S-Bahn in München:Die rollenden Werbetafeln sind zurück

S-Bahn in München: Jahrelang war nur Werbung in eigener Sache erlaubt - jetzt dürfen auch Werbekunden die Züge großflächig bekleben.

Jahrelang war nur Werbung in eigener Sache erlaubt - jetzt dürfen auch Werbekunden die Züge großflächig bekleben.

(Foto: Stephan Rumpf)

Reklame auf S-Bahnen war mehr als zehn Jahre tabu. Nun rollen die ersten beklebten Züge wieder durch München. Ein Kursschwenk der Bahn - doch viel Geld bringt das nicht.

Von Marco Völklein

Seit einigen Tagen sind wieder S-Bahn-Waggons mit Werbung im Münchner Netz unterwegs. Der Kreditkartenanbieter Mastercard hat beim Kölner Werbedienstleister Ströer die Reklame auf zwei Zügen der Münchner S-Bahn gebucht. Mastercard ist das erste Unternehmen, das die neue Werbe-Möglichkeit auf den Münchner S-Bahnen nutzt. Erst im August hatte die Deutsche Bahn entschieden, die S-Bahnen wieder für Werbung freizugeben - und damit einen Kursschwenk vollzogen: Denn Ende 2001 hatte der damalige Konzernchef Hartmut Mehdorn entschieden, keine Außenwerbung auf den Zügen mehr zu erlauben. In einem Interview hatte Mehdorn erklärt, er wolle keine "rollenden Werbetafeln" in seiner Flotte.

Ein Bahnsprecher erklärt nun, mit der Entscheidung im August sei man "dem verstärkten Wunsch der Werbetreibenden nachgekommen". Wie viel der Konzern aus dem Vermarktervertrag mit Ströer erlöst, sagt der Sprecher nicht. Die Kölner betreiben unter anderem die "Infoscreen"-Leinwände in den U-Bahnhöfen. Ströer kassiert für eine Teilgestaltung eines Waggons 2100 Euro pro Monat, für eine Komplettbeklebung werden Summen ab 3300 Euro fällig. Die Mindestlaufzeit für eine Kampagne beträgt drei Monate. Wie lange die Kreditkarten-Reklame gebucht ist, ist unklar. "Zu Vertragsdaten können wir keine Auskunft geben", sagt eine Ströer-Sprecherin.

Jede zehnte S-Bahn könnte beklebt werden

Insgesamt können in München nun 23 Fahrzeuge aus der aktuell 237 S-Bahnen umfassenden Flotte für Werbeauftritte angemietet werden; theoretisch kann also jede zehnte Münchner S-Bahn beklebt werden. Außerdem bietet Ströer Züge in Hamburg, Berlin, Hannover, Nordrhein-Westfalen und im Rhein-Neckar-Raum für Reklamezwecke an. Unterm Strich stehen bundesweit 360 Waggons bei den S-Bahnen zur Verfügung, hinzu kommen 200 Wagen und Loks im Regionalverkehr. Bei der Gestaltung lassen die Kölner den Werbekunden viel freie Hand: "Die Züge können in Ganz- oder Teilgestaltung beklebt werden", heißt es bei Ströer. Mastercard entschied sich in München für die Teilbeklebung an den Seitenwänden.

Grundsätzlich aber gilt: Wenn ein Werbekunde das wünscht, kann die Reklame auch großflächiger angebracht werden; die Fachleute nennen das "Ganz-" oder "Komplettbeklebung". Lediglich die Türen, die Fenster und die Frontflächen sollen dann noch frei von Reklame bleiben. Ein Bahnsprecher versichert zudem, dass auch der spezielle Schutzlack erhalten bleibt. Den hatte der Konzern vor einiger Zeit auf die Waggons aufbringen lassen, um Graffiti-Schmierereien einfacher und rascher ablösen zu können. Die Reklamefolie, die die Werbetreibenden auf die Züge kleben können, ist laut Bahn ebenfalls mit einer Anti-Graffiti-Versiegelung versehen.

Auch bei der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) gehen immer mal wieder Anfragen von Werbetreibenden ein, großflächig Reklame an den Zügen anzubringen. Bislang allerdings blieb die MVG standhaft: An den U-Bahnen der neuesten Generation prangt überhaupt keine Werbung. Und an älteren U-Bahnzügen, den Bussen und Trambahnen zumindest nur so viel, dass die Fahrgäste freie Sicht nach draußen haben und die Frontflächen frei bleiben - anders als in vielen anderen Städten. "Unsere Fahrzeuge sind Aushängeschilder des öffentlichen Nahverkehrs", sagt ein MVG-Sprecher dazu. "Und keine rollenden Litfaßsäulen."

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