Ruffinihaus am Rindermarkt:Angst um das Lebenswerk

Ruffinihaus

Schmöller wünscht sich, dass die jahrelange Hängepartie endlich ein Ende hat. Was mit den Händlern während der Sanierung geschieht, ist noch unklar.

(Foto: Lukas Barth)
  • Das Ruffini-Haus am Rindermarkt muss saniert werden. Nun suchen Ladenbesitzer und Stadt nach einer Interimslösung für die Bauzeit.
  • Kommunalreferent Axel Markwardt erwägt, Container auf dem Rindermarkt oder sogar hinter dem Rathaus auf dem Marienhof aufzustellen.
  • Die Bauarbeiten sollen Ende 2016 beginnen und drei Jahre dauern.

Von Philipp von Nathusius

Container auf dem Marienhof? Wellblech statt historischem Gemäuer? Wenn das Ruffinihaus am Rindermarkt saniert wird, müssen die Geschäfte im Haus ein Übergangsquartier finden - oder auf Dauer zusperren. Während der Start der Arbeiten näher rückt, suchen die Händler gemeinsam mit der Stadt nach einer passenden Interimslösung. Jetzt erwägt Kommunalreferent Axel Markwardt, Container auf dem Rindermarkt oder sogar hinter dem Rathaus auf dem Marienhof aufzustellen. Noch vor der Sommerpause wolle er dem Stadtrat einen entsprechenden Vorschlag machen, sagte Markwardt der Süddeutschen Zeitung.

Dass die drei Häuser, die vor gut 100 Jahren vom Architekten Gabriel von Seidl gebaut wurden, komplett saniert werden müssen, ist seit einem Gutachten aus dem Jahr 2011 klar. Die Sanitär- und Heizungsanlagen sind mehr als 60 Jahre alt, der Brandschutz ist weit entfernt von zeitgemäßen Standards, von der Gebäudedämmung ganz abgesehen. Eigentlich sollten die Arbeiten in diesem Jahr beginnen, nun aber spricht Markwardt von Ende 2016. Bis zu drei Jahren werde die Sanierung dauern, schätzt der Behördenchef.

Renovierung auf einen Schlag

Anders als geplant - und vom Stadtrat so auch abgesegnet - will Markwardt den denkmalgeschützten Ruffiniblock nun doch nicht in mehreren Abschnitten renovieren, sondern auf einen Schlag. "Für alle Betroffenen stellt ein einziger Bauabschnitt die beste Lösung dar", sagt Markwardt. Eine möglichst kurze Bauzeit sei im Sinne der Stadt, der Nachbarn und auch der Mieter.

Ruffinihaus

1947 zog ihr Großvater in das Ruffinihaus, heute kümmert sich Marina Schmöller gemeinsam mit ihrer Mutter um den Laden und verkauft Trockenfrüchte.

(Foto: Lukas Barth)

Im Ruffinihaus befinden sich auch Teile des städtischen Personalreferats sowie des Tourismusamts, deren Unterbringung ist aber bereits weitgehend geregelt. Unklar bleibt, wie es mit den 21 kleinen und meist inhabergeführten Geschäften weitergeht. Zwei Jahre oder länger zu schließen, kommt für keines von ihnen infrage. Die Stadt ist zwar nicht verpflichtet, Ausweichquartiere zu finden - sie will es aber: Mit günstig vermieteten Läden im Rathaus, am Marienplatz und eben im Ruffinihaus versucht sie, eine kleinteilige und manchmal auch aus der Zeit gefallene Einzelhandelsstruktur gegen die Filialisierung der Innenstadt zu verteidigen. Läden wie das Spanische Fruchthaus oder das Antiquariat Shakespeare & Co. können in bester Lage wohl nur überleben, weil sie Mieten weit unter dem Marktpreis zahlen.

Keine Container direkt vor den Geschäften

"Wollen wir diese kleinen Läden erhalten, müssen wir Provisorien akzeptieren", mahnt Markwardt - am besten in der Nähe des Ruffiniblocks. "Jeder Vorschlag, wie wir dieses Problem lösen können, ist willkommen." Eine Idee aber ist schon vom Tisch: Die Mieter hatten angeregt, während der Sanierung in Containern direkt vor ihren jetzigen Geschäften unterzukommen - quasi unterhalb des Baugerüsts. Das aber verbietet die Stadt privaten Hausbesitzern, Markwardt will für die städtische Immobilie keine Ausnahme machen.

Für denkbar hält Markwardt allerdings Interimsläden in Containern auf dem Rindermarkt. Unwägbar daran sei aber, welche Teile des Platzes für die Bauarbeiten genutzt werden müssten. Außerdem finden dort regelmäßig Veranstaltungen statt wie zum Beispiel der Christkindlmarkt. Deshalb erwägt Markwardt nun sogar, auch die Rasenfläche des Marienhofs für eine Übergangslösung zu nutzen.

Flächen auf dem freien Immobilienmarkt anzumieten, um sie an die Ruffinihaus-Läden unterzuvermieten, hält er hingegen für "wirtschaftlich nicht durchsetzbar". Abgesehen davon gebe es ohnehin so gut wie keine Gewerbe-Leerstände in der Altstadt. Lediglich eines der Geschäfte könnte einfach ins Rathaus wechseln, weil Foto Reiter dort auszieht. Markwardt will zudem Räume in den nördlichen Arkaden des Stadtmuseums umbauen, die bisher nur als Schaufensterfläche genutzt werden. Ausreichen wird das aber nicht.

Einige Inhaber werden aufhören

Den Ladeninhabern wird nun erst einmal gekündigt, um mit der Sanierung beginnen zu können. Denen mit einem unbefristeten Mietvertrag hat Markwardt nach eigenem Bekunden mündlich zugesagt, dass sie danach wieder einziehen können. Bei einem Treffen im Februar haben die meisten deutlich gemacht, genau das auch tun zu wollen. Einige Inhaber aber werden wohl aufhören, weil sie das Rentenalter bereits erreicht haben. "Für manche der Geschäfte wird die Sanierung sicher das Ende bedeuten", sagt Markwardt.

Schon jetzt hat die Stadt angekündigt, die Pacht nach dem Umbau zu erhöhen. Die Inhaber müssten sich auf etwa 15 Prozent mehr einstellen, hieß es. Das könne sie verkraften, sagt Marina Schmöller, die gemeinsam mit ihrer Mutter das Spanische Fruchthaus führt. Viel mehr aber dürfe es nicht sein. Schließlich müsse man nicht nur für einige Jahre mit weniger Umsatz rechnen, sondern auch die Umzugskosten tragen und beim Wiedereinzug den Laden komplett neu einrichten. Einmal herausgerissen, werden die alten Einbauregale mit den nostalgischen Schiebe-Preisschildern entsorgt werden müssen. "Unsere Originaleinrichtung ist fast schon museumsreif", sagt Schmöller.

Im Jahr 1947 zog ihr Großvater, damals noch mit einer Frischobsthandlung, in die Räumlichkeiten an der Sendlinger Straße ein. Er hatte das Geschäft von seinem Vater in zweiter Generation übernommen; Marina Schmöllers Urgroßvater hatte es vor mehr als hundert Jahren gegründet. Ihre Mutter Marion, 65 Jahre alt, spezialisierte den Laden in den vergangenen 40 Jahren auf Trockenfrüchte. Im Schaufenster locken getrocknete Bio-Goji-Beeren aus Tibet und kandierte Engelwurzstängel. Ihrer Mama gehe es schlecht, sagt die 29-jährige Marina Schmöller, die das Geschäft gerne in vierter Generation fortführen würde. Die Mutter fürchte um den Laden, er sei auch ihr Lebenswerk. Daher wünscht sich die Tochter - wie alle Ladenbetreiber im Ruffinihaus -, dass endlich konkrete Pläne auf den Tisch kommen, um die jahrelange Hängepartie zu beenden.

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