Rückblick auf Münchner CSU-Affäre:"Abgrund von Lüge und Täuschung"

Monika Hohlmeier sagt vor Untersuchungsausschuss aus, 2006

Ein Untersuchungsausschuss befasste sich mit Monika Hohlmeier.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)
  • Mit krimineller Energie fälschten CSU-Nachwuchspolitiker Anfang des Jahrtausends Mitgliedsanträge, um parteiinterne Wahlen zu manipulieren.
  • Über die Affäre stürzte damals auch Monika Hohlmeier, Tochter von Franz Josef Strauß. Sie musste als Ministerin zurücktreten.
  • Die Münchner CSU brauchte lange, um sich davon zu erholen.

Von Kassian Stroh

Ihren Höhepunkt erreichte die Affäre an einem Freitag im April 2005. Nachmittags um drei trat Monika Hohlmeier vor die Journalisten und verkündete, was in den Augen der meisten Parteifreunde unausweichlich geworden war: ihren Rücktritt als Kultusministerin. Es war jener Tag, an dem die Zeitungen titelten, dass sie die "Dirigentin" jener teils kriminellen Vorgänge in der Münchner CSU gewesen sei, die die Partei in eine tiefe Krise gestürzt hatten; es war jener Tag, an dem Hohlmeier lesen konnte, wie parteiinterne Widersacher ihr Verhalten als "Abgrund von Lüge und Täuschung" bezeichneten. An jenem Freitag platzten alle Träume, dass sie, die Tochter von Franz Josef Strauß, nicht nur Ministerin, sondern vielleicht sogar einmal Ministerpräsidentin werden könnte.

Worum es in der Affäre ging

Gestürzt war Hohlmeier über die Wahlfälschungsaffäre in Perlach. Im Jahr 2002 begann ein Trupp von Mitgliedern und Ex-Mitgliedern der Jungen Union, Neumitglieder zu werben. Teils versprachen sie ihnen Geld dafür, teils fälschten sie Mitgliedsanträge; um parteiinterne Kontrollmechanismen zu umgehen, wurden manche Formulare bei einem Notar geparkt und erst kurz vor einer parteiinternen Wahl präsentiert. Später wurden Anträge vernichtet, um Spuren zu verwischen.

Das Ziel all dieser Aktionen war, mit Hilfe eigener Mehrheiten in diversen CSU-Versammlungen zum einen Hans Podiuk als Kreisvorsitzenden zu stürzen, zum anderen dem Handwerkspräsidenten Heinrich Traublinger die neuerliche Kandidatur bei der Landtagswahl 2003 zu sichern.

Welche Konsequenzen die Fälschungen hatten

Drahtzieher der Aktionen soll der damalige CSU-Landtagsabgeordnete Joachim Haedke gewesen sein. Fünf andere Beteiligte wurden im Sommer 2004 vom Amtsgericht München verurteilt, wegen Urkundenunterdrückung und Urkundenfälschung. Bereits im Prozess hatte einer der Angeklagten ausgepackt:

Hohlmeier habe von all den Machenschaften nicht nur gewusst, sondern sie sogar gesteuert - und später die Aufklärung zu behindern versucht. Als er dies im April 2005 dann vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags wiederholte, wo er als Zeuge der Wahrheitspflicht unterlag, war es um Hohlmeier geschehen.

Wie Hohlmeier die Affäre noch befeuerte

Die hatte 2003 den CSU-Bezirksverband München übernommen. Große Hoffnungen wurden auf sie gesetzt, dass sie den Intrigantenstadl zur Ruhe bringe. Das Gegenteil war der Fall: Im Zuge besagter Affäre gab sie den Vorsitz nach nur einem Jahr wieder ab. Kurz zuvor soll sie ihren Kritikern in der Münchner CSU noch übel gedroht haben: Bei einer Sitzung soll sie mit den Worten "So, gegen jeden von euch gibt es was" einen Ordner auf den Tisch gelegt haben. Gemeint waren unter anderem der Landtagsabgeordnete Otmar Bernhard, der von ihr schließlich den Bezirksvorsitz übernahm, und der heutige CSU-Bezirkschef Ludwig Spaenle.

Die CSU-Mehrheit im Untersuchungsausschuss kam am Ende zu dem Ergebnis, man habe "keinerlei Anhaltspunkte" dafür entdeckt, dass Hohlmeier von den Perlacher Machenschaften gewusst habe. Nicht nur die Landtagsopposition, sondern auch die neuen Spitzen der Münchner CSU nahmen dies zumindest mit Erstaunen, wenn nicht Verärgerung zur Kenntnis. Von CSU-Chef Horst Seehofer wurde die Strauß-Tochter einige Zeit später rehabilitiert, indem er sie 2009 für das EU-Parlament kandidieren ließ, dem sie bis heute angehört.

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