Mehrheit im Stadtrat finden wird. SPD und Grüne/Rosa Liste haben sich darauf geeinigt, den städtebaulichen Entwurf des japanischen Architekten Kazunari Sakamoto mit einer lockeren Anordnung von Häusern nicht weiter zu verfolgen. Jetzt soll ein neuer Wettbewerb ausgelobt werden.

Hauptgrund für die Ablehnung: Auch nach mehrfacher Überarbeitung könne der finanzielle Mehraufwand nicht gerechtfertigt werden. Dafür habe der Entwurf zu viele Defizite. Innovative Ansätze in den Bereichen Ökologie und soziale Integration fehlten, kritisierte der planungspolitische Sprecher der Grünen, Boris Schwartz.

Die SPD lehnt die Pläne vor allem ab, weil 123 Sozialwohnungen an anderer Stelle nicht gebaut werden könnten. Die Planungssprecherin der SPD-Fraktion Claudia Tausend monierte, dass der Entwurf zu wenig Energiespar-Potenzial biete. Außerdem fehle ein schlüssiges "soziales Konzept für das Zusammenleben unterschiedlicher Gruppen auf engstem Raum".

"Innovation bekommt man nicht zum Discounter-Preis"

Bei der CSU stößt diese Entscheidung auf Protest. Es sei eine Schande für München, was hier passiere, sagte der planungspolitische Sprecher der Fraktion, Walter Zöller, zur SZ: "Innovation im Wohnungsbau bekommt man nicht zum Discounter-Preis." Wer die allseits beklagte Langeweile bei Wohnquartieren abschaffen wolle, müsse "gewisse finanzielle Risiken" auch in Kauf nehmen.

Matthias Ottmann, als Chef der Südhausbau und Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Werkbundsiedlung ein Befürworter des Entwurfs von Sakamoto, zeigte sich enttäuscht. "Ohnmächtig" fühle er sich nach der Entscheidung. Alle Beteiligten - Stadt, Werkbund, Bauträger - hätten wohl zu viel gefordert von der Siedlung, die sei keine "eierlegende Wollmilchsau".

Zudem habe in den vergangenen Monaten die Planer "das Thema Ökologie eingeholt", das sei bei der Auslobung noch nicht so dominant gewesen, sagte Ottmann. Das Nein von Rot-Grün bedeutet auch, dass der Werkbund sich aus den Planungen fürs Wiesenfeld zurückziehe, erklärte dessen Vorsitzender, Hannes Rössler. "Es wurde eine einmalige Chance für München vertan."

Auf dem Areal sollen 24 freistehende Häuser mit Höhen von vier, acht und elf Geschossen entstehen. Kern der Kritik sind die 11,9 Millionen Euro Mehrkosten für die 200 bis 300 geförderten Wohnungen. Dazu kommen zusätzliche Kosten für die Tiefgarage, ein Studentenwohnheim und für einen verbesserten Energie-Standard.

Die zusätzlichen Millionen würden an anderer Stelle fehlen. Deshalb hat auch Sozialreferent Friedrich Graffe den Werkbund-Entwurf abgelehnt. Angesichts eines schrumpfenden Bestands an Sozialwohnungen sei die Umschichtung nicht zu akzeptieren. Stadtbaurätin Elisabeth Merk hingegen hatte immer davon gesprochen, dass München so einen "wertvollen Beitrag zur Zukunft des Städte- und Wohnungsbaus leisten" könne.

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