Ruhender Verkehr:Zähes Geschäft

Die Ausweitung der Parklizenzgebiete in den äußeren Stadtbezirken kommt nur schleppend voran. Während in Neuhausen alle dringend darauf warten, wehren sich an anderer Stelle die Anwohner selbst dagegen

Von Johannes Hirschlach

Es gibt die uralte Weisheit, wonach der zuerst mahlt, der als Erster kommt. Ein Satz, der sich auch bei der täglichen Parkplatzsuche als wahr herausstellt - es sei denn, es gilt das sogenannte Parkraum-Management: Dann bekommt nur der einen Stellplatz im öffentlichen Raum, der dafür ein Parkwapperl hat. Alle anderen müssen ein Ticket lösen oder dürfen in einigen Bereichen gar nicht parken.

Seit die Stadt München 1999 innerhalb des Mittleren Rings Parklizenzgebiete ausgewiesen hat, wünschen sich auch in den äußeren Stadtbezirken immer mehr Bürger die Einführung solcher Zonen. Denn selbst in den Randgebieten stellen vor allem Pendler häufig ihre Autos ab, um dann auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen. In den jeweiligen Bezirksausschüssen (BA) hagelt es seit Jahren Anwohnerbeschwerden.

2012 beschloss der Stadtrat, die Einrichtung von 22 weiteren Lizenzzonen zu prüfen, drei Jahre später stellten Planungs- und Kreisverwaltungsreferat die Ergebnisse ihrer Untersuchung vor. Tatsächlich passiert ist seitdem jedoch nichts. Mal liegt es an der Verwaltung, mal scheitert es am Unwillen der Bürger. Aus dem Planungsreferat heißt es zur Verzögerung: "Die Zeit wurde benötigt, da die Abstimmung und die Diskussion der Ergebnisse mit einzelnen Bezirksausschüssen zeitaufwendig war."

Ruhender Verkehr: SZ-Grafik; Quelle: Planungsreferat München

SZ-Grafik; Quelle: Planungsreferat München

Eine Ahnung, was damit gemeint sein könnte, vermittelt der BA Bogenhausen. Die Einrichtung von Parklizenzzonen in Teilen des Stadtbezirks ist seit Jahren "ein sehr emotionales Thema", wie sich die Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne) ausdrückt. Für die Gebiete "Holbeinstraße" und "Mühlbaurstraße" ist das Wapperl pro forma beschlossene Sache, allerdings noch nicht eingeführt, denn die benachbarte Parkstadt Bogenhausen erfüllt die Voraussetzungen für eine Parklizenzzone knapp nicht: Sollte die Regelung für die beiden anderen Bereiche in Kraft treten, befürchten viele, dass die Pendler in die Parkstadt ausweichen. Auf einem Informationsabend 2015 lehnte die Mehrheit der Anwesenden das Wapperl ab.

Die Gräben sind inzwischen so tief, dass auch kürzlich bei einem internen Gespräch der BA-Mitglieder mit der städtischen Projektgruppe kein Durchbruch erzielt werden konnte. "Wir sind übereingekommen, dass wir nicht übereinkommen", sagt der Vorsitzende des BA-Unterausschusses Verkehr, Martin Tscheu (SPD). Dessen Fraktion unterstützt zwar den Wapperl-Plan - aber nur, wenn das Planungsreferat zugleich die Untersuchungen für die Parkstadt aufrechterhält. Die CSU steht dem Vorhaben grundsätzlich skeptisch gegenüber. "Wir werden nichts fordern, was die Bürger nicht wollen", bekräftigt Fraktionssprecher Xaver Finkenzeller. Die Christsozialen wollen dem Platzproblem mit Parkgaragen Herr werden. Kurz: "Es ist in absehbarer Zeit nicht mit einer Lösung zu rechnen", sagt Tscheu.

Wapperl-Pflicht

In Zonen, die unter das Parkraum-Management fallen, dürfen nur Anwohner mit entsprechendem Wapperl die öffentlichen Parkplätze nutzen. Den Bewohnerausweis erhält ein Fahrzeughalter für eine Jahresgebühr von 30 Euro nur, wenn er keine private Parkmöglichkeit hat. Zudem muss der Antragsteller in München mit Haupt- oder Nebenwohnsitz gemeldet sein. Er darf nur einen Parkausweis besitzen, der für ein Fahrzeug gilt. "Fremdparker" müssen einen Parkschein ziehen. Der kostet einen Euro je Stunde, maximal jedoch sechs Euro am Tag. Einige Straßenzüge sind sogar ausschließlich für Anwohner reserviert. 62 Parklizenzgebiete gibt es derzeit; für die Altstadt und am Hauptbahnhof gelten Sonderregeln. Die Voraussetzungen für Parkraum-Management sind erfüllt, wenn statistisch mehr Autos im betroffenen Bereich vorhanden sind, als es private Stellplätze gibt und auch der öffentliche Raum nicht genügend Platz bietet. johi

In Neuhausen ist die Park-Situation vor allem rund um den Rotkreuzplatz angespannt; anders als in Bogenhausen wird dort das Wapperl lautstark gefordert. Die Stadt hat die Problemzonen eigentlich schon seit 2010 im Blick. Damals hieß es noch, bis zur Umsetzung könne es zwei bis zweieinhalb Jahre dauern. "Das ist wohl in der Priorität etwas nach unten gerutscht", konnte sich die BA-Vorsitzende für Neuhausen-Nymphenburg, Anna Hanusch (Grüne), schon im vergangenen November während einer Bürgerversammlung eine Spitze in Richtung Stadt nicht verkneifen. Der Stadtrat sollte sich nun eigentlich im ersten Quartal 2017 in einer Beschlussvorlage der 22 untersuchten Gebiete annehmen. Inzwischen spricht das Planungsreferat von "der ersten Hälfte 2017".

Auf die Entscheidung der Stadtoberen warten auch Anwohner in Schwabing. Das Planungsreferat will sich zu Details nicht äußern - indes soll laut Werner Lederer-Piloty (SPD), dem Vorsitzenden des Schwabinger Bezirksausschusses, im Untersuchungsgebiet "Alte Heide" das Wapperl kommen. Schlecht sehen die Untersuchungsergebnisse dagegen für die Gebiete am Carl-Orff-Bogen aus; voll ist es dort hauptsächlich während der Heimspiele des FC Bayern. Dafür suchen Verein, Stadt und BA intern derzeit eine Lösung ohne dauerhaftes Parkraum-Management.

Ebenfalls von Großveranstaltungen abhängig sind die Bürgerbeschwerden in Laim. "Das verläuft immer in Wellen, zur Wiesnzeit ist es extrem", sagt Ingo Westcombe-Benn (Grüne), Vorsitzender des Verkehrs-Unterausschusses im BA Laim. Doch auch hier spreche trotz Leidensdruck der Anwohner die Statistik gegen Lizenzzonen zwischen Laimer Platz und dem S-Bahnhof Laim.

Und dann gibt es da noch die Sonderfälle Ackermannbogen, Rosa-Luxemburg-Platz, Arnulf- und Bavariapark: "Das sind Neubaugebiete", erklärt Thorsten Vogel, Sprecher im Planungsreferat. Dank Stellplatzschlüssel wurden dort eigentlich genügend Parkplätze für die Anwohner geschaffen. Doch liegen die Siedlungen direkt neben Bereichen mit Wapperl-Pflicht - wer sparen will, biegt also in die Straßen ein, an denen Parken nichts kostet. Jetzt soll der Stadtrat entscheiden, ob diese Gebiete bestehenden Lizenzzonen zugeteilt werden. Die Entscheidung fällt auch hier im Zuge der erwarteten Beschlussvorlage.

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