Nach S-Bahn-Chaos:Willkürliche Gutschein-Vergabe sorgt für Unmut

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Eine Entschuldigungskarte mit einem angehängten Gutschein für Kaffee und eine Breze im Wert von zwei Euro. (Foto: dpa)
  • Nach der Pannenserie in der vergangenen Woche will sich die Deutsche Bahn mit Gutscheinen bei ihren Kunden entschuldigen.
  • Mitarbeiter von Radio Gong verteilen die 10 000 Gutscheine für die Therme Erding, sowie die 10 000 Gutscheine für Kaffee und Brezen nach dem Zufallsprinzip.

Von Christina Rebhahn-Roither, München

Mittwochmorgen in der S-Bahn S 2: Ein junger Mann mit einer "Radio Gong"-Tasche betritt den Zug und steuert zielstrebig auf einen Mann zu. Die Jacke ausgezogen, den Laptop auf dem Schoß - ein Businessman wie aus dem Bilderbuch. Und schon sagt der frisch Zugestiegene: "Sie sehen aus wie ein Pendler. Ich nehme an, Sie hatten letzte Woche Ärger mit der Bahn?" Und er drückt dem Mann mit dem Laptop einen Gutschein für die Therme Erding in die Hand.

Als eine Frau, die nicht weit weg sitzt und die Szene beobachtet hat, ebenfalls Anspruch auf eine solche Entschädigung erhebt, wird sie abgewimmelt. Es würden nur "random", also zufällig, Personen ausgewählt, die einen Gutschein bekommen, sagt der Verteiler. Nach einer kurzen Diskussion über missglückte Wiedergutmachungen, lange Wartezeiten bei Minusgraden und einer daraus resultierenden Erkältung ihres Kindes steigt die Frau aus. Ohne Gratiseintritt in die Therme.

Vorfälle wie diese sollten eigentlich nicht passieren, denn die Bahn will sich großzügig zeigen und hat noch bis zum Freitag eine große Entschuldigungsaktion laufen - nach der Pannenserie bei der S-Bahn in der vergangenen Woche. Das Zufallsprinzip spielt dabei durchaus eine Rolle, jedoch nur bei der Auswahl der Züge und nicht bei der der beschenkten Menschen im Inneren. Wer also das Glück hat, in einem Wagen zu sitzen, in dem dieser Tage eines der Promoter-Teams unterwegs ist, sollte sich eigentlich auch über einen Thermen-Gutschein freuen können.

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Die Teams wechseln nach jedem Wagen die S-Bahn und sind auch während des Berufsverkehrs unterwegs; verteilt werden die Gutscheine nur direkt in den Zügen und nicht zum Beispiel am Bahnsteig. So erläutert der Münchner Radiosender Radio Gong das Prinzip. Er hatte zusammen mit der Bahn die Idee für die Aktion, auch die Verteiler-Teams werden von beiden Seiten gestellt. Der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) sowie die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) sind nicht Teil der Entschuldigungs-Kampagne.

Verteilt werden insgesamt 10 000 Gutscheine für jeweils eine Vier-Stunden-Karte in der Therme Erding. Regulär würde sie wochentags 24 Euro, am Wochenende 28 Euro kosten. Zusätzlich verschenkt die S-Bahn München 10 000 Gutscheine für "Butterbrezel & Kaffee" im Wert von je zwei Euro - versehen mit dem Spruch: "Leider haben wir bei vielen Fahrgästen für Stress gesorgt - jetzt sorgen wir mal für Entspannung." Die Aktion ziele jedoch nicht darauf ab, die gesetzlich geregelten Ansprüche der Fahrgäste zu ersetzen, sagt ein Sprecher der Bahn: "Gleichwohl die Ursachen für Verspätungen und Zugausfälle nicht alle von der S-Bahn verursacht worden sind, geht es uns darum, mit einer kleinen, spontanen Aktion hier Entschuldigung zu sagen." Zu deren organisatorischen Details schweigt sich die Bahn ansonsten aus.

Zur Therme Erding, die knapp 40 Kilometer nordöstlich von München liegt, kommt man öffentlich mit der S 2. Die Fahrt dorthin müssen die Besucher jedoch selbst bezahlen, denn für die An- und Abreise mit der Bahn gilt der Entschuldigungs-Gutschein nicht.

© SZ vom 08.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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